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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck
Autoren: Andreas Kurz
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so ja nicht weitergehen kann, das wird sie sicher verstehen, trotz ihrer Jugend und so.
    Die Kleine blickte sich unsicher um. Hinter ihr wartete die Bürovorsteherin, die sah aus wie gefriergetrocknet, kannte sich natürlich aus und meinte: «Weiter, Kindchen, weiter, nicht so viel Zeit auf einen einzelnen Vorgang verwenden!»
    Die Kleine rutschte auf ihrem Stuhl hin und her, nahm ein Formular, legte es wieder weg, nahm ein anderes, verwarf auch dieses und sagte schließlich: «Nein, lieber noch kein Formular. Vielleicht versuchen Sie erst eine Verbesserung, das ist einfacher, ist auch weniger Papierkram, und man steht nicht gleich vor größeren Einschnitten?»
    «Mit Verlaub», sagte ich und bemühte mich, mein Sonntagsgesicht aufzusetzen, «von einer Verbesserung möchte ich absehen. Was ich brauche, ist eine Veränderung, denn so, wie es ist, kann es nicht bleiben – das müssen Sie verstehen.»
    «Natürlich», sagte sie, und ihre Augen leuchteten wie eine Tankstelle in der Nacht. Sie drehte sich erneut um, aber die Gefriergetrocknete ließ sie einfach hängen, verzog nicht mal den Mund. Wahrscheinlich war es ihr in ihrem Leben auch nicht besser ergangen.
    «Keine Verbesserung», murmelte die Kleine, «keine Verbesserung.»
    «Nein», sagte ich, «eine handfeste Veränderung.» Können die mir doch nicht erzählen, dass das hier alles sein soll. Klar gibt es da noch mehr, aber sie sagen es einem nicht.
    Die Kleine kramte in den Formularen, und es sah nicht so aus, als ob sie es noch hinbekäme. Da beugte sich die Alte über ihre Schulter und tippte mit dem Finger auf einen gelben Zettel.
    «Ach», sagte die Kleine, «da steht es ja: Veränderung.»
    Ich nickte befriedigt, gleich würde es so weit sein, nur noch ein Stempel, und ich könnte losziehen. Die Straße runter und den anderen zurufen, bei mir wird jetzt alles anders werden.
    «Nicht so schnell», sagte die Alte zu der Kleinen, «lassen Sie sich den Nachweis der inneren Bereitschaft zeigen!»
    «Ja, genau», sagte die Kleine, und der Strahl ihrer glühenden Augen traf mich unerwartet. «Sie müssen nachweisen, dass Sie die Veränderung aus ganzem Herzen und mit großer innerer Bereitschaft antreten wollen.»
    «Will ich!», rief ich und spürte, dass ich meine Gefühle nicht mehr zurückhalten konnte, dass sie mich überwältigten und fortspülten. Schweiß stand mir auf der Stirn und ich schrie mit hochrotem Kopf: «Alles geht mir tierisch auf den Senkel hier! Und ihr beschissenen Kleingeister kotzt mich alle so was von an! Ich will mich verändern, oh ja, das ist schließlich kein Leben –»
    «Sie müssen ihn wegschicken», unterbrach mich kühl die Alte. «Er ist labil.»
    «Bin ich nicht!», tobte ich und schlug dabei auf den Tisch. Stifte und Büroklammern hüpften in die Höhe und verrutschten.
    «Es tut mir leid», sagte die Kleine verdattert, «aber wenn jemand labil ist ...»
    Sie zuckte mit den Schultern, und ich brüllte ihr ins Keine-Ahnung-von-gar-nichts-Gesicht: «Dann eben nicht, du miese kleine Bürowurst, du! Dann bleibt halt alles, wie es ist.»
    Ich stürmte aus dem Zimmerchen, holte mir beim Pförtner für 'nen Zehner Frustscheine und verballerte sie gleich vor dem Haus. Ich fluchte und stampfte mit den Füßen in dem dafür vorgesehenen Tobsuchtsfeld.
    In meiner Straße hielt ich natürlich das Maul und erzählte keinem, dass ich es probiert hatte. Grüßte nur knapp und ohne jede Regung, wenn ich ein bekanntes Gesicht sah. Wollte mit keinem mehr reden. Alle wussten schließlich selbst, wie schwer es ist, in seinem Leben etwas zu ändern.

Die Katastrophe will ein Bier
     
    Die Nachricht kam um Mitternacht, ich döste längst auf meiner Couch, nippte nur ab und zu an meinem Weißbier. Die Sprecherin lächelte. Aber was sie sagte, war nicht komisch, das war eine dicke, fette Katastrophe, und die lud sie mitten in meinem Wohnzimmer ab, ließ sie herausfallen, mitten auf den schönen Teppich, auch noch um diese Zeit, wer rechnet schon damit. Ich knallte das Glas auf den Tisch und schrie: «He!» Aber die Sprecherin sagte: «Guten Abend», verpisste sich, und ich saß da mit dieser ekligen, fetten Katastrophe. Die fläzte sich auf meinem Perser-Imitat, das ich am Nachmittag gerade gesaugt hatte.
    «Krieg ich ein Bier?», fragte die Katastrophe.
    Es klang nicht unfreundlich, trotzdem blieb ich hart. «Nö! Wär’ ja noch schöner.»
    «Dann nicht, blöder Kerl.»
    Ich klopfte beim Nachbarn, Schultze Karl. Der machte in der Unterhose
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