Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio
Autoren: Peter Dempf
Vom Netzwerk:
selbst!“, antwortete er ihm.
    Kardinal Gonzaga trat an das
Gemälde heran und betrachtete die Figuren darauf genau.
    „Del Monte als Herodes; der
Johanniter, Fra Domenico, als Mörder, der dem gefangenen Johannes den Kopf
abtrennt; Michele als Opfer; aber die Mätresse des Papstes als Salome? Das ist
sicherlich falsch. Habt Ihr je Nerina gesehen, die Malerin, die sich Caravaggio
ins Haus geholt hat? Ich könnte meinen Titel verwetten, dass niemand anderer
als sie hier dargestellt ist. Endgültig klären kann das nur Enrico, aber der
Bote ist unterwegs zu ihm, um ihn hierher zu holen.“
    Als müsse er gegen die Schwerkraft
ankämpfen, richtete er sich auf und musterte Scipione Borghese.
    „Mir kommt ein Verdacht, Kardinal.
Wenn Ihr das Gesicht der Salome genauer betrachtet. Könnte es nicht sein ...
natürlich, es wäre des Rätsels Lösung. So muss es sein ...“
15.
    Von einem Augenblick zum anderen
öffnete Nerina die Augen und war ganz Aufmerksamkeit. Angst drückte ihr auf die
Brust, und das beklemmende Gefühl überfiel sie, nicht allein zu sein. Langsam
richtete sie sich auf und horchte angestrengt auf die Geräusche, die sich der
Nacht mitteilten. Das Atmen, das durch das einzige Fenster der Hütte zu ihr
hereindrang, gehörte nicht Enrico. Der Wind, der vom Meer her wehte, trug das
Ziehen der Luft, die durch die Nase eingeatmet wird, bis zu ihr. Zweifellos
stand jemand draußen und lauschte zu ihr ins Innere. Möglichst unbefangen
versuchte sie ihre Schlafgeräusche nicht zu unterbrechen, hustete, drehte sich
im Bett und atmete selbst regelmäßig und ruhig.
    Spät konnte es noch nicht sein, da
selbst in ihre sonst eher dunkle Behausung genügend Licht drang. Längst hätte
Enrico wieder zurück sein müssen. Nur eine Armbrust hatte er kaufen wollen, zur
Sicherheit, als Beruhigung. Außerdem wollten sie die Bilder zurückhaben, die
nach Micheles Tod auf der Feluke zurückgeblieben waren.
    Jetzt knirschte grober Sand unter
den Sohlen eines Schuhs, und sie vernahm Schritte. Vermutlich hatte die Person
gehört, was sie hatte hören wollen, und schlich jetzt vorsichtig um das Haus
herum. Rasch schwang sich Nerina aus dem Bett und glitt hinter die Türöffnung.
Ohnehin wusste sie sonst keinen Ort, an dem sie sich hätte verbergen können.
Ihr Herz schlug so, dass sie glaubte, es müsse unweigerlich jeder hören, der
den Raum betrat. Die Hand fest um ihren silbernen Talisman gelegt, wartete sie
darauf, dass die Tür aufgestoßen wurde.
    Dennoch wurde sie überrascht.
Heftig warf der Fremde den Ledervorhang des Eingangs beiseite, sprang vor,
zwei, drei Schritte, und stieß seinen Degen in das Bettkissen. Einmal, zweimal,
dreimal stach er zu, dann fluchte er, weil er offenbar gewahr geworden war, dass
niemand darin lag. Sie erkannte die Stimme sofort und wusste, wer ihr nach dem
Leben trachtete. Unfähig zu schreien, würgte sich nur ein Stöhnen aus ihrem
Mund, unabsichtlich und fatal.
    Der Angreifer wirbelte herum und
musterte die dunkle Ecke des Raums. Weil er vermutlich etwas länger brauchte,
um sich an die Dämmerung zu gewöhnen, und weil sie hockte und nicht stand, fand
er sie nicht sofort. Trotzdem musste sie die Initiative ergreifen, wollte sie
nicht einfach abgestochen werden wie ein schlachtreifes Schwein. Sie zwang sich
zur Ruhe, atmete einmal tief ein und versuchte, so natürlich wie möglich zu
sprechen.
    „So viel Mut hätte ich Euch nicht
zugetraut, Fra Domenico“, spottete Nerina.
    Sein Blick fixierte sie. Schneller
als sie gedacht hatte, wusste er, wo sie kauerte.
    „Pah“, konterte der Johanniter.
Sein Degen fuhr durch die Luft, und sie fühlte, wie dessen Spitze zwischen
ihren Fingern hindurch stach und mit einem hellen Klingen ihr Amulett traf.
    Sie erschrak, wich zurück,
stotterte, als sie ihm antwortete. „Das Amulett. Gebt es mir!“
    „Seid Ihr neuerdings unter die
Räuber gegangen, die sich am billigen Schmuck der Straßenmädchen vergreifen?“ Solange
sie miteinander redeten, solange sie sich ansahen, hoffte sie verzweifelt,
würde er sie am Leben lassen. Also musste sie das Gespräch in Gang halten. „Was
wollt Ihr mit meinem Amulett?“
    „Gebt mir das Amulett. Es gehört
mir.“
    „Jetzt habt Ihr Euch aber gänzlich
vergriffen, Fra Domenico. Das Amulett hat mir vor Jahren meine Ziehmutter geschenkt.
Es werde mich als Frau vor dem Bösen Blick bewahren, hat sie mir damals
eingeschärft, und ich dürfe es nie ablegen. Also sucht Euch ein anderes
Schmuckstück. Dies gehört
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher