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Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Titel: Das Tal Bd. 7 - Die Jagd
Autoren: Krystyna Kuhn
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und selbst Katie, die von uns allen am besten mit Tim befreundet ist, ging bald darauf ins Bett.
    Diese Selbstmordserie – und es ist eine Serie, das kann nun keiner mehr verleugnen – hat im Grunde mit Tom angefangen. Er hat sich in die Luft gesprengt. Ich rede nicht darüber, aber ich vermisse ihn. Dann Susan, Jenn, Taylor. Richard Harper bildet den furchtbaren Höhepunkt.
    Ich nehme einen Schluck Bier. Tim und ich schweigen und starren in die Flammen. Früher … früher, das heißt in Little Rock, haben Ronnie und ich viele Abende am See verbracht. Lagerfeuer waren dort verboten, weshalb wir es immer sozusagen totgepinkelt haben, bevor wir aufgebrochen sind. Der beißende Qualm, der nach oben in den Himmel steigt, kratzt in meiner Kehle.
    Schließlich steht Tim schwerfällig auf. »Ich muss los«, sagt er.
    Ich nicke.
    »Tust du mir noch einen Gefallen?«, fragt er. »Kommst du noch mit hoch zum Parkplatz? Ich hab im Wagen noch Karabiner von Katie, ich hab vergessen, sie ihr zu geben.«
    Ich nicke. Es ist spät, aber ich fühle mich nicht danach, jetzt allein in meinem Zimmer zu sein.
    Während ich neben Tim Richtung Parkplatz gehe, muss ich mich immer wieder räuspern. Morgen werde ich vermutlich heiser sein. Andererseits hab ich zurzeit sowieso nicht viel zu sagen. Und Tim offenbar auch nicht. Sein Schweigen macht mich nervös. Er soll mir einfach die verdammten Karabiner aus seinem Auto geben und verschwinden. Außerdem muss ich nach dem Bier dringend pissen.
    Doch am Parkplatz angekommen, der so gut wie leer ist, stoppt er nicht, nein, er geht einfach weiter.
    »Wo willst du hin?«, frage ich.
    »Ich habe mein Auto an der Straße abgestellt. Muss ja nicht jeder wissen, dass ich hier oben bin.«
    »Wenn dich Debbie heute gesehen hat, steht es morgen im Grace Chronicle . Sie veröffentlicht jeden Pups, den jemand gelassen hat, auf der Internetseite. Newsticker … piep, piep … Mr Tim Yellad hat uns gestern mit seiner Anwesenheit beehrt und hatte interessante Neuigkeiten im Gepäck.«
    Ha, ha – o Mann, ich bin ein echter Witzbold.
    Er könnte jetzt wirklich etwas dazu sagen. Aber nein, er macht erneut auf großes Schweigen. Gott sei Dank knirscht wenigstens der Kies unter unseren Schuhen – ich sollte mir eine Geräuschmaschine zulegen, weil – Stille kann ich nur schwer aushalten.
    Außerdem ist es inzwischen verdammt dunkel geworden. Und das liegt nicht nur daran, dass die Straßenlaternen kaum Licht spenden, weshalb die Szenerie ziemlich schaurig aussieht – mit dem Wald, den Steinblöcken und so.
    Andererseits – ins Bett will ich immer noch nicht. Zu viel Stoff zum Nachdenken für heute Nacht. Womöglich jagen dann wieder irgendwelche abgedrehten Zeitreise-Storys durch mein Gehirn.
    Ich stolpere über einen Stein, als Tim unter einer Straßenlaterne stoppt. Das Licht flackert und irgendwie erscheint mir die Narbe auf Tims linker Wange dadurch größer und gezackter als sonst. Vielleicht liegt es aber auch an seinem Gesichtsausdruck. Seine Augen sind ganz schmal und die Furche auf seiner Stirn nimmt die Ausmaße eines Canyons an.
    »Was wirst du tun?«, fragt er.
    Ich runzle die Stirn. »Jetzt? Morgen? Nächste Woche oder Ende des Jahrtausends?«
    »Wenn sie das Grace wirklich schließen?«
    »Was ja im Moment nur du behauptest.«
    »Gehst du zurück nach Little Rock?«
    Habe ich ihm erzählt, woher ich komme? Ich kann mich nicht erinnern, je ein richtiges Gespräch mit ihm geführt zu haben. Er ist jemand, der ab und zu hier oben auftaucht, den Geheimnisvollen spielt und wieder verschwindet. Und der es irgendwie geschafft hat, damals, als wir zum Ghost unterwegs waren, meiner Kamera zu entgehen.
    »Weiß nicht.«
    Inzwischen sind wir an der Straße angelangt. Tim deutet geradeaus. »Da vorne steht mein Wagen.«
    Ich kann nichts erkennen, weil die Dunkelheit wie eine Mauer ist.
    Tim dreht sich abrupt zu mir um. »Pass auf«, sagt er und seine Stimme klingt plötzlich anders. Drängender. »Der Grund, warum ich dich gefragt habe, ob du noch zum Auto mitkommst, ist nicht Katies Kletterausrüstung. Ich wollte mit dir alleine reden.«
    Mit mir? Seit wann bin ich so etwas wie sein Vertrauter? Und umgekehrt vertraue ich ihm sowieso nicht. Er hat sich schließlich am Anfang als Paul Forster ausgegeben. Ein Name, der mir immer noch Übelkeit verursacht. Katie hat erzählt, am Tag meines Zusammenbruchs wäre ich völlig fixiert auf Paul gewesen.
    Es klickt neben mir. Tim hat den automatischen Türöffner
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