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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel
Autoren: Jeffery Deaver
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bewegte sich etwas. Die beiden Wanderfalken, die dort nisteten, hatten Nachwuchs bekommen und waren nun zu viert. Wenn Rhymes Besucher das Nest bemerkten, erkundigten sie sich bisweilen, ob er den Tieren Namen gegeben hatte.
    »Wir haben eine Vereinbarung«, murmelte er dann. »Ich mische mich nicht in ihre Privatangelegenheiten ein und die Vögel sich nicht in meine. Es funktioniert.«
    Einer der Falken hob den Kopf und schaute zur Seite, sodass er für Rhyme und Sachs einen Teil des Mondes verdeckte. Die Bewegung und das Profil des Vogels wirkten aus irgendeinem Grund weise. Und gefährlich – ausgewachsene Wanderfalken hatten keine natürlichen Feinde und erreichten bei den Sturzflügen auf ihre Beute Geschwindigkeiten von bis zu zweihundertsiebzig Kilometern pro Stunde. Nun aber kauerte das Tier sich wieder hin und rührte sich nicht mehr. Die Falken waren tagaktiv und schliefen nachts.
    »Was denkst du?«, fragte Sachs.
    »Im Lincoln Center findet morgen Nachmittag ein Konzert statt. Nennt man das auch eine Matinee? Ich würde es gern besuchen.«
    »Welcher Künstler?«
    »Die Beatles, glaube ich. Oder Elton John und Maria Callas im Duett. Egal. Ich will die Leute bloß in Verlegenheit bringen, indem ich auf sie zurolle … Nein, im Ernst. Ich möchte gern mal raus. Das passiert nicht allzu oft, weißt du?«
    »Ja, ich weiß.« Sachs beugte sich herüber und küsste ihn. »Klar, lass uns hingehen.«
    Er wandte den Kopf und berührte mit den Lippen ihr Haar. Sie schmiegte sich an ihn. Rhyme nahm ihre Hand und drückte sie fest.
    Sie drückte zurück.
    »Weißt du, was wir machen könnten?«, fragte Sachs mit verschwörerischem Unterton. »Wir schmuggeln Wein und was zu essen mit hinein. Pastete und Käse. Baguette.«
    »Es gibt dort Essen zu kaufen. Das weiß ich noch. Aber der Scotch ist furchtbar. Und kostet ein Vermögen. Wir könnten …«
    »Rhyme!« Sachs setzte sich kerzengerade im Bett auf.
    »Was ist denn?«, fragte er.
    »Was hast du gerade gemacht?«
    »Ich habe mich einverstanden erklärt, dass wir etwas zuessen …«
    »Mach keine Witze.« Sachs tastete nach dem Lichtschalter und betätigte ihn. Mit ihren schwarzen Seidenshorts, dem grauen T-Shirt, dem zerzausten Haar und den weit aufgerissenen Augen sah sie wie eine Studentin aus, der soeben eingefallen war, dass früh am nächsten Morgen eine Prüfung anstand.
    Rhyme kniff die Augen zusammen. »Das ist schrecklich hell. Muss das sein?«
    Sie starrte auf das Bett.
    »Deine … deine Hand. Du hast sie bewegt!«
    »Ich schätze, das habe ich.«
    »Deine rechte Hand! Du konntest rechts bisher keinen Finger rühren.«
    »Komisch, was?«
    »Du hast den Test aufgeschoben und dabei die ganze Zeit gewusst, dass du die Hand bewegen kannst?«
    »Ich habe es nicht gewusst. Bis gerade eben. Ich wollte es eigentlich gar nicht versuchen – aus Angst, es würde nicht klappen. Ich hatte sogar beschlossen, mit dem Training aufzuhören, damit ich mir darüber keine Gedanken mehr zu machen brauchte.« Er zuckte die Achseln. »Aber dann habe ich meine Meinung geändert. Ich wollte es doch mal ausprobieren. Aber nur unter uns, ohne Geräte oder Ärzte in der Nähe.«
    Und nicht ganz allein, fügte er im Stillen hinzu.
    »Wieso hast du mir nichts davon gesagt?« Sie versetzte ihm einen Klaps auf den Arm.
    »Das habe ich nicht gefühlt.«
    Sie lachten.
    »Es ist unglaublich, Rhyme«, sagte sie und umarmte ihn fest. »Du hast es geschafft. Du hast es wirklich geschafft.«
    »Ich versuch’s noch mal.« Rhyme sah erst Sachs und dann seine Hand an.
    Er hielt einen Moment inne und schickte dann einen Willensimpuls vom Gehirn zu den Nervensträngen der rechten Hand. Jeder der Finger zuckte ein wenig. Und dann drehte seine Rechte sich so unbeholfen wie ein neugeborenes Fohlen über einen fünf Zentimeter breiten Grand Canyon der Bettdecke und legte sich auf Sachs’ Handgelenk. Er umschloss es mit Daumen und Zeigefinger.
    Amelia lachte entzückt auf und hatte gleichzeitig Tränen in den Augen.
    »Was sagt man dazu?«, flüsterte er.
    »Du machst also mit dem Training weiter?«
    Er nickte.
    »Und wir vereinbaren mit Dr. Sherman einen Termin für den Test?«, fragte sie.
    »Meinetwegen. Es sei denn, uns kommt etwas dazwischen. In letzter Zeit war viel los.«
    »Wir vereinbaren einen Termin«, entschied sie.
    Dann schaltete sie das Licht aus und legte sich neben ihn. Was er spüren, aber nicht fühlen konnte.
    Sie sagten nichts mehr. Rhyme starrte an die Zimmerdecke. Gerade als
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