Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das unanständige Foto

Das unanständige Foto

Titel: Das unanständige Foto
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Jankowski fuhr ein Blitz der Erkenntnis. Er zögerte, sagte sich, daß so etwas nicht möglich sei, aber daß er hier gefesselt lag, bewies ihm, daß nichts zu irrsinnig war, als daß es von Menschen nicht dennoch in Szene gesetzt werden konnte.
    »Nein …«, sagte er stockend. »Genossen … wenn ihr das meint … O Gott, ist das möglich? Ihr lieben Brüder, wenn ich gleich das Bett nässe, dann deshalb, weil mir vor Lachen die Blase platzt. Nein, das kann doch nicht sein!«
    Jankowski lachte plötzlich, sein gefesselter Körper bebte, sein vom Sack verhüllter Kopf schlug in das Kissen. Kasutin und Dr. Lallikow starrten sich an, Väterchen Akif stand am Fenster und blickte stumm in die Nacht, Babajew hockte auf einem Stuhl und knackte mit den Fingergelenken.
    »Benehmen Sie sich vernünftig!« fistelte Dr. Lallikow nach einer Weile erregt und stieß Jankowski die Faust gegen die Rippen. »Was ist mit der Nackten ohne Kopf?«
    »Der Kopf war nicht wichtig. Mir kam es auf die Körperformen an.«
    »Natürlich. Keiner sollte die Witwe Sitkina erkennen.«
    »Es handelt sich nicht um Alla Philippowna«, lachte Jankowski.
    »Dann doch um Stella Gawrilowna?« stöhnte Väterchen Akif.
    »Nein, um die Puppe Leila.«
    »Eine Puppe?« In der Stimme Dr. Lallikows klangen Widerwillen und Ekel. »Er rutscht in die Sprache der Bordelle ab … Puppe!«
    »Zum Weinen!« stöhnte der Pope. »Ich kann nur sagen: zum Weinen!«
    »Leila ist Teil eines ganz neuen, separaten Buches«, erklärte Jankowski und schüttelte sich immer noch vor Lachen. »Da habe ich gerade erst mit dem Sammeln begonnen. ›Die Kunst der Puppe‹, will ich das Buch nennen. Ich werde Fotos von Puppen bringen … Puppen aus Porzellan, aus Plastik, aus Gips, aus Polyester, aus Ton, aus Zelluloid, eben aus allem, was heute zur Herstellung von Puppen herangezogen wird. Es gibt dabei so enorm künstlerische Gestaltungen, so detailgetreue, verblüffend menschliche …«
    Dr. Lallikow starrte den armen Babajew mit einem Blick an, der dessen Knochen erweichte.
    »Und wer ist Leila?« lispelte er.
    »Sie wurde nach Swerdlowsk geliefert. In das Kaufhaus. Für die Modeabteilung. Eine Schaufensterpuppe aus Polyester. Unheimlich naturgetreu. Ich habe versucht, in fotografischen Details dieser Vollendung nahezukommen.«
    »Sie sind ein großer Künstler, Jankowski«, fistelte Dr. Lallikow und erhob sich vom Bettrand. »Ihre Fotobücher müssen den Erfolg haben, den sie verdienen. Verzeihen Sie unseren nächtlichen Besuch, und betrachten Sie ihn als Irrtum, den wir bedauern. Victor Semjonowitsch, Sie werden Ihren Weg machen.«
    Er wandte sich zur Türe die anderen folgten ihm stumm und ließen Jankowski in einer ziemlich ratlosen Verfassung zurück. Er hatte es aber nicht schwer, sich von den Fesseln und dem Sack zu befreien, doch als er ins Freie stürzte, war nichts mehr zu sehen. Das Rätsel dieser Nacht würde bleiben.
    Im Zimmer des Popen fand eine halbe Stunde später eine kurze Besprechung statt. Kasutin stand da wie ein Scharfrichter und bemühte sich nicht, das nervöse Zucken in seinem Gesicht zu unterdrücken.
    »Eine Puppe!« schrie er. »Welche Blamage! Wir sind auf eine Puppe hereingefallen! Mir stockt der Atem! Genosse Dr. Lallikow, wie ist es möglich, daß Sie als Arzt nicht sahen, daß es sich um eine Puppe handelte?«
    »Fragen Sie mich nicht!« brüllte Lallikow zurück. »Soll das eine Inquisitionsverhandlung sein?«
    »Schenken Sie sich Ihre Fremdworte!« bellte Kasutin. »Wir alle stehen da wie die größten Vollidioten! Eine Puppe! Natürlich ohne Haare! Und ein Arzt erkennt das nicht!«
    »Ich verbitte mir das!« kreischte Lallikow. »Hätte Babajew nicht einen solchen Wirbel um diese Fotos gemacht, hätte er uns nicht alle geblendet mit seinen Verdächtigungen … man ist ja ganz unzurechnungsfähig geworden!«



»Ja! Babajew!« Akifs Bart sträubte sich. »Welch eine Verworfenheit in diesen Gedanken! Welch eine Sturmflut von Beleidigungen! Die ehrsamsten Mädchen und Frauen hat er besudelt! Nikita Romanowitsch, was Sie da getan haben, öffnet Ihnen den Schlund der Hölle.«
    »Was habe ich denn getan?« wehrte sich der arme Babajew. Er hüpfte im Zimmer herum wie ein Känguruh und war einem Herzanfall nahe. »Ja, was habe ich denn getan? Ich habe die Vergrößerungen lediglich dem Genossen Parteisekretär gezeigt, und Pjotr Dementijewitsch hat erklärt: ›Das ist ja eine Sauerei!‹ Von ihm kam der Anstoß! Er hatte den ersten geilen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher