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Das unanständige Foto

Das unanständige Foto

Titel: Das unanständige Foto
Autoren: Heinz G. Konsalik
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obliegt nicht mir, mein Sohn.«
    »Rimma Ifanowna gab mir einen Hinweis«, sagte Jankowski.
    »Soso.«
    »Sie zeigte mir einige bisher unbeachtete Stellen.«
    »Aha.« Akifs Bart sträubte sich. Der Pope war versucht, Rimma niederknien und ihre Reue laut aussprechen zu lassen, aber in Anbetracht der anderen wichtigen Klärungen verzichtete er auf strengere Gewissenserforschungen. »Das gute Mädchen!«
    »Ich bin sehr zufrieden mit ihr.«
    Akif Victorowitsch bezwang sich, diese Ungeheuerlichkeit ruhig zu schlucken. Es war schon eine enorme Leistung von Selbstbezwingung damit verbunden, Rimma mit umflorten Augen anzusehen und sich vorzustellen, wie dieses herrliche Geschöpf sich im Wald, in einer Steinschlucht, auf einem Klappbett unter einem Holzdach frohgemut vergaß. In Mamedows Händen zuckte es. Der heilige Zorn drängte ihn geradezu, mit Jankowski eine Schlägerei anzufangen. Er griff sich an die Brust, fühlte unter dem Priesterkleid den länglichen, harten Gegenstand und war zufrieden. In der Notwehr ist eine Pistole immer der beste Freund. Die Zeit der Märtyrer ist vorbei … oder besser gesagt: Man soll Seligsprechungen solcher Art tunlichst aus dem Wege gehen.
    Akif wartete, bis Rimma Ifanowna die Leiter hinaufgeklettert war, wobei sie viel Bein und Schenkel zeigte, dann hörte man das Knattern eines schweren Motorrades. Jankowski ging unter das Dach zu dem Klappbett.
    »Nun sind wir allein«, sagte er.
    »Ja, nun sind wir allein.« Der Pope kam auch unters Dach, zögerte, mied das Lasterlager und setzte sich auf die Kiste. »Eine große Stunde.«
    Victor Semjonowitsch sah Akif Victorowitsch fragend an. Dieser faltete die Hände.
    »Wir sollten offen miteinander sprechen«, begann er in gütigem Ton. »Mein Sohn, wir haben beide die gleichen Namen … das sollte uns verpflichten und einander näherbringen. Jegliche Lüge sollte von uns abfallen, die Reinheit einer Taube sollte unserem Gemüt eigen sein, die Brüderlichkeit sollte unsere Herzen öffnen.« Er beugte sich vor und starrte Jankowski wie ein Gewürgter an. »Was hast du mit Stella Gawrilowna getan, mein Sohn?«



»Sie versorgt mich mit frischen Blumen«, antwortete Jankowski freimütig.
    »Und sonst?«
    »Ab und zu mit Töpfen.«
    »Und darüber hinaus?«
    »Sie ißt so gerne Blinis mit Essigpilzen. Da habe ich sie zum Essen eingeladen. Ich habe eine besondere Art, Blinis zu backen …«
    »Nicht nur das!« unterbrach Väterchen Akif gereizt. »Was war mit der japanischen Kirsche?«
    »Damit? Stella Gawrilowna besorgte sie mir. Hat sich das schon herumgesprochen?«
    »Und wie es sich herumgesprochen hat!« erklärte Mamedow mit Betonung.
    »Ein Prachtexemplar.« Jankowskis Miene strahlte. »Wenn man sie richtig pflegt, entwickelt sie eine Blüte.«
    Väterchen Akif tastete nach seiner Pistole unter dem Kittel und seufzte verzweifelt. Er wußte, welch ein Prachtexemplar Stella Gawrilowna war, dazu benötigte man nicht die Erkenntnis eines Jankowski. Aber es war interessant zu erfahren, welcher besonderen Pflege es bedurfte, sie noch mehr aufblühen zu lassen. In Mamedows Inneren spannte sich alles, als er fragte: »Gehört Fotografieren dazu?«
    »Selbstverständlich habe ich sie auch fotografiert«, erwiderte Jankowski ahnungslos. »So etwas muß man im Bild festhalten! Ich fotografiere alles, was mit Schönheit zusammenhängt. Wir sind ja eine Gemeinschaft der Blinden, wir sehen gar nicht mehr, wieviel Herrlichkeit es um uns herum gibt. Die kleinsten Dinge, und mögen sie noch so nackt sein, verbergen in ihrer Form einen Rhythmus.«
    Mamedow zuckte schmerzhaft zusammen. In seinem Kopf brodelte es. Welche Schamlosigkeit! Welche Infamie!
    »Ich will ein Buch über die Schönheit herausbringen«, fuhr Jankowski fort. »Über die unbemerkte Schönheit um uns herum. Die Vollendung der Nichtigkeiten. Haben Sie schon mal einen einfachen Pflasterstein genau betrachtet, Väterchen? Oder einen Pflaumenkern? Dieses Wunder der Natur? Oder ein Stück Birkenrinde? Oder einen Käfer, der ein Blättchen zersägt? Das sind Wunder, an denen wir achtlos vorbeigehen.«
    »An Stella Gawrilowna geht niemand achtlos vorbei«, sagte Akif rauh. »Sie kommt auch in dein Buch, mein Sohn?«
    »Vielleicht. Die Auswahl der Fotos nehme ich erst im Winter vor. Vorläufig suche und fotografiere ich noch.«
    »Aha. Es geht also so weiter?«
    »Es soll ein besonderes Buch werden, Väterchen.«
    »Das wird es bestimmt.«
    Akif Victorowitsch kämmte mit beiden Händen seinen
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