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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck
Autoren: Andreas Kurz
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ja die Werbeblöcke nicht voll. Ich bekam eine Panikattacke. Da, das Bild wieder schwarz-weiß, filterlose Zigaretten! Sie richtete sich auf, starrte in den Kasten, und ich war wieder stillgelegt.
    Mit den dürren Worten, ich wolle noch etwas Trinkbares aus dem Keller holen, rannte ich raus. In meinem ältesten Jogginganzug schrie ich in der Tiefgarage die parkenden Autos an. Einem völlig unschuldigen Fiat trat ich einen Scheinwerfer ein und verletzte mich dabei am Fuß. Ich trommelte auf Motorhauben und brach Antennen ab. Dazu heulte ich wie ein Wolf und glaubte zu spüren, wie mir Krallen und Reißzähne wuchsen. Völlig verschwitzt und mit blutendem Fuß kam ich in die Wohnung zurück. Laura stierte in die Kiste, als hörte sie die Offenbarung. Ich ließ mich neben sie auf die Couch fallen. Außer einem Piercing im Bauchnabel trug sie nur noch Nagellack. Kein Quadratzentimeter ihres Körpers schien Zufall zu sein. Keine Stelle war nicht von pflegender Hand aufbereitet worden. Kein Härchen wuchs noch einfach vor sich hin. Ich starrte sie von der Seite an. Ich hörte Stimmen, Menschen schrien, Polizeiautos heulten, Belmondo schien Probleme zu kriegen. Wann krepierte der Kerl endlich? Da! Wieder das verdammte Bier! «Gleich geht’s weiter, bleiben Sie dran!»
    Laura sah mich an. «Wie siehst du denn aus?»
    Ich hatte noch immer den Jogginganzug an, die Haare pappten mir strähnig im verschwitzten Gesicht, mein Fuß blutete, meine Hände schmerzten, und ich glaube, ich hatte auch diesen Blick drauf, der Frauen im Allgemeinen in die nächste Polizeiwache stürzen lässt, um dort mitzuteilen, sie hätten gerade den ‹Würger› gesehen.
    «Du blutest ja, schau nur, du machst den Teppich ganz schmutzig. Ich hole dir ein Taschentuch.»
    Laura stand auf, holte aus dem Badezimmer ein paar Kleenex und tupfte das Blut von meinen Zehen. Obwohl sie nicht den Hauch von irgendwelchen Textilien trug, bewegte sie sich wie selbstverständlich. Ich merkte, wie mir Grunzlaute entwichen, die ich nicht mehr unter Kontrolle hatte. Schaum stand mir bald auf den Lippen. Ich begann zu zittern.
    Sie fühlte mir die Stirn. «Du hast Fieber», meinte sie besorgt, «du gehörst ins Bett.»
    «Ja», röchelte ich, «genau da wollte ich eigentlich hin.»
    Sie führte mich hinüber in mein Schlafzimmer, aber es gelang mir nicht, sie zu packen und mit ins Bett zu ziehen, zu schwach war ich schon, zu wirr meine Sinne, zu trocken mein Hals. Ich konnte gerade noch erkennen, wie dieser nackte Engel mein Zimmer verließ, und war mir sicher, dass ich jetzt sterben musste.
    Leider wachte ich am nächsten Morgen wieder auf. Ich fand ihren Zettel auf dem Küchentisch: ‹Mach’s gut! Laura.›
    Ich schlich am Montag wieder brav in die Firma, traf sie am Mittag in der Kantine, fragte sie nach einem nächsten Treffen und holte mir die erwartete Abfuhr. Gott sei Dank, ich war wieder zurück in meiner Welt.
    Momentan läuft gerade eine Anzeige gegen mich, weil ich ein Kinoplakat angezündet haben soll: ‹Die Nacht des französischen Films.› Mal sehen, ob sie es beweisen können.

Papierschiffchen
     
    Als Maier aufstand, sein Schreibtischstuhl nach hinten kippte und zu Boden polterte, erschraken wir und dachten schon, er würde sich die Brust halten und sein Herz würde zum letzten Schlag ansetzen. Doch Maier lächelte nur. Er nahm die Tastatur seines Computers und warf sie neben sich in den Papierkorb. Wir wussten sofort, er würde uns jetzt verlassen. Königsdorfer, der immer quatschen musste, rief: «Maier, denk an die Rente!» Aber Maier dachte nicht an die Rente, seine Augen waren so klar und offen, wie wir sie noch nie gesehen hatten, und Popp sagte: «Schaut, seine Füße! Sie berühren kaum den Boden.»
    Maier wandte sich zur Tür und begann zu laufen. Da sprangen auch wir auf, warfen die Tastaturfelder unserer Computer in die Papierkörbe und folgten ihm. Doch unsere Füße waren schwer, wir berührten sehr wohl den Nadelfilz des Büros und jeder Schritt machte uns Mühe. Maier strebte zum Treppenhaus, er lief aber nicht nach unten, zum Ausgang, sondern nach oben.
    «Er will zum Direktor», meinte Königsdorfer und atmete jetzt schon schwer, weil er so dick war und unbeweglich.
    «Dann kündigt er», sagte Popp, und Jutta, die Praktikantin mit dem süßen Bauchnabel, kicherte, weil sie noch nicht viel wusste vom Leben im Büro.
    Wir wollten uns nicht entgehen lassen, wie Maier, wohl wild entschlossen, die sichere Stellung hinwarf und ging. Wie
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