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Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)
Autoren: Madeleine Puljic
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heiserer Stimme. Dass einer der Schnitte, die er sich zugefügt hatte, seinen Kehlkopf verletzt hatte, war ihm entgangen.
    Xenos, das Fremde. Welcher Name wäre passender gewesen? Er hatte sich fremd gefühlt in seinem eigenen Geist und Körper. Die verhasste Person Rexander hatte er aus sich herausgeschnitten und abgestoßen. Wer er nun geworden war, hatte er noch nicht herausgefunden.
    Die anderen hatten ihn als einen der ihren akzeptiert, obwohl seine Wunden eindeutig selbst verursacht worden waren. Aber er war ein Außenseiter, genau wie sie. In der Gesellschaft an der Oberfläche gab es keinen Platz, weder für sie noch für ihn.
    Unter diesen Leuten war es, dass er gelernt hatte, seine Kenntnisse für gute Zwecke einzusetzen. Mit Hilfe einiger Proben, die er zu Forschungszwecken aus dem Center mitgenommen gehabt hatte, war es ihm gelungen, Licht aus Pflanzen zu erzeugen. Sie hatten die Tunnel stabilisiert und erweitert und mit einem Zugang zum Lüftungsschacht des Centers versehen.
    Kaum einer an der Oberfläche wusste noch von diesem unterirdischen Labor, das einmal für die nicht ganz so legalen Forschungen einiger Abteilungen gedacht gewesen war. Ursprünglich hatte es sogar einen direkten Zugang zum Center gegeben, doch dieser war nach Stilllegung des Forschungszweiges von oben zubetoniert worden. Xenos jedoch erinnerte sich daran – er war derjenige gewesen, der mit seiner neuen Generation dem Center die nötige Spezialisierung gegeben hatte, um auf die risikoreichen Versuche unter der Erde verzichten zu können.
    Mehr und mehr verlorene Menschen hatten bis dahin zu ihnen gefunden, und Xenos hatte sich zum Ziel gesetzt, sie mit dem Notwendigsten versorgen zu können. Also hatte er begonnen, mit dem Kloster Tauschhandel zu betreiben. Anfangs hatten sie wenig einzutauschen gehabt, daher hatte Xenos sein Wissen gegen Versorgungsrationen angeboten.
    Er hatte nie wieder die Verantwortung für das Schicksal eines anderen Menschen übernehmen wollen. Doch irgendwann musste er sich eingestehen, dass die Leute, die er um sich geschart hatte, angefangen hatten, ihn als ihren Anführer zu betrachten. Sie waren mit ihren Sorgen und Freuden zu ihm gekommen. Er war für sie das geworden, was er für Tare hätte sein sollen: ein Vater, dem sie vertrauen konnten und der für sie da war.
    Als die Ersten damit begonnen hatten, sich selbst neue Narben zuzufügen, hatte er sie schockiert nach dem Grund gefragt. Voller Selbstvertrauen hatten sie ihm geantwortet, dass sie Menschen waren, die Schmerzen erlitten hatten. Das wollten sie der Welt auch zeigen: Sie waren Menschen, keine Klone.
    Er hatte ihre Sicht der Dinge akzeptiert und später auch für sich selbst entdeckt. Wann das erste Mal der Begriff der Reinen gefallen war, konnte er nicht mehr rekonstruieren, doch für ihn hatte ihre Existenz mit jenem Tag begonnen.
    Sie waren die Kinder, die er sich geschworen hatte, nicht im Stich zu lassen. Tares Erbe, das er jetzt durch die Hand eines unbesonnenen Emporkömmlings bedroht sah. Wie sehr seine Befürchtungen in dieser Hinsicht berechtigt waren, ahnte Xenos jedoch noch nicht.
     
    „Du solltest den Jungen in Ruhe lassen.“
    Die Frau zuckte zusammen, wirkte jedoch nicht überrascht, als sie sich zu ihm umwandte. Natürlich wusste Xenos, wohin ihr Weg sie immer wieder führte. Schließlich war er derjenige gewesen, der ihr gezeigt hatte, wo sie ihren Sohn finden konnte.
    Er wusste auch, dass sie sich in den folgenden Jahren unter die dort um Spenden bittenden Frauen gemischt hatte, obwohl das ihrem Wesen zutiefst widersprach. Xenos hatte ihr nahegelegt, nicht weiter den Kontakt erzwingen zu wollen, schon gar nicht auf so aggressive Art und Weise. Aber wer hatte schon jemals eine Mutter von ihrem Kind fernhalten können?
    „Ich will doch nur mit ihm sprechen. Wissen, dass es ihm gut geht. Und ihm zeigen, dass er eine Mutter hat, die sich um ihn sorgt!“
    Xenos schüttelte den Kopf. „Du hast ihn weggeschickt, Ranya. Er lebt jetzt sein eigenes Leben, und das solltest du ihm zugestehen.“
    „Aber das heißt nicht, dass ich nicht daran teilhaben kann“, erklärte sie mit einem gewissen Trotz in der Stimme.
    „Doch, genau das heißt es! Du hast ihn in eine völlig andere Welt geschickt. Du kannst jetzt nicht von ihm verlangen, dass er zwischen diesen zwei Welten lebt und beiden gleichzeitig angehört. Schon gar nicht, wenn sich diese Welten miteinander im Krieg befinden!“
    „Vielleicht könnte er helfen, diesen Krieg
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