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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans
Autoren: Barbara Goldstein
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meines Schwertes ab, während ich ihn zum Bug zurückdränge. Plötzlich lässt er die Stange mit einer Hand los, holt weit aus und benutzt sie wie eine Klinge.
    Ich ducke mich, verliere dabei das Gleichgewicht und stürze rückwärts aufs schlingernde Deck.
    Corentin wirft sich auf mich und reißt seinen Dolch hoch. Wieder schleudert uns eine Welle durch das Boot, sodass ich mit der Schulter schmerzhaft gegen die Ruderbank pralle.
    Wo ist das Schwert?
    Da! Das Heft hat sich in einer losen Schlinge des Seils verfangen, mit dem ich mich am Mast festgebunden hatte. Die Klinge zeigt genau auf mich. Wenn sich das Boot erneut aufbäumt, reißt es sich los, schlittert über das Deck auf mich zu und trifft mich in die Brust. Der Kork der Schwimmweste wird es nicht aufhalten.
    Nichts wie weg!
    Auf allen vieren krieche ich so schnell ich kann zum Schwert – so wie Corentin, der die Klinge ebenfalls gesehen hat. Mit dem Bootshaken schlägt er auf mich ein, während ich durch das mir entgegenströmende Wasser zum Mast robbe.
    Dann habe ich das Schwert in den Händen. Ich richte mich auf, wirbele herum, und als das Boot wieder hochsteigt, hebe ich das Schwert über den Kopf und werfe mich mit aller Kraft Corentin entgegen.
    Das Schwert des Satans zischt in einem weiten Bogen durch die Luft, und mit der Spitze durchtrennt es Corentins Halsschlagader. Blut spritzt hervor. Mit schreckgeweiteten Augen taumelt Corentin zurück und presst die Hand auf die Wunde.
    Ich folge ihm.
    Wieder schlage ich zu. Wuchtiger noch als beim ersten Mal. Und genauer.
    Corentin stürzt röchelnd zu Boden.
    Ein dritter Schlag.
    Es ist der Todesstoß.
    Mitten ins schwarze Herz.
    Schwer atmend sinke ich aufs schlingernde Deck und starre Corentin an, der im wirbelnden Wasser an Deck hin und her schaukelt, wie ein Stück Treibgut.
    Yannic!
    Ich muss ihn retten.
    Auf allen vieren krieche ich zu Corentin, packe ihn an den Schultern und wuchte ihn unter großen Anstrengungen auf die Ruderbank. Dann nehme ich seine Beine und schiebe sie über die Kante. Ein kräftiger Stoß, und er rollt über Bord und verschwindet in den Wogen. Wie sein Boot, das auf der Seite liegt, Mast und Segel im Wasser, und schnell sinkt.
    Zurück zum Schwert.
    Zum letzten Mal lese ich die bluttriefende Inschrift, das Testament des Satans.
    Tod und Verderben.
    In hohem Bogen schleudere ich das Schwert in die Wellen.
    Kein Erzengel rauscht vom Himmel herab, um es zu nehmen. Es versinkt. Dann ist es verschwunden.
    Erschöpft lasse ich mich auf die Ruderbank sinken und nehme die Schot, um das Segel in den Wind zu stellen.
    Ich muss das Boot wenden.
    Und Yannic suchen.

Yannic
Kapitel 88
    In der Strömung der Bucht
Am frühen Nachmittag
    Das Wasser über mir glitzert, es schimmert wie Perlen und Funken aus flüssigem Licht. Ein wogender Schleier, zart wie das Polarlicht.
    Wie lange noch?, denke ich. Wie lange habe ich noch die Kraft, mich über Wasser zu halten? Wie lange ertrage ich die Kälte noch? Irgendwann werde ich bewusstlos und, egal wie gut ich schwimmen kann, ertrinken. Um zu überleben, muss ich mich bewegen, mehr Wärme erzeugen, als ich ans Wasser abgebe. Wenn meine Körpertemperatur absinkt, werde ich sterben.
    Das Meer um mich herum brodelt und brüllt. Das hohe Heulen des Windes nervt mich, weil es jeden Rückzug in die innere Gelassenheit verhindert.
    Wer am Meer geboren wird, muss auf dem Meer sterben, heißt es bei uns auf Enez Eusa. Wie mein Vater und mein Großvater, die beide während Seenotrettungen auf See verschollen sind. Man hat sie nie gefunden. Der Priester von Enez Eusa, der selbst viele Jahre zur See gefahren ist, hat ein altes Ritual für meinen Vater durchgeführt, das einen keltischen Ursprung hat. Die Proella ist ein Gedenken für verschwundene Seeleute, eine Totenwache ohne Leichnam, eine feierliche Prozession zur Kirche, ein Begräbnis ohne Sarg. Der Verschollene wird durch ein Kreuz aus Wachs ersetzt. Das Kreuz wird in ein Kästchen in der Kirche gelegt. Zu all den anderen Kreuzen der auf See gebliebenen Ouessantiner. Deshalb sieht das gemeinsame Grab auch aus wie ein Schiff.
    Proella ist Brezhoneg und heißt: Rückkehr in die Heimat.
    Heiße Tränen steigen mir in die Augen, als ich mir vorstelle, dass Pierric die Nachricht von meinem Tod erhält. Er wird über die ganze Insel wandern und jedem, der mich kennt, von meinem Tod auf See berichten. Ronan, Gwennic, Alan und all die anderen, die ich auf Enez Eusa zurückgelassen habe. Betroffenes Schweigen,
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