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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Moment leider nicht zu sprechen sei. Ich hinterließ meine Adresse direkt bei ihm sowie ungefähr ein dutzendmal auf der Tonbandkassette des Anrufbeantworters, doch Mijnheer DeVries machte sich niemals die Mühe zurückzurufen.
    Danach schickte ich einen Mann nach Amsterdam vergebens. Er rannte sich im übertragenen Sinne den Schädel am Tor von DeVries’ Festung ein, denn um nichts anderes handelte es sich bei seinem sogenannten Tempel, wie er mir schriftlich berichtete. Ganz egal, wie und mit welchen Argumenten er zu DeVries vorzudringen versuchte, er wurde stets höflich, aber sehr bestimmt abgewimmelt. Ich bin ein vermögender Mann, und ein Mann mit Einfluß. Ich lege keinen Wert darauf, aber wenn ich wollte, könnte ich mir sogar eine Audienz bei der Queen ertrotzen. Bei Mijnheer DeVries biß ich auf Granit, wie man so schön sagt.
    Also beschloß ich, ihm einen Brief zu schreiben. Natürlich würde ich ihm nicht die ganze Wahrheit erzählen, aber immerhin genug, um ihn neugierig zu machen. Wenn er auch darauf nicht antwortete nun, damit würde ich mich später beschäftigen.
    Zunächst einmal galt es die Frage zu lösen, wie ich diesen vertrackten Brief beginnen sollte. Was sollte ich ihm schreiben? Daß ich Robert Craven, der Sohn des legendären Hexers war, einer der wenigen Eingeweihten und vielleicht der letzte echte Magier? Daß ich um die Geschichte der Großen Alten wußte, jenes furchtbaren Volkes dämonischer Götter, die zweihundert Millionen Jahre, bevor es Menschen gab, die Erde beherrscht hatten und die auch heute noch existierten, eingekerkert in Gefängnissen jenseits der Zeit? Daß ich selbst sie vor zwei Jahren daran gehindert hatte, die SIEBEN SIEGEL DER MACHT zusammenzufügen und somit aus ihren Kerkern auszubrechen, und daß ich seither an der Vervollständigung meiner magischen Kräfte arbeitete, weil ich sicher war, daß sie es noch einmal versuchen würden? Daß sich in meinem Wandsafe das meines Wissens nach einzige echte Exemplar des Necronomicons befand, jenes sagenumwitterten magischen Buches, in der der verrückte Araber Abdul Alhazred die Geschichte der Großen Alten niedergeschrieben hatte, samt einer Sammlung widerwärtigster Beschwörungsformeln, mit deren Hilfe man sich ihrer Macht bedienen konnte? Oder daß ich im Besitz eines Gegenstandes war, der eine direkte Verbindung zu ihrer Welt darstellte, nämlich der magischen Uhr meines Vaters, die der Eingang zu einem Tunnel war, der geradewegs in den Wahnsinn führte?
    Als wäre dieser Gedanke ein Stichwort gewesen, drehte ich mich vom Fenster weg und sah die Uhr an. Es war ein Monstrum von einer Standuhr fast zwei Meter groß und wuchtig wie ein Schrank, und sie protzte mit gleich vier Zifferblättern, von denen allerdings nur eines das größte die Zeit anzeigte.
    Was die Zeiger und Symbole der drei anderen maßen, wußte niemand, mich eingeschlossen. An ihrer Tür glänzte ein kleines, harmlos aussehendes Schloß, das es aber in sich hatte.
    Mir war von dem Mann, der es angebracht hatte, versichert worden, daß niemand imstande war, dieses Schloß zu öffnen, außer mit dem passenden Schlüssel oder einer Stange Dynamit, und er mußte es wissen. Er war der ungekrönte König der englischen Safeknacker gewesen, ehe mein Freund Jeremy Card ihn dingfest gemacht und für zwanzig Jahre hinter Gitter geschickt hatte.
    Und trotzdem hatte ich manchmal das Gefühl, daß dieses Schloß nicht reichte. Seit jener entsetzlichen Nacht, in der Jeremy und ich die Uhr betreten hatten, um Priscilla am Zusammenfügen der SIEBEN SIEGEL zu hindern, hatte sie sich nicht mehr gerührt, war sie wieder nichts weiter als ein altes kurioses und ausgesprochen häßliches Möbelstück gewesen, das ganz und gar nicht zur restlichen Einrichtung meines Arbeitszimmers paßte. Doch ich traute dem Frieden nicht. Eine finstere, lauernde Macht wohnte ihr noch immer inne, das spürte ich wie einen üblen Geruch. Ich hatte einmal versucht, mich von dieser Uhr zu trennen; das Ergebnis war so katastrophal gewesen, daß ich keinen zweiten Versuch unternommen hatte. Mit einem Seufzer schüttelte ich die trüben Gedanken ab und verließ das Arbeitszimmer, um ins Speisezimmer hinunterzugehen, denn es war Essenszeit. In der Tür blieb ich nochmals stehen und lockte Merlin, aber der Kater war zu sehr damit beschäftigt, eine heroische Schlacht gegen meine Papierkügelchen zu schlagen. Ich ließ ihn gewähren.
    Selbst ein fünfundzwanzig Pfund schwerer Perserkater braucht
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