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Das Tartarus-Orakel

Titel: Das Tartarus-Orakel
Autoren: Matthew Reilly
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Menschengestalt lag, die sich unter dem Schlussstein befand. Ihre Augen waren geschlossen. Sie wirkte ruhig, friedlich … und tat keinen Atemzug.
    »Oh, Lily …« West robbte auf den Ellbogen weiter, wollte unbedingt zu ihr.
    Er schob den Kopf neben ihren. Betrachtete ihr Gesicht, achtete auf jede Regung, irgendein Lebenszeichen.
    Nichts. Sie rührte sich nicht.
    Er brach regelrecht zusammen, wurde völlig schlaff und schloss gequält die Augen. »Oh, Lily. Es tut mit Leid. Es tut mir so Leid.«
    Er senkte den Kopf, und Tränen quollen ihm aus den Augenwinkeln, als er sagte: »Ich habe dich geliebt, Kleines.«
    Und dort, in dieser Aushöhlung, im goldenen Glanz des Schlusssteins, als er vor dem Körper des fröhlichen kleinen Mädchens lag, das er zehn Jahre lang behütet und aufgezogen hatte, weinte Jack West jr. hemmungslos.

    »Ich liebe dich auch, Daddy«, wisperte eine schwache Stimme.
    West fuhr hoch, riss die Augen auf und sah, dass Lily den Kopf zur Seite gewandt hatte und ihn anschaute. Ihre Augen waren wässrig, trüb.
    Aber sie war am Leben und lächelte ihn an.
    »Du lebst …«, sagte West verblüfft. »Du lebst!«
    Er schloss sie in die Arme und drückte sie an sich.
    »Aber wie …?«, fragte West.
    »Das erkläre ich dir später«, sagte sie. »Könnten wir bitte rausgehen.«
    »Na klar«, versetzte er. »Na klar.«

    Ein paar Minuten später gab Sky Monster volle Schubkraft, und die Halicarnassus stieg, von ihren acht mächtigen Retrostrahlern getrieben, senkrecht in den Himmel.
    Sobald sie hoch genug war, drehte sie sich mitten in der Luft und sackte dann mit der Nase voran durch. Sie raste kurz in Richtung Erdboden, bevor Sky Monster ihre normalen Triebwerke einsetzte und den kurzen Sturzflug nutzte, um sie auf Reisegeschwindigkeit zu bringen. Im letzten Moment fing er sie ab, stieg hoch über die Pyramiden und flog vom Plateau von Giseh weg.

    Die große Pyramide, deren Spitze von dem halb zerstörten Gerüst umgeben war und an deren Flanken die rauchenden und zertrümmerten amerikanischen Helikopter und Kräne lagen, fiel hinter ihnen zurück. Die ägyptische Regierung, die so entgegenkommend zu den Amerikanern gewesen war, musste den ganzen Schrott beseitigen.
    Die Spitze der Pyramide allerdings war wieder drei Meter niedriger, als sie hätte sein sollen.
    West und sein Team hatten den Schlussstein – den ganzen Schlussstein – mitgenommen.

    In der Kabine der Halicarnassus umringten West und die anderen Lily, drückten sie an sich, küssten sie und schlugen ihr auf die Schultern.
    Pooh Bear schloss sie in die Arme. »Gut gemacht, Kleine. Sehr gut!«
    »Danke, dass du meinetwegen zurückgekommen bist, Pooh Bear«, sagte sie.
    »Ich würde dich doch niemals im Stich lassen, Kleine«, erwiderte er.
    »Ich auch nicht«, sagte Stretch und trat vor.
    »Danke, Stretch. Weil du mich in den Gärten gerettet hast, weil du bei mir geblieben bist, als du abhauen konntest.«
    Stretch nickte Lily, aber auch den anderen schweigend zu, vor allem Pooh Bear. »Es kommt nicht oft vor«, sagte er, »aber ab und zu muss man sich in seinem Leben für eine Seite entscheiden. Man muss sich entscheiden, für wen man kämpfen will. Ich habe mich entschieden, für dich zu kämpfen, Lily. Es war eine schwere Entscheidung, aber ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sie richtig war.«
    »Sie war richtig«, sagte Pooh Bear und schlug Stretch auf die Schulter. »Du bist ein tüchtiger Mann, Israeli … ich meine, Stretch. Es wäre mir eine Ehre, wenn ich dich als meinen Freund bezeichnen könnte.«
    »Danke«, sagte Stretch lächelnd. »Danke, mein Freund. «

    Als das allgemeine Abklatschen vorüber war, wollte West unbedingt wissen, wie Lily überlebt hatte.
    »Ich bin willentlich reingegangen«, erwiderte sie lediglich.
    »Ich kapier’s nicht«, sagte West.
    Lily grinste, war sichtlich stolz auf sich. »Es war die Inschrift, die in die Wand der Kammer im Innern des Vulkans gemeißelt war, in der ich geboren wurde. Du hast sie eines Tages gelesen. Sie lautete:

    ›Begibst du dich willentlich in die Arme von Anubis,
    dann wirst du über die Ankunft von Ra hinaus leben.
    Begibst du dich gegen deinen Willen in seine Arme,
    dann wird dein Volk eine Äon Jahre herrschen,
    doch du wirst nicht mehr leben. Begibst du dich nicht in
    seine Arme, wird die Welt nicht mehr sein.‹

    Genau wie die alten Ägypter dachten auch wir, es bezöge sich auf den Gott Horus, der sich mit dem Tod abfindet und dafür mit einer Art
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