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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio
Autoren: Peter Dempf
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einfach nicht verkneifen. Sein Oheim lief rot an, presste dann aber
seine Lippen zu einem schmalen Schlitz zusammen, was sich in seinem
aufgedunsenen Gesicht eigenartig ausnahm.
    „Wer von den Kardinälen?“
    „Del Monte. Kardinal Del Monte.“
    Langsam, als müsse er sich erst
über die Wiederholung der Silben die Bedeutung des Namens versichern, bildeten
seine Lippen die Silben „Del-Mon-te!“
    „Über Julia. Versteht Ihr?
Schließlich konnte ich sie nicht selbst holen. Sie kann nichts dafür. Sein
Werkzeug – Euer Werkzeug, Oheim. Ihr wolltet es so.“
    „Kardinal Del Monte!“, buchstabierte
sein Oheim ein letztes Mal den Namen. Leise, so leise, dass selbst Scipione
Borghese nicht alles verstand, murmelte er: „Mit meiner Unterstützung ...
Aufsicht über die Kunstaufkäufe ... ich werde ihn zerschlagen ...“
    „Eure Heiligkeit, Ihr müsst
Erbarmen zeigen. Er wollte sich an Caravaggio rächen. Vielleicht“, bot Scipione
Borghese sogar an, obwohl sie beide wussten, dass es eine Lüge war, „veranlasste
er die Auseinandersetzung mit Ranuccio Tomassoni da Terni und den Mord.“
    Dankbar griff sein Oheim nach dem
Ausweg, den er ihm eröffnete.
    „Ein Grund mehr, ihm meine Gunst zu
entziehen.“
    „Wolltet Ihr nicht die
Peterskirche, die Mutter aller christlichen Gotteshäuser, erneuern und
vergrößern, Oheim?“
    Weiter wollte Scipione Borghese
nicht gehen, sonst warf ihm sein Oheim zuletzt vor, ihn gedrängt zu haben.
    „Gleichzeitig könnte man sich der
künstlerischen Hand des Kardinals entledigen. Ich räume die Kirche St. Petri
aus und lasse alles in neuem Glanz erstrahlen.“ Diesmal spielte er nicht nur
den Forschen, Energischen, diesmal war es ihm ernst. „Zu lange habe ich seinem
Treiben zugesehen. Wer sich wider die göttliche Ordnung auflehnt, wird durch
diese zerschlagen werden. Den Kardinal lassen wir töten. Nein. Wir verbannen
ihn aus Rom.“ Bedenklich wiegte Scipione Borghese den Kopf. „Also gut, wir
strafen ihn mit Verachtung.“
    „Mit Missachtung, Oheim!“
    „Als hätte er sich in Luft
aufgelöst.“
    „Die Idee, Eure Heiligkeit, könnte
von mir stammen.“
    Scipione Borghese beobachtete, dass
sein Oheim weiter um das Gemälde herumstrich und die Lippen leckte. Sicherlich
unbewusst. Doch Scipione bemerkte eine durchaus vorhandene Erregung. Zwar fand
der Kardinal keineswegs, dass die Salome auf Caravaggios Gemälde Romina Tripepi
ähnelte, aber mit dieser Meinung konnte er zumindest spielen. Er vermutete, dass
es sich dabei um die Schwester Caravaggios handelte, eine gewisse Caterina.
Eindeutig ins Auge sprangen die beiden Männer: der Johanniter Fra Domenico und
Kardinal Del Monte. Wäre auch noch der Papst aufgetaucht, das Gemälde hätte
gebrannt.
    Mit den Fingern fühlte Paul V. über
die Farbfläche.
    „Dass er den Kardinal als
Halsabschneider darstellt, gefällt mir, Scipione. Und auch noch als Figur, die
uns den Rücken zukehrt und nur das Gesicht ins Licht hält, als scheue er die
Helligkeit. Er wird das letzte Mal Gelegenheit haben, sich so in Szene zu
setzen.“
    „Was habt Ihr vor, Oheim?“
    „Selbst Kardinäle verfolgt der
römische Magistrat, wenn man ihm die Handhabe dafür bietet.“ Scipione Borghese fühlte
ein eiskaltes Rieseln im Rücken. Schweiß rann ihm die Dornfortsätze seines
Rückgrates hinunter. „Sollte er seinen Leidenschaften weiterhin unverhohlen
öffentlich frönen, lassen wir ihn in Rom verschwinden. Die Verliese der
Engelsburg sind so tief, dass ihn selbst das Auge des Herrn nicht mehr
erreicht.“
    „Eure Heiligkeit. Auch wenn Ihr
nicht mit dem Bild selbst einverstanden seid, so möchte ich Euch fragen, ob der
Dispens nicht jetzt, in diesem Augenblick, eine versöhnliche Geste darstellen
würde. Für Euch nur eine Unterschrift, für Michelangelo Merisi die Möglichkeit,
sich in Rom wegen seines Fiebers behandeln zu lassen.“
    Beinahe unbeteiligt sah er zur
Decke und labte sich an den Fresken dort oben, die griechische Motive zeigten.
Aus dem Kopf des Zeus entsprang Pallas Athene, die sich sofort, mit Schild und
Rüstung angetan, des Vaters erwehren musste.
    „Ihr habt recht, diesmal gilt es.
Dafür verschwindet das Bild im Keller, jedenfalls solange, bis alle
Anspielungen auf meine gelegentlichen Vergnügungen vergessen sind. Mögen sich
nach meinem Tod die Discifratoren, die Entzifferer, daran machen und alle
Geheimnisse ergründen. Zu meinen Lebzeiten muss es unter Verschluss bleiben.“
    Was wollte er mehr? Scipione
Borghese
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