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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht
Autoren: Iris Johansen
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»Deine Mutter meinte, dass du dich zurzeit mit physischer Anthropologie beschäftigst.« »Nur ein Fernkurs. Ich habe noch keine Zeit, Kurse zu besuchen.« »Warum in aller Welt Anthropologie? Hast du nicht schon genug um die Ohren?« »Es könnte ganz hilfreich sein. Ich habe versucht, so viel wie möglich von den Anthropologen mitzukriegen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, aber es reicht noch nicht.« »Wie es aussieht, arbeitest du zu viel. Dein Terminkalender ist für die nächsten Monate ausgebucht.« »Ich kann nichts dafür.« Sie verdrehte die Augen. »Schuld ist dein Chef, der mich bei 60 Minutes unbedingt erwähnen musste. Warum konnte er seine Klappe nicht halten? Ich hatte schon genug zu tun, auch ohne diese Jobs außerhalb der Stadt.« »Na gut, denk einfach daran, wer deine Freunde sind.« Er ging zur Tür. »Und nicht, dass du mir auf irgend so eine elitäre Uni abhaust.« »Erzähl du mir nichts von elitär. Du warst schließlich in Harvard.« »Das ist schon lange her. Mittlerweile bin ich ein guter alter Junge aus dem Süden. Nimm dir ein Beispiel an mir und bleib, wo du hingehörst.« »Ich gehe nicht weg.« Sie stand auf und legte den Schädel auf das Regal über ihrem Arbeitstisch. »Außer kommenden Dienstag mit Diane zum Mittagessen. Wenn sie noch will. Fragst du sie bitte?« »Frag du sie. Ich mische mich nicht noch mal ein. Ich habe selbst genug Probleme. Es ist wirklich nicht einfach für sie, mit einem Bullen verheiratet zu sein.« Er verharrte an der Tür. »Geh schlafen, Eve. Sie sind tot. Sie sind alle tot. Es tut ihnen nicht weh, wenn du ein bisschen schläfst.« »Red kein dummes Zeug. Das weiß ich selbst. Du tust gerade so, als wäre ich neurotisch oder so. Es ist einfach nicht professionell, einen Auftrag abzulehnen.« »Ja, klar.« Er zögerte. »Hat John Logan dich schon mal kontaktiert?« »Wer?« »Logan. Logan Computers. Er ist Milliardär und ein harter Konkurrent von Bill Gates. Er ist neuerdings ständig in den Nachrichten wegen der Fundraising-Partys für die Republikaner, die er in Hollywood veranstaltet.« Sie zuckte die Achseln. »Ach weißt du, ich bin eigentlich nicht auf dem Laufenden.« Aber ihr fiel ein, dass sie ein Foto von Logan gesehen hatte, vielleicht in der Sonntagszeitung letzte Woche. Er war Ende dreißig oder Anfang vierzig, braungebrannt mit kurzen dunklen Haaren und leicht angegrauten Schläfen. Auf dem Foto hatte er irgendeinen blonden Filmstar angelächelt. Sharon Stone? Sie erinnerte sich nicht mehr. »Bisher hat er mich nicht wegen Geld angesprochen. Ich würde ihm auch keins geben. Ich bin politisch unabhängig.« Sie sah auf ihren Computer. »Das ist ein Logan. Er baut hervorragende Computer, aber näher bin ich diesem berühmten Mann noch nicht gekommen. Warum fragst du?« »Er zieht Erkundigungen über dich ein.« »Was?« »Nicht persönlich. Er überlässt das einem Star-Anwalt von der Westküste, Ken Novak. Auf meiner Dienststelle hat man mir davon berichtet. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Logan dahinter steckt.« »Das glaube ich nicht.« Sie lächelte vielsagend und witzelte: »Vielleicht will er mir einen Computer verkaufen.« »Du hast doch schon öfter private Untersuchungsaufträge angenommen.« Er grinste. »Ein Mann in seiner Position hat auf seinem Weg nach oben bestimmt eine Menge Leichen hinter sich gelassen. Vielleicht hat er vergessen, wo er eine von ihnen vergraben hat.« »Sehr witzig.« Müde rieb sie sich den Nacken. »Hat sein Anwalt die gewünschten Informationen bekommen?« »Wofür zum Teufel hältst du uns? Wir sind immer noch in der Lage, unsere Leute zu schützen. Lass es mich wissen, falls er deine Privatnummer rauskriegt und dich belästigt. Bis bald.« Die Tür schloss sich hinter ihm. Ja, Joe würde sie beschützen, genau so, wie er es immer getan hatte, und keiner konnte das besser als er. Seit sie sich vor Jahren kennen gelernt hatten, hatte er sich sehr verändert. Seine ganze Jungenhaftigkeit war mit der Zeit verschwunden. Kurz nach Frasers Hinrichtung hatte er beim FBI den Dienst quittiert und war zur Kripo nach Chicago gegangen. Dort bekleidete er den Rang eines Polizeioberkommissars. Er hatte ihr nie seine wahren Beweggründe für diesen Wechsel mitgeteilt. Zwar hatte sie ihn gefragt, aber seine Antwort – dass er den Stress beim FBI leid war – hatte sie als wenig zufriedenstellend empfunden. Joe konnte ein sehr zurückhaltender Mensch sein und sie hatte nie nachgebohrt. Sie wusste nur, dass er
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