Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)
Autoren: Madeleine Puljic
Vom Netzwerk:
zu beenden.“
    „Und wie stellst du dir das vor?“ Die Welt wäre um vieles einfacher, wenn sich Dinge so leicht lösen ließen. „Er ist nur ein Junge, was sollte er deiner Meinung nach tun? Wir waren es, die diesen Krieg begonnen haben. Nur wir können ihn wieder beenden.“ Er verschwieg, was er eigentlich dachte: dass er derjenige war, der zugelassen hatte, dass dieser Krieg ausgebrochen war. Er war es, der ihn beenden musste.
    „Verwickle den Jungen nicht noch mehr in diese ganze Sache.“
    „Du hast leicht reden. Es ist schließlich nicht dein Kind, das dort an der Oberfläche den Aufständen ausgesetzt ist!“, fauchte Ranya.
    Ehe er sich von diesem Schlag erholen konnte, dessen Ausmaß sie nicht erahnen konnte, hatte sie sich bereits an ihm vorbeigedrängt und war durch den Tunnel verschwunden.
    Er wünschte wirklich, sie würde nicht gehen. Nicht nur wegen des Jungen. Ranya war eine der Ersten gewesen, die sie in den Tunneln aufgelesen hatten. Zu lange hatte sie sich vor der Welt dort oben verschlossen, und mittlerweile war es dort gefährlicher denn je. Niemand war sicher.
     
    Liebevoll betrachtete Maretha die jungen Triebe, die sich in den Gärten überall zeigten. Endlich erholten sich die Pflanzen von der Staubwolke, die sie unter sich begraben hatte. Von der Oberfläche drang immer noch das Donnern und Gerumpel der Baufahrzeuge herab, die den Schutt beseitigten und dabei immer wieder neue Staub- und Splitterlawinen durch den Lüftungsschacht rieseln ließen, doch an diese nebensächlichen Plagen hatten sich Mensch und Pflanzen bereits gewöhnt.
    Trotz des Lärms, der zeitweise unangenehm auf die Ohren drückte, waren die Gärten seit dem Anschlag Marethas Rückzugsort geworden. Auch früher hatte sie gerne die Ruhe genossen, die in einer Stadt immer selten zu finden war. Jetzt aber war die immer größer werdende Zahl an Menschen, die sich in der Unterstadt eingefunden hatte, nicht mehr zu ertragen.
    Sie zweifelte nicht im Geringsten daran, dass Xenos mittlerweile nur zu gut wusste, wo sie sich versteckt hielt. Umso höher rechnete sie ihm an, dass er sie unbehelligt ließ. Es war ihr selbst ein Rätsel, wie sie derart die Kontrolle über sich hatte verlieren können.
    Sich an so einer Aktion zu beteiligen, sah ihr eigentlich nicht ähnlich. Sie hatte sich immer als jemand gesehen, der nur das Beste für alle gewollt hatte. Wann war ihr der Hass wichtiger geworden als die Menschen, mit denen sie zusammenlebte?
    Aber dafür konnte sie unmöglich Ariat die Schuld geben. Auch ein Anstoß hatte nur dann Wirkung, wenn etwas ins Rollen gebracht werden wollte. Maretha war selbst für ihr Handeln verantwortlich, das geholfen hatte, so viele Menschen zu töten, und dadurch ihre eigene Gemeinschaft in Gefahr gebracht hatte.
    Also hatte sie sich ins Grüne zurückgezogen. Hier konnte sie immerhin etwas Lebendiges zu schaffen.
    Sie wusste, dass die Plünderungen weitergingen. Nacht für Nacht fand Haron mehr Freiwillige für diese Streifzüge. Die Puristen wurden betrunken von der Gewalt und der Zerstörung, und auch dieser Gedanke bereitete ihr Unbehagen.
    Zu lange hatte sie unter diesen Leuten gelebt, um sie für ihr Tun zu verurteilen. Zu viel hatte sie selbst getan. Aber gutheißen musste sie es deshalb noch lange nicht.
    Noch war sie nicht zu alt, um ihrem Leben einen anderen Sinn zu geben.
    Einmal mehr drang ein leises Donnern von oben herab. Auch diesem schenkte Maretha keine Beachtung. Erst als es plötzlich dunkel wurde, sah sie auf, um zu sehen, ob Wolken aufgezogen waren. Regen wäre gut für die Pflanzen. Er würde den verbliebenen Staub abwaschen und neues Wasser für die Stadt bringen.
    Was das Licht verdunkelte, sah allerdings nicht aus wie eine Wolke.
    Erneut war ein dumpfes Grollen zu hören, näher diesmal. Ihm folgten die ersten Betonbrocken, die durch den Luftschacht herabfielen.
    Maretha blieb gerade noch genug Zeit, um zu schreien. Dann stürzte der Himmel auf sie herab und begrub Gärten, Wasserbecken und Menschen gleichermaßen unter sich.
     
    Die versammelten Bauarbeiter jubelten, als der mehr als neunhundert Meter hohe Luftschacht langsam und planmäßig kollabierte. Nach all der Zeit, in der sie nur Schutt und Dreck vom Platz geschafft hatten, war die Sprengung des unnütz gewordenen Schachts ein beeindruckendes Schauspiel, das sie mit Begeisterung verfolgten.
    Die Fachkundigen unter ihnen wunderten sich ein wenig, als die Staubwolken sich legten und der entstandene Schuttberg
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher