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Das Tartarus-Orakel

Titel: Das Tartarus-Orakel
Autoren: Matthew Reilly
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etwas in den Klauen … etwas Rundes, Weißes, von dem Blut tropfte.
    Es war Judahs linkes Auge mitsamt dem Sehnerv.
    Horus hatte es aus der Höhle gerissen.
    Judah sank in die Knie und schluchzte: »Mein Auge! Mein Auge!«
    Gleichzeitig warf er mit dem heilen Auge einen Blick auf den Schlussstein und schrie noch qualvoller auf. »O Gott, nein …!«
    West fuhr herum – und sah das Unfassbare, das dort vor sich ging.
    Denn neben dem Schlussstein stand jetzt Mustapha Zaid, der Lily in seine Gewalt gebracht und mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen hatte, in den engen Gang zu kriechen, nachdem er genau ein Deben von dem feinkörnigen Sand aus seinem schwarzen Jadekästchen in den Tiegel unter dem Schlussstein gekippt hatte. Und in diesem Moment las er aus Judahs Notizbuch vor und vollzog das Ritual der Macht.

    Zaid war es gewesen, der kurz zuvor ungesehen aus der Tür über der Tragfläche der Halicarnassus gekrochen war.
    Er war es, der West und Pooh Bear nach dem Gefecht in den Hängenden Gärten zu dem Treffpunkt mit Sky Monster verfolgt hatte, durch den Fahrwerksschacht an Bord der Maschine gekrochen und sich dort versteckt hatte, da er völlig zu Recht annahm, dass West hierher fliegen und die Amerikaner ein letztes Mal stellen würde.
    Sobald er an Bord war, hatte er sich zu seiner alten Truhe geschlichen und das kostbare schwarze Jadekästchen herausgeholt, das mit dem feinkörnigen Sand gefüllt war, den er so lange in seinem Höhlenversteck in Saudi-Arabien aufbewahrt hatte – Sand, der nur auf der arabischen Halbinsel vorkam, Sand, der der islamischen Welt auf tausend Jahre unangefochtene Macht bescheren würde.
    Er war es gewesen, der Wizard hier, auf der Plattform, von hinten niedergeschlagen hatte. Dabei hatte er Alexander entdeckt, der gerade über die Kante kletterte, und wollte ihn ergreifen, um das Ritual zu vollziehen, als Lily plötzlich gesagt hatte: »Nein! Lass Alexander sein! Nimm mich stattdessen!«
    Und das hatte Zaid getan.

    Jetzt musste er nur noch die acht Zeilen sprechen.
    Er brauchte 15 Sekunden.
    Und dort, auf der Spitze der großen Pyramide von Giseh, im blendenden Strahl des Tartarus-Sonnenflecks, im tosenden Wind und der sengenden Hitze, zum Entsetzen aller, die ohnmächtig zusahen, stieß Mustapha Zaid mit hallender Stimme, als wollte er das Böse an sich beschwören, die letzten Worte vom Ritual der Macht aus.

    Diesmal hatte West nicht den geringsten Zweifel, dass das Ritual richtig vollzogen worden war.
    Es klang, als ginge die Welt unter.
    Gleißendes Licht.
    Grollender Donner.
    Die Erde erbebte.
    Danach kam etwas, neben dem das großartigste Feuerwerk wie ein bloßes Flämmchen wirkte.
    Der gleißend weiße Lichtstrahl, der von der Sonne herab stach, fing an zu pulsieren, als verdoppelte er seine Kraft.
    Ein ungeheurer Donnerschlag ertönte und ließ Wests Ohren dröhnen, dann rauschte ein weiß glühender Ball aus funkelnder Energie vom Himmel, schoss den ganzen Sonnenstrahl entlang und stieß in den Schlussstein …
    … wo er von dessen Kristallen aufgesogen wurde.
    Der Energieball jagte durch sämtliche sieben Kristalle im Inneren des Schlusssteins, und jeder einzelne bündelte ihn, so dass er schmaler und intensiver wurde – ein glühender Faden aus gleißendem Licht.
    Und dann stieß dieser dünne Strahl auf Lilys Herz.
    Das kleine Mädchen bäumte sich auf, als es von dem Lichtstrahl getroffen wurde. Er schien ihre Brust jedoch zu durchdringen und in dem Tiegel mit dem Sand einzuschlagen. Mit einem blendenden Blitz wurde der Sand augenblicklich zu Asche verwandelt.

    Von außen gesehen, erstrahlte der Schlussstein in blendendem Glanz, als er den Energiestoß aufnahm und der weiß glühende Ball mit einem markerschütternden Wong in ihm verschwand. Dann war alles vorüber, und Stille kehrte ein, abgesehen von dem tiefen Summen, das aus dem Schlussstein drang, und dem Dröhnen der Halicarnassus.
    West starrte unverwandt auf den Schlussstein und fragte sich, wie es Lily ergangen war. Konnte sie diesen Energieschub überleben? Oder hatte Zaid Recht gehabt, als er gesagt hatte, sie würde bei der Zeremonie sterben.

    Zaid stand neben dem Schlussstein, die Arme im Triumph erhoben, das Gesicht zum Himmel gewandt. »Tausend Jahre! Tausend Jahre lang wird der Islam herrschen!«
    Mit funkelnden Augen, die Arme weit ausgebreitet, drehte er sich zu West um.
    »Das Ritual ist vollzogen, Ungläubiger! Das heißt, dass mein Volk unbezwingbar ist! Unüberwindlich! Und du – du –
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