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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans
Autoren: Barbara Goldstein
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tröstendes Schulterklopfen, rauer Ton, aber sentimentale Anteilnahme, traurige Erinnerungen an meinen letzten Besuch vor acht Jahren, jede Menge ›Weißt-du-noch-wie-Yannic …?‹ und noch mehr Calvados.
    »Was ist passiert?«, wird Ronan fragen, Pierric einen Hocker am Küchentisch, eine Schale Fischsuppe und einen Becher Calvados anbieten. Seine Frau und seine Kinder werden enger zusammenrücken, damit mein Bruder Platz hat.
    Pierric wird mit den Schultern zucken. »Weiß nicht genau. Aus dem Brief der Abtei geht hervor, dass Yannic während einer Sturmflut mit seinem Boot hinausgesegelt ist, du weißt schon, die Enez Eusa.«
    Ronan wird nicken. »Hab Yannic geholfen, das Boot zu bauen. Ist ein gutes Boot. Hält jedem Sturm stand, jedem Brecher.«
    »Ja, ’s ist ein gutes Boot.«
    »Und wieso ist Yannic bei Sturm rausgesegelt?«
    »Weiß nicht.« Pierric wird versuchen, seinen Schmerz zu verdrängen, und den Calvados hinunterstürzen. In seiner Verzweiflung wird er seine Gefühle in Worte pressen und berichten, was der neue Prior der Abtei ihm geschrieben hat. »Na ja, jedenfalls … Yannic ist nicht zurückgekehrt.« Er wird mit den Tränen ringen, weil mein Tod ihn an unseren alten Herrn erinnert. »Du und deine Familie, Ronan, ihr seid alle herzlich eingeladen. Morgen Abend wird die Proella für Yannic abgehalten. In unserem Haus am Leuchtturm.«
    Dann wird Pierric aufstehen und zu den anderen gehen, um sie alle an seiner Trauer teilhaben zu lassen.
    So viele Jahre war ich fort, aber sie werden mich nicht vergessen. Ronan wird sich daran erinnern, wie wir uns als Kinder geprügelt haben, nachdem ich sein Boot an den Steilklippen von Créac’h versenkt habe. Und Gwennic, dass ich ihm seine Freundin ausgespannt habe – wir waren damals zwölf. Und mein Bruder, woran wird Pierric sich erinnern?
    Ich kann mich nicht mehr beherrschen, ich muss weinen. Meine Tränen vermischen sich mit der Gischt der Brecher, die mich immer wieder unter Wasser drücken.
    Und Katarin? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie sie reagieren wird. Vor einigen Monaten hat sie mir einen niedlichen Brief geschrieben, der mich sehr angerührt hat. Aber sie kennt mich nicht. Und sie weiß nicht, wer ich wirklich bin.
    Der Wunsch, meine Tochter vor meinem Tod kennenzulernen, sie wenigstens mal von weitem zu sehen, um zu wissen, ob sie Rozenn oder mir ähnlich sieht, versetzt mir einen schmerzhaften Stich ins Herz. Wie gern würde ich eine Stunde mit ihr verbringen, sie zärtlich in den Arm nehmen oder ausgelassen herumwirbeln, sie zu den Klippen mitnehmen, wo Rozenn und ich so glücklich waren, und sie an der Erinnerung an dieses Glück teilhaben lassen, bevor sie mit meinem Tod für immer vergeht. Wie gern würde ich sie abends zu Bett bringen, sie ordentlich durchkitzeln und ihr noch eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen, bis sie mit einem Lächeln einschläft.
    Aber ich habe kein Recht auf dieses Lächeln … auf dieses Glück … auf dieses Kind, das zu Pierric Papa sagt und ihn liebt und nicht mich.
    O Gott, du weißt, wie sehr ich mich nach ein bisschen Liebe sehne!

Alessandra
Kapitel 89
    An Bord von Yannics Boot
Am frühen Nachmittag
    Wie lange bin ich schon nach Nordwest gesegelt? Ich habe mit dem Boot gekämpft und nicht auf die Zeit geachtet. Ich muss auf Gegenkurs gehen, nach Südost, und in meinem Kielwasser zurücksegeln.
    Aber wie schaffe ich das? Wenn ich wende, beschreibt das Boot einen weiten Bogen, und ich drifte dabei ab.
    Und wo ist Südost?
    In Windrichtung? Aber kommt der Sturm noch aus Nordwest, oder hat er in den letzten Stunden um einige Grad gedreht?
    Verzweifelt blicke ich mich um. Kein Land in Sicht, an dem ich mich orientieren könnte. Kein Leuchtturm, keine Insel, kein Horizont. Nicht einmal die donnernde Brandung eines Riffs. Nur die hohe Dünung um mich herum. Und die Sonne, die im Westen steht? Hinter den Sturmwolken verborgen. Und die Strömung, die mich ebenso abtreibt wie Yannic?
    Also los, ich habe keine Zeit mehr zu verlieren.
    Irgendwie schaffe ich es, das Boot zu wenden, ohne zu kentern.
    Wind von achtern, schnelle Fahrt.
    Vor mir am Horizont taucht ein diffuses Leuchten am Himmel auf. Als das Boot ins nächste Wellental kracht, sehe ich es nicht mehr. Dann steigt das Boot wieder steil an einer Woge empor, und ich blinzele durch die aufspritzende Gischt.
    Da ist es wieder!
    Der Horizont scheint zu leuchten, als werde er von einem Blitz in helles Licht getaucht.
    Aber was ist das?
    In der letzten
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