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Das Teehaus im Grünen

Das Teehaus im Grünen

Titel: Das Teehaus im Grünen
Autoren: Mary Scott
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Vorwurf hin; er fragte nur: »Und was sehen Sie im Spiegel?«
    »Mein eigenes Gesicht. Ich wollte nämlich sehen... Ich hatte Angst...«
    »Was wollten Sie sehen? Wovor hatten Sie Angst?«
    Jetzt war der große Moment gekommen! Vicky holte tief Atem; sie blickte ihn schmachtend an und sagte in rührendem Ton: »Ich wollte nachschauen, ob mich das Unglück häßlich gemacht hat.« Schon verlor sie wieder den Mut; rasch plapperte sie weiter. »Lucy ist so hübsch, weil sie jetzt so glücklich ist. Gordon ist wieder auf getaucht, und nun wollen sie heiraten. Das Glück hat sie so verschönt, und ich dachte, mich hätte das Unglück vielleicht häßlich gemacht. Das möchte ich aber doch nicht sein!«
    Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, und sie schöpfte neuen Mut. Doch er sagte nur: »Sie kommen mir nicht gerade wie ein unglücklicher Mensch vor, eher wie das Gegenteil.«
    Jetzt oder nie, dachte Vicky. Fort mit der jüngferlichen Bescheidenheit! »Natürlich war ich unglücklich, seit Sie damals davonmarschierten, ehe ich noch etwas erklären konnte.«
    Das mußte ihn doch überzeugen! Ein anderer Mann würde jetzt bestimmt auf sie zukommen. Aber Seymour blieb wie angewurzelt stehen und antwortete nur: »Sie hatten ja schon alles gesagt, oder besser, man konnte alles aus Ihren Worten schließen.«
    Vicky fuhr auf. »Nun seien Sie doch nicht so selbstgerecht, während ich versuche...«
    »Was versuchen Sie?«
    Sie weinte beinahe vor Aufregung. »Sie sind so schlau — das kommt wahrscheinlich daher, daß Sie Rechtsanwalt sind. Sie stellen eine Menge Fragen und setzen mich dabei ins Unrecht. Ich wollte doch alles wiedergutmachen, und ich war so unglücklich, weil Sie sich so lange nicht blicken ließen... So, jetzt wissen Sie alles, nun können Sie aufhören mit Ihrem Kreuzverhör! Das Haus hätte ja abbrennen und wir in den Flammen umkommen können, ohne daß Sie es wußten!«
    Wieder mußte er lächeln. »Das wäre mir beim Vorbeifahren bestimmt aufgefallen... Warum sollte ich überhaupt kommen? Aus Ihren Worten hatte ich geschlossen... Sie hatten so getan...«
    »Nichts hatte ich getan. Sie meinen, ich hätte Ihnen etwas vorgetäuscht. Aber Sie ließen mir ja keine Zeit, Ihnen alles zu erklären. Übrigens: Wenn Sie so töricht sind zu glauben, ich wäre in Dan Ireland verliebt, hätte es doch keinen Sinn gehabt, Ihnen noch etwas erklären zu wollen.«
    »Aber Sie behaupteten, daß Ihnen die Sache sehr am Herzen läge. Sogar Tränen haben Sie vergossen!«
    »Ich weiß. Ich war auch nahe am Weinen. Wenn Sie nur ein bißchen Geduld gehabt hätten, hätte ich Ihnen alles erzählt. Aber wie soll man jemandem etwas erzählen, wenn man ihn nicht zu Gesicht bekommt.«
    »Später wurde mir klar, daß Sie nicht in Ireland verliebt sind. Aber ich war gekränkt, weil Sie mich zum Narren gehalten hatten, wie Sie es mit so vielen Leuten tun. Sie haben sich so aufgeführt, als ob Ihnen die Angelegenheit naheginge, denn Sie wußten, daß mich das dem jungen Kerl gegenüber milder stimmen würde.«
    »Es ging mir ja auch nahe, aber Nans wegen. Ich habe sie gern, und diese Sache schien ihr an die Nieren zu gehen. Nur ein Blinder konnte das nicht begreifen. Natürlich mochte ich Dan Ireland gut leiden. Er ist ein lustiger Kerl, und es hätte mir leid getan, wenn er ins Zuchthaus gekommen wäre, wo er mit niemandem seine Späße machen kann. Aber Sie — wie konnten Sie nur so verständnislos sein?«
    »Diese Tränen...«
    »Ich weiß. Ich habe mich auch geschämt, denn ich finde solche Mädchen, die auf diese Weise einen Mann bestricken wollen, schrecklich.«
    »Bestricken?«
    »Natürlich... Ach, warum sind Sie nur so schnell davongelaufen?«
    »Ich dachte, das wäre wieder mal so ein Trick von Ihnen. Sie würden anschließend gleich zu Lucy laufen, ihr alles berichten und kräftig über mich lachen. So haben Sie ja auch die alte Frau an der Nase herumgeführt mit Ihren Geschichten von dem Mehl und den Bienen und...«
    Sie seufzte. Warum mußte er bloß diese alten Sachen wieder ausgraben? Er war ein schwieriger Mann und würde es immer bleiben. Ihr fiel ein, daß schon Lucy das einmal festgestellt hatte. Sie hatte vollkommen recht damit gehabt. Das Leben an der Seite dieses stolzen und mißtrauischen Mannes würde nicht leicht sein. Aber das war ihr gleich; es war das Leben, nach dem sie sich sehnte. Gerade diesen Mann wollte sie nun einmal haben. Also vorwärts!
    Leise sagte sie: »Ich habe nicht gelacht. Ich habe sehr
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