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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel
Autoren: Jeffery Deaver
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schwere Büchertasche zog ihre Schulter nach unten. »Willkommen«, sagte er.
    Auch Sachs begrüßte das Mädchen und nahm die Schutzbrille ab. Sie hatte an jenem Morgen am Schauplatz eines Mordes diverse Blutspuren sichergestellt und war nun damit beschäftigt, die zugehörigen Registrierkarten auszufüllen.
    Wesley Goades hatte alle notwendigen Papiere vorbereitet, um Klage gegen die Sanford Bank einreichen zu können. Falls Hanson bis einschließlich Montag kein realistisches Angebot machte, würde der Anwalt tags darauf zur Tat schreiten. Er hatte die Gegenpartei bereits vorgewarnt, dass er außerdem gedachte, eine Pressekonferenz einzuberufen (nach Goades’ Ansicht würde die negative Publicity wesentlich länger andauern als nur »zehn hässliche Minuten«).
    Rhyme musterte das Mädchen. Bei dem derzeit außergewöhnlich warmen Wetter waren Pullover und Wollmützen eher unpraktisch, also trug sie Bluejeans und ein ärmelloses T-Shirt, auf dem in glitzernden Buchstaben Guess! geschrieben stand. Sie hatte ein wenig zugenommen, und ihr Haar war länger. Sie hatte sogar ein wenig Make-up aufgelegt (jetzt wusste Rhyme, was in der Tüte gewesen war, die Thom ihr neulich verstohlen zugesteckt hatte). Das Mädchen sah gut aus.
    In Genevas Leben war eine gewisse Stabilität eingekehrt. Jax Jackson lag nicht mehr im Krankenhaus und absolvierte gegenwärtig eine Physiotherapie. Dank Sellittos Bemühungen hatte man den Mann offiziell in die Obhut der New Yorker Bewährungsbehörde überstellt. Geneva wohnte in seiner winzigen Wohnung in Harlem; ein Arrangement, das sich als gar nicht so grässlich erwies wie befürchtet. (Das Mädchen hatte dies weder Rhyme noch Roland Bell eingestanden, aber Thom – der wie eine Glucke über Geneva wachte und sie regelmäßig einlud, um mit ihr zu kochen, fernzusehen oder über Bücher und Politik zu diskutieren, woran Rhyme nicht das geringste Interesse besaß.) Sobald sie und ihr Vater sich eine größere Bleibe leisten konnten, wollten sie Tante Lilly zu sich holen.
    Das Mädchen hatte den Job bei McDonald’s aufgegeben und arbeitete nach dem Unterricht nun als Assistentin und allgemeine Hilfskraft für Wesley Goades. Sie half ihm außerdem dabei, die Charles-Singleton-Stiftung einzurichten, die das Geld aus dem anstehenden Vergleich an die Nachkommen des Freigelassenen ausbezahlen würde. Genevas Wunsch, ihr Leben in New York so bald wie möglich gegen eines in London oder Rom einzutauschen, war immer noch stark ausgeprägt, aber wenn Rhyme sie leidenschaftlich von den Fällen aus der Kanzlei erzählen hörte, schienen diese stets Einwohner von Harlem zu betreffen, die man diskriminiert hatte, weil sie Schwarze, Latinos, Moslems, Frauen oder arm waren.
    Darüber hinaus engagierte Geneva sich für ein Projekt, das sie als »Rettung meiner Freundin« bezeichnete, von dem Rhyme aber ebenfalls nicht viel mitbekommen hatte. Ihre Ratgeberin für dieses spezielle Vorhaben schien Amelia Sachs zu sein.
    »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.« Das Mädchen hielt ein vergilbtes Blatt Papier hoch. Der Text darauf war in Charles Singletons Handschrift verfasst, wie Rhyme sofort erkannte.
    »Ein weiterer Brief?«, fragte Sachs.
    Geneva nickte. Sie ging mit dem Dokument sehr behutsam um.
    »Unser Verwandter aus Madison hat sich gemeldet und Tante Lilly ein paar Sachen aus seinem Keller geschickt. Ein Lesezeichen und eine Brille, die Charles gehört haben. Und ein Dutzend Briefe. Diesen hier wollte ich Ihnen zeigen.« Sie strahlte. »Er wurde 1875 verfasst, nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis.«
    »Dann mal her damit«, sagte Rhyme.
    Sachs legte das Blatt auf einen Scanner. Kurz darauf erschien das Abbild auf mehreren Bildschirmen des Labors. Sachs trat neben Rhyme und legte ihm einen Arm um die Schultern. Gemeinsam lasen sie die Zeilen.
     
    Meine liebste Violet,
    ich hoffe, du genießt die Zeit in Gesellschaft deiner Schwester, und bestimmt haben Joshua und Elizabeth viel Spaß mit ihren Cousins. Als ich Frederick zuletzt gesehen habe, war er neun Jahre alt. Nun ist er so groß wie sein Vater, und ich kann es kaum glauben. Bei uns zu Hause ist alles in Ordnung, wie ich freudig berichten darf. James und ich haben am Flussufer den ganzen Morgen lang Eis geschlagen und das Kühlhaus aufgefüllt. Dann sind wir durch den tiefen Schnee drei Kilometer nach Norden gestapft, um uns die Obstplantage anzusehen, die dort zum Verkauf steht. Der geforderte Preis ist hoch, aber ich glaube, der Verkäufer
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