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Das Teehaus im Grünen

Das Teehaus im Grünen

Titel: Das Teehaus im Grünen
Autoren: Mary Scott
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sehr ärmlich, und du hast kein Geld, nicht wahr? Wieviel hast du auf der Bank?«
    Vicky nahm diese Frage nicht übel; sie und Lucy hatten niemals Geheimnisse voreinander gehabt. Aber sie wollte natürlich auch nicht die Wahrheit sagen, deshalb antwortete sie obenhin: »Du weißt ja, mit meinen Finanzen habe ich nie viel Geschick gehabt. Ich sollte wahrhaftig ein Bankkonto haben. Aber es geht mir trotzdem ganz gut, wenn ich nur wegen Alec kein so schlechtes Gewissen hätte. Es ist so anstrengend, immer aufpassen zu müssen.«
    Lucy dachte: Sie hat keinen Pfennig auf der Bank, aber soviel gelacht wie heute abend habe ich seit einer Ewigkeit nicht mehr. Wenn sie in unser Büro kommt, gefällt es mir dort vielleicht auch wieder besser. »Ich habe den Eindruck, dieser Alec macht dich reichlich nervös«, meinte sie.
    »Eigentlich nicht. Er ist schrecklich lieb und sagt dauernd: >Bitte verzeih.< Nicht um alles in der Welt möchte ich ihn kränken; ich weiß genau, er würde mich nicht verstehen.«
    »Du meinst wohl, er möchte nicht gern angeschwindelt werden! Vicky, warum mußt du nur immer so etwas machen? Seit ich dich kenne, hast du das getan — und wahrscheinlich vorher auch schon.«
    »Ach, schon lange vorher. Es ging los, als ich ungefähr sieben Jahre war; ich dachte immer, das würde ein bißchen Romantik in mein Leben bringen. Aber das stimmte nicht. Es kommt wohl daher, daß ich vor lauter Romantik alles falsch sehe. Wenn ich nur dunkelhaarig und ruhig und tiefgründig wäre, mit langen, glatten, schwarzen Haaren! Blondes Haar ist so gewöhnlich, und meines lockt sich noch dazu, obgleich ich es so lang wachsen lasse. Du bist fein dran, Lucy, mit deinem glänzend schwarzen Haar und deinen großen dunklen Augen. Du siehst fabelhaft aus.«
    »Na, das hat mir auch nicht viel geholfen.«
    Sie gingen die Straße hinab; da zog plötzlich etwas ihre Aufmerksamkeit auf sich, im Rinnstein lag ein schmutziges, zerknittertes Stück Papier. Lucy zögerte und wollte stehenbleiben, und im gleichen Augenblick rief Vicky: »Schau, Lucy! Ich glaube, das ist ein Dollar-Schein! Den muß jemand verloren haben.« Rasch hob sie das Papier auf und versuchte es glattzustreichen.
    »Wahrhaftig, ein Dollar«, bemerkte Lucy gelassen. Sie beschloß, nicht zu sagen, daß sie ihn ebenfalls gesehen hatte; denn sie fühlte, daß ein Dollar viel für Vicky bedeutete. Aber schon wandte Vicky ein: »Du hast ihn zuerst gesehen. Erst als du stehenbleiben wolltest, habe ich ihn entdeckt. Er gehört dir, außer«, und sie blickte sich aufgeregt um, »außer wir finden den Verlierer.«
    »Das ist aussichtslos. Vermutlich war es jemand, der aus der Hotelbar kam. Es hat keinen Zweck, nach ihm zu forschen.«
    »Sollen wir ihn auf der Polizei abliefern?«
    »Doch nicht einen Dollar. Die würden dich schön auslachen! Wenn es noch eine Zehn-Dollar-Note wäre! Behalte ihn und kauf dir etwas, was du eigentlich nicht brauchst.« Im Grunde meinte sie: Nimm ihn für ein Paar neue Handschuhe.
    Vicky drängte ihn ihr auf. »Er gehört dir. Was wirst du damit anfangen?« Ihr gespannter Ton verriet, wieviel Geld ein Dollar für sie war.
    »Ich will ihn nicht haben.«
    Kurze Zeit stritten sie sich, und jede versuchte, den Schein der anderen in die Tasche zu schieben. Dann meinte Vicky: »Das ist doch albern. Ich weiß, was wir machen. Hier ist ein Kiosk. Wir kaufen zwei Lose für die nächste Lotterie. Wir nehmen sie jetzt gleich... Lucy, an unserm ersten gemeinsamen Tag... Das muß uns doch Glück bringen! Ist das nicht aufregend?«
    Lucy hielt nicht viel von der Lotterie und sah auch nichts Aufregendes darin; aber wie immer willigte sie ein, um Vicky eine Freude zu machen. »Also gut«, sagte sie. »Für jeden ein Los?«
    »Ach nein, eins zusammen für uns beide. Dann können wir das Geld teilen, wenn wir gewinnen.«
    » Wenn... Sag mal, wie viele Lose hast du schon gekauft?«
    »Ein einziges. Du siehst, ich bin noch nicht lange hier.«
    Und du hattest keinen Dollar übrig! dachte Lucy. Um Vickys Optimismus etwas zu dämpfen, sagte sie: »Eins muß ich dir erzählen: Fünf Jahre lang habe ich jeden Monat ein Los gekauft, und ich habe nicht ein einziges Mal etwas gewonnen.«
    »Aber wir kaufen es doch zusammen !« In diesem Wort lag etwas Magisches. »In Australien habe ich immer in der Lotterie gespielt, solange mein Geld reichte. Ich hatte viel Spaß dabei.«
    »Und hast du einmal was gewonnen?«
    »Eigentlich nicht, aber die Möglichkeit war doch da. Ich dachte
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