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Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Titel: Das Tal Bd. 7 - Die Jagd
Autoren: Krystyna Kuhn
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gefunden.«
    Neben mir nehme ich eine schnelle Bewegung wahr. Rose, die aufspringt und davonläuft. Sie schafft es gerade noch, sich einige Meter zu entfernen, als die Würgegeräusche eindeutig zu erkennen geben: Sie muss sich übergeben. David will ihr folgen, aber Julia hält ihn zurück. »Ich gehe schon.«
    »Er hat sich erhängt.« Tim sagt es einfach so, aber er schaut immer noch zu Boden und genau das verrät mir, dass es die Wahrheit ist.
    Das Gelächter der anderen Gruppe dringt zu uns herüber.
    »Erhängt?«, schreit Debbie. »Wann?«
    »Heute Morgen.«
    Manchmal denke ich, Selbstmord hat eine gewisse Logik. Das Armutszeugnis gebührt nicht demjenigen, der sich den Laufpass gibt, sondern der Welt, die ihn in die Enge treibt. Und ab und zu kann man es einem ansehen, dass er die Schnauze voll hat von all dem Mist, der so rundum passiert. Aber der Superintendent gehörte definitiv nicht dazu.
    Und: Er ist nicht der Erste. Seit Monaten, genauer gesagt, seit der Sache mit Tom, hält eine Selbstmordserie das Tal in Atem. Nur deswegen hat Robert auch so ruhig gefragt, wen es diesmal getroffen hat.
    Den Anfang hatte Susan Hill gemacht, die Tochter der Dozentin, die Tom erschossen hatte. Sie hatte sich an der Brücke erhängt, die hinüber zur Sperrzone führt. Die Nächste, im Abstand von nur zwanzig Tagen, war Jenn gewesen, eine Studentin aus unserem Jahrgang. Auch sie war beim Amoklauf dabei gewesen. Und schließlich kurz vor Weihnachten Taylor, ein Footballstar des Colleges, ein Typ, den normalerweise nichts aus der Bahn werfen konnte.
    Und jetzt auch noch Richard Harper, der leitende Ermittler.
    »Aber wie kann das sein? Harper kann man nicht mit Susan, Jenn oder Taylor vergleichen«, sagt jetzt auch Katie. »Die waren traumatisiert. Ich meine, Susan hat gesehen, wie Tom ihre Mutter einfach abgeknallt hat. Und Jenn … so was verkraftet man nun mal nicht so leicht. Harper dagegen … er ist für so etwas ausgebildet. Das mit Tom kann nicht der Grund sein.«
    Die Trauer um Tom, ich kann sie nicht abstellen, egal für welch ein Monster die anderen ihn halten. Sie hat sich in meinem Körper fest eingenistet. Nur zeigen kann ich sie nicht. Ich muss sie für mich behalten.
    Ich starre ins Feuer, als sein Gesicht darin erscheint. Er lächelt. Lächelt. Lächelt immer, wenn ich an ihn denke. Was ist mit ihm passiert? Wie hat es dazu kommen können, dass er ausgerastet ist? Ich verstehe es nicht.
    Seit Ronnie war er der beste Freund, den ich je hatte. Und ich habe ihn geliebt. Wirklich geliebt. Sind wir nicht doch so etwas wie Seelenverwandte gewesen? Oder habe ich mich da getäuscht?
    »Ausgebildet oder nicht. Die Sache mit dem Amoklauf hat Harper offenbar den Rest gegeben. Es hat eine interne Untersuchung gegeben. Man hat ihn verantwortlich gemacht.«
    »Nein.« Robert erhebt sich und blickt in die Runde. »Das ist nicht der Grund für seinen Tod.«
    »Robert hat recht«, mischt Katie sich wieder ein. »Das ist Schwachsinn. Harper war einfach nicht der Typ dazu.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragt Chris. »Klassischer Fall von einem Beamten, der sich zu sehr reingehängt hat. Er hat sich Vorwürfe gemacht und sich die Schuld gegeben. Außerdem …«
    Tim schüttelt den Kopf. »Da ist noch etwas. Das Seil, das Harper benutzt hat – es ist das gleiche wie bei Susan Hill und Jenn. Ein rotes Seil, vier Meter lang … alles identisch. Die Enden passen zusammen.«
    Tim geht in die Knie, greift nach einem Ast und wirft ihn ins Feuer. Funken fliegen durch die Luft. Ich lasse mich zurückfallen und starre ihnen nach. Winzige Leuchtpunkte, die verglühen, um als schwarze Ascheflocken zurückkommen.
    Das alles ist total irre.
    Harper? Selbstmord, weil er schuld an dem Amoklauf war? Dass ich nicht lache. Wenn hier einer schuldig ist, dann bin ich es. Ich habe einfach nicht kapiert, was mit Tom los war. Ich, der ihn als Einziger hätte aufhalten können.
    Und vielleicht – schießt ein wahnsinniger Gedanke in mir hoch, vielleicht ist es ja Tom auch selbst, der noch nicht genug hat. Der weiter Amok läuft, sie in den Tod treibt, so lange, bis er alle erwischt hat, die dabei waren.
    »Ich halte das nicht länger aus.«
    Ich habe nicht bemerkt, dass Rose wieder hier ist. Sie fährt mit der Hand durch ihr kinnlanges Haar, das im Feuer rot leuchtet. Sie schiebt sich dichter an David, der den Arm um sie schlingt. Das perfekte Paar, denke ich und spüre, wie ich die beiden beneide.
    »Wir können das nicht einfach geschehen
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