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Das unanständige Foto

Das unanständige Foto

Titel: Das unanständige Foto
Autoren: Heinz G. Konsalik
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über den Tisch stierend.
    »Das ist genug, wenn überall Pickel entstehen.«
    »Ich meine, ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben? Es verwundert Sie nicht?«
    »Nein. Warum?«
    »Rasieren ist normal. Aber Creme?«
    »Sie werden Ihre Gründe haben, Rassul Alexejewitsch.«
    »Die habe ich. Seit vier Jahren leide ich unter einem abnormen Haarwuchs unter den Achseln. Dr. Lallikow hatte dafür viele lateinische Erklärungen, aber darauf pfeife ich. Ich weiß nur: Wenn ich mich nicht enthaare, kann ich mir zweimal pro Jahr Zöpfe unter den Achseln flechten. Ich war schon bei allen Spezialisten. Was sagen sie? Eine hormonelle Störung. Aber was habe ich davon, wenn ich weiß, wie das heißt? Die Haare wachsen und sind nicht zu bändigen. Selbst mit der Creme ist das immer nur eine gewonnene Schlacht, kein gewonnener Krieg. Auf der Packung steht: ›Vernichtet in die Tiefe bis zu den Haarwurzeln.‹ – Welche falschen Töne! Bei mir jedenfalls. Bei mir lachen die Haarwurzeln über die Creme. Sie geben zwar jeweils die Wolle her, lassen sie jedoch wieder nachwachsen.«
    Zwetkow lehnte sich zurück. Seine Erschütterung war deutlich, und sie war ihm nachfühlbar. Wer hat schon gerne Zöpfe in den Achselhöhlen? »Stellen Sie sich meine Situation vor«, fuhr er kurzatmig fort. »Mein bester Victor Semjonowitsch. Ich leide unter dem teuflischen Haarwuchs, und da ruft ein Anonymer an und schleudert mir mein Geheimnis ins Gesicht. Und Kasutin grinst mich an wie ein Faun. Urteilen Sie, mein Freund: Bin ich nicht entehrt?«
    »Jetzt sieht die Sache schon anders aus«, sagte Jankowski und setzte vorsichtig hinzu: »Aber man sollte einen klaren Kopf behalten.«
    »Der Anrufer hat auch noch etwas anderes gesagt, Rassulenka«, warf Antonina Pawlowna ein. »Vergiß es nicht.«
    »O nein!« Zwetkow ballte die Fäuste. »Der Kerl sagte dann auch noch: ›Unterziehen Sie sich der interessanten Pflicht, und beäugen Sie Ihre Frau.‹ Das nahm mir glatt den Atem. Das war der Beweis, daß er genau über mein Leiden Bescheid weiß. Er forderte mich zum Vergleich heraus. Sehen Sie nur Antoninas langes, schönes Haar … und dieser Schuft vergleicht es mit meinem Leid.«
    »Die Schlechtigkeit der Menschen ist erschreckend«, sagte Antonina Pawlowna. »Ich hätte nie gedacht, daß in unserer kleinen, schönen Stadt solche bösen Elemente leben. Victor Semjonowitsch, nun wissen Sie alles … wie sollen wir uns verhalten?«
    Jankowski aß seine Pastete zu Ende, trank einen Schluck Krimwein und tupfte sich die Krümel aus den Mundwinkeln. »Mein Rat wäre: ignorieren; Stolz zeigen, Erhabenheit gegenüber einer verfallenden Welt. Sie sind Zwetkow, Rassul, Alexejewitsch! Sie sind unangreifbar! Der Anonyme wollte Sie ja aufregen – tun Sie ihm nicht den Gefallen. Gehen Sie in die Offensive: Loben Sie öffentlich, in der Apotheke Dudorows, die Enthaarungscreme.«
    »Ha! Das ist ein Gedanke! Victor Semjonowitsch, Sie sind ein Freund, nicht mit Gold aufzuwiegen. Ich möchte Sie küssen wie einen Bruder.« Zwetkow breitete die Arme aus. In solchen Augenblicken faltete ein Uneingeweihter still die Hände und wartete darauf, daß Zwetkow einem Schlaganfall erlag. »Ja, so mache ich es. Was hätte ich zu verlieren? Bin ich ein anderer Mensch mit oder ohne Haare? Ich werde es ihnen zeigen. Jankowski, Brüderchen, Sie haben mir mein Selbstvertrauen wiedergegeben.«
    Um seine Wandlung zu beweisen, wälzte er sich zum Telefon und rief den Apotheker Dudorow an. Der arme Akbar Nikolajewitsch erschrak bis ins Mark, als er schon wieder Zwetkows Stimme vernahm, und lehnte sich mit schwachen Knien an die Wand.
    »Wissen Sie, was eine hormonelle Störung ist?« schrie Zwetkow.
    Dudorow verdrehte die Augen und verfluchte den schwatzhaften Kasutin. Mit vorsichtiger Stimme antwortete er: »Genosse Zwetkow, wir sollten darüber in aller Ruhe reden …«
    »Ich habe eine! Mir wachsen wallende Haare dort, wo ich sie nicht gebrauchen kann. Können Sie sich das vorstellen?«
    »Ja«, krächzte der Apotheker Dudorow, nur irrte er sich gedanklich in der Richtung.
    »Und ich bekämpfe den Wald mit Creme.«
    »Warum sagen Sie mir das, Genosse?« stammelte Dudorow.
    »Damit Sie das Mittel weiterempfehlen können, Akbar Nikolajewitsch«, antwortete aufgeräumt Zwetkow. »Es könnte ja jemand zu Ihnen kommen, der auch Mühe mit solchem Haarwuchs hat. Nennen Sie mich als Referenz, ich habe nichts dagegen.«



Er warf den Hörer auf die Gabel, drehte sich zu Jankowski und
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