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Das unanständige Foto

Das unanständige Foto

Titel: Das unanständige Foto
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Veranda, rauchte eine grusinische Zigarre, las den ›Neuen Morgen‹ und war mit sich zufrieden. Seine hübsche Frau Antonina Pawlowna lag in einem Liegestuhl unten im Garten, trug einen knappen Bikini, wie ihn in Nowo Korsaki nur noch die schöne Witwe Sitkina besaß, und hatte das linke Bein hoch in die Luft gestreckt. In dieser nicht gerade bequemen, aber attraktiven Haltung lackierte sie sich die Zehennägel. Kasutin warf einen langen Blick auf dieses schöne Bild, das eigentlich verderbte westliche Lebensart ausdrückte, und setzte sich dann neben Zwetkow in einen weichen Korbsessel.
    »Gut, daß Sie kommen, Pjotr Dementijewitsch«, sagte Zwetkow und hielt Kasutin die Zigarrenkiste hin. »Man belästigt mich.«
    »Moment.« Kasutin biß die Spitze einer Zigarre ab, spuckte sie aus, entzündete die Zigarre und rauchte sie genußvoll an. Mit geschlossenen Lidern ließ er den Geschmack über seine Zunge fließen. So ist das, dachte er dabei. Um so zu leben, muß man den Staat bescheißen. Ein ehrlicher Parteisekretär kann sich nie eine ›Grusinische No. 1‹ leisten. Zertreten sollte man die Schmarotzer – aber wo stände unsere Wirtschaft jetzt, wenn wir sie nicht hätten? »Wer würde wagen, Sie, Genosse Zwetkow, zu belästigen?«
    »Ein Anonymer. Ein Telefonbandit. Ein fernmündlicher Wegelagerer. Gestern spät am Abend.«
    »Konnte nicht ein anderer gemeint sein?«
    »Bin ich ein Idiot?«
    Kasutin blies den Zigarrenrauch in kleinen Wölkchen über die Lippen. »Was sagte er denn?«
    »Ich soll mich der interessanten Mühe unterziehen, meine Frau Antonina Pawlowna zu beäugen.«
    Kasutin verschluckte sich am Rauch, hustete heftig, rang mit hervorquellenden Augen nach Luft und klammerte sich an der Tischkante fest. Erst nach ziemlich langer Erholungszeit war es ihm möglich, mit kratzender Stimme zu sagen: »Das ist allerdings ein starkes Stück.«
    »Und um die Enthaarungscreme soll ich mich kümmern.«
    Kasutin dankte seinem sonst immer geleugneten Gott, daß er in einem Sessel mit Seitenstützen saß. Er hatte das Gefühl, wegzurutschen … die Anziehungskraft der Erde mußte sich plötzlich verzehnfacht haben.
    »Was soll … soll man davon halten?« stotterte er. »Welch absurder Gedanke! Was haben Sie, Rassul Alexejewitsch, mit Enthaarungscreme zu tun? Haha, wenn es nicht so blödsinnig wäre – man sollte darüber lachen.« Kasutin starrte plötzlich den fetten Zwetkow wie die Schlange das Kaninchen an. »Sie haben doch noch nie Enthaarungscreme gesehen, nicht wahr?«
    »Wieso nicht?« Zwetkow lutschte böse an seiner Zigarre. Das späte Telefongespräch erregte ihn noch immer über Gebühr. »Lebe ich in einer Höhle? Natürlich kenne ich diese kosmetische Spezialität.«
    »Dem Namen nach. Von der Reklame. Wir alle kennen sie, na klar!« Kasutin holte tief Luft. »Aber in der Hand gehabt?«
    »Auch das«, sagte Zwetkow wie angewidert.
    Kasutin flimmerte es vor den Augen. »Oha!« stotterte er, spitzte die Lippen und stieß einen unbeherrschten Pfiff aus. Sein Blick ging in Richtung Antonina Pawlowna. Sie lag im Garten da wie auf dem Gemälde eines großen alten Meisters. Kasutin dachte sich den Bikini weg und bekam einen rauhen Hals.
    »Warum pfeifen Sie so dämlich, Pjotr Dementijewitsch?« fragte Zwetkow grob. »Sagen Sie mir lieber, was Sie unternehmen wollen. Wie schützen Sie ehrbare Bürger vor anonymen Telefonaten? Ich bin beleidigt worden. Meine Frau Antonina Pawlowna ebenfalls. Sie hätten das hören müssen, diese süffisante Stimme am Telefon.«
    »Was halten Sie von Jankowski?« fragte Kasutin wie ein Flüchtender, der den Verfolgern einen ablenkenden Brocken hinwirft.
    »Ein wahrer Freund. Warum?«
    »Ein guter Fotograf.«
    »Ein Künstler auf jedem Gebiet.«
    »Dem ist beizupflichten.« Kasutin bemühte sich, wieder sein Gleichgewicht zu finden. »Was fotografiert er denn so?«
    »Alles. Besonders meine Frau.«
    »Ah!« Kasutin schluckte verlegen. »Interessant.«
    »Interessant ist es.« Zwetkow strich sich verlegen über den gewaltigen Bauch. »Ist meine Frau nicht auch eine seltene Schönheit? Und fotogen? Victor Semjonowitsch hat Aufnahmen gemacht, die Gemälden gleichen. Er hat ein Auge für Beleuchtungen.«
    »Das hat er wahrhaftig. Der große Künstler zeigt sich im Weglassen, und Jankowski läßt manches wegfallen … Kopf, Haut und Haare …«
    Zwetkow blickte Kasutin verwundert an, wedelte sich dann mit seiner dicken Hand Luft aus der Richtung Kasutins zu und schüttelte
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