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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck
Autoren: Andreas Kurz
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auf und verzog den Mund, als er mich sah. Er hielt mich für ne Lusche, weil ich nen Spardiesel fuhr.
    «Was is’ los?»
    Ich erklärte, eine Katastrophe ist aus dem Fernseher gefallen, die Sendung ist aber aus, dann fragte ich, ob er 'ne Ahnung hat, was man da machen kann.
    Er kratzte sich am schlaffen Po und meinte, bei ihm wär auch gerade was rausgefallen aus der Glotzkiste, aber keine Katastrophe, sondern lauter kleine Lügen. Die purzelten nun durch seine Bude und ob ich nicht 'nen Staubsauger hätte. Beim Saugen hätte er Ideen, also, er würde da mal nachdenken wegen meiner Katastrophe.
    Ich brachte ihm das Ding sofort rüber, und er saugte die Lügen auf, der Glückliche. Das konnte ich natürlich nicht machen, meine Katastrophe war so fett, die ließ sich nicht mal im Klo runterspülen. Er murmelte Danke, er haut sich jetzt aufs Ohr, Idee wäre ihm keine gekommen, vielleicht träumt er ja von ner Lösung, mal sehen, tschüssikovsky. Ich wünschte ihm enttäuscht eine gute Nacht und hörte die Lügen in meinem Staubsauger kichern. Klasse, jetzt hatte ich die auch noch am Hals!
    Um drei war ich immer noch auf, konnte nicht schlafen. Das fette Teil auf meinem Teppich glotzte mich an wie ein sabbernder Hund, also gab ich der Katastrophe doch ein Bier. Natürlich kleckerte sie rum. Mein Gott, ich würde viel härter sein müssen, um es in dieser Welt zu etwas zu bringen!
    Draußen war es tintendunkel, die Ampeln schalteten hin und her, und im Schrank kicherten die Lügen und erzählten sich Sachen über mich, die ganz bestimmt nicht stimmten.
    Um fünf war ich am Ende. Ich packte die Katastrophe, zerrte sie auf den Balkon und warf sie einfach hinunter. Jetzt pennten ja alle, das war meine Chance. Sie klatschte unten auf wie Pudding, ich war sie los, Problem gelöst.
    Am Morgen fragte mich Schultze Karl prompt, ob das meine Katastrophe wär, die vor dem Haus für Auflauf sorgt. Doch ich grinste nur, wie er es immer tut, wenn wir uns auf der Treppe begegnen. «Welche Katastrophe?»
    Er fluchte herum, machte auf wichtig und wollte in mein Wohnzimmer schauen.
    Ich sagte: «Von wegen, deine dämlichen Lügen kichern noch immer in meinem Staubsaugerbeutel, und du spielst dich hier auf!»
    Am Abend kamen wieder Nachrichten, die Sprecherin lächelte und der Bildschirm wölbte sich. Er wollte mir was ziemlich Großes auf den Teppich rülpsen. Wer weiß, was das war. Ich sagte: «Ne, wirklich nicht», zappte weg, und gut war.

Sommer
     
    Sommer rast durchs Land. Wer 'ne ordentliche Blüte hat, kriegt 'ne Biene ab.
    Alles geht sehr schnell. Arthur ruft an und sagt, dass sie sehr süß ist.
    Ich frage: «Wer?»
    Und er sagt: «Frag nicht.» Dann legt er auf. Hat natürlich keine Zeit für lange Erklärungen, der Sommer rast und bleibt nicht stehen.
    Ich ziehe mir ein frisches Hemd an und will das neue Aftershave probieren. Die Packung steckt in einer hauchdünnen, durchsichtigen Folie. Meine Fingernägel sind zu stumpf. Ich kratze an der Packung, doch ich schaffe es nicht. Aber ohne Aftershave fehlt doch was.
    Das Telefon läutet. Arthur. Er haucht in die Muschel, der Sommer ist so wunderbar. Ich frage ihn, ob er schon mal widerspenstige Plastikhüllen aufgerissen hat. Aber er verrät es mir nicht. Ich höre die Grillen aus dem Telefon zirpen. Ich sollte mich beeilen. Eine Frau lacht. Sie scheint Arthur zu küssen. Er legt wieder auf und ich werfe im Bad das Aftershave an die Wand. Vielleicht kriege ich so noch ein bisschen wohlduftende Essenz heraus. Die Fliesen zeigen Risse.
    Ich gebe auf, knöpfe das Hemd zu, stürme zur Haustür. Ich muss sie erst entriegeln. Das dauert. Oben ein Riegel, unten ein Schloss. Endlich taumle ich auf die Straße und sehe gerade noch den letzten Rest des Sommers am Horizont entfliehen.

Schicksal
     
    Ich saß in meiner Küche, trank meinen Kaffee. Das Fenster war geöffnet, der Wind trieb die Gardinen auseinander und ein spätes Licht schickte seine Streifen herein. Staub schwebte darin, glitzerte. Ich dachte an wenig, eigentlich an nichts. Da merkte ich, wie das Schicksal hereinsah und sich an den Rahmen lehnte. Es schien alle Zeit der Welt zu haben. Sein Ausdruck war unbestimmt. Ich hätte mir gewünscht, es würde lächeln, aber es lächelte nicht, sah mich nur an.
    Das Schicksal hat ja kein richtiges Gesicht, es ist irgendwie nicht zu fassen, und doch kann es dich ansehen. Vielleicht wie ein Freund, ein guter, der nicht lügen muss, um dein Freund zu sein. Oder ein Feind, ein
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