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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M.
Autoren: Catherine Millet
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leert sich. Eine Belagerung, ja, aber der Leere. Mir ist fast kalt, als würde alles Blut aus mir herausfließen, es schießt nach unten. Ein Ventil ist aufgegangen, aus dem ich austreten lasse, was aus meinem Körper eine kompakte Masse machte. Und ich höre das Geräusch dieser Austreibung. Bei jeder Wiederaufnahme des Glieds in diese weiche Tasche, die ich geworden bin, gibt die Luft, die es vertreibt, einen klaren Laut von sich. Ich schreie schon lange nicht mehr – seitdem ich das Baby der Nachbarn aufgeweckt habe und die Eltern im Protest an die Wand trommelten. Der Freund, bei dem ich damals war, hat mich einige Tage später missmutig angerufen und gemeint: »Ich habe mich bei einem befreundeten Arzt erkundigt – es ist ein Zeichen von Hysterie, wenn man so schreit.« Diese Angewohnheit habe ich abgelegt, ohne dass ich mir dessen bewusst geworden wäre. Danach erinnerten mich die Schreie anderer Frauen oft an die eher gezielten als spontanen Schreie der Voltigeure, die in der Manege an mir vorbeireiten. Ich furze nur noch. Der erste Furz überrascht mich in meinem Dämmerzustand, andere folgen. Ich wundere mich über so viele Ressourcen.
    Hätte der befreundete Arzt seine Diagnose korrigiert oder revidiert, wenn er gewusst hätte, dass über einen längeren Zeitraum meine Partner nach der Liebe einen Körper auf dem Tisch, auf dem Bett oder auf dem Boden liegen ließen, der so starr war wie eine Leiche? Zum Glück war das nicht immer so; soweit ich mich erinnere, war es so, wenn die Lust übersteigert war. Ich bekam einen Anfall von Starre. Angst hatte ich nie. Es ging schnell vorbei. Das gleiche Symptom trat einmal bei einer Abtreibung auf; der Gynäkologe sagte, ich hätte Kalziummangel. Es war auch nicht schmerzhaft. Es war wie der Beweis, dass etwas Unfassbares in meinem Körper geschehen war, dass mein Körper nicht mehr mir gehörte. Die Starre zögerte die Lethargie hinaus. Ich fragte mich ernsthaft, ob zu diesem Mineralienmangel nicht noch etwas Unbewusstes hinzukam. Hielt ich meinen Körper vor oder nach dem Orgasmus zurück? Um ihn zu verhindern oder um ihn zu verlängern? Das Symptom verschwand wieder, und ich vergaß, eine Antwort auf diese Frage zu suchen. Darauf folgte dann eine umgekehrte Reaktion: Anstatt mich am Rand des Abgrunds zusammenzukrampfen, versinke ich in Tränen. Ich löse die Spannung, indem ich offen heraus und laut schluchze. Ich heule, wie man eigentlich als erwachsener Mensch nie heult, das Herz schwer vom Weltschmerz. Wenn die Spannung außergewöhnlich stark war, habe ich zweifellos einen längeren Weg als andere, um in Ekstase zu gelangen, und dann schluchze ich wie ein erschöpfter Sportler, der seine erste Medaille bekommt. Einige Partner waren erschrocken, sie dachten, sie hätten mir wehgetan. Doch meine Tränen sind Tränen verzweifelter Freude. Alles wurde losgelassen, aber dieses alles war nur das: Der Körper, den ich hingab, war nur ein Windhauch, und der, den ich liebte, ist immer noch Lichtjahre entfernt. Wie soll man in so einer Not seiner Verzweiflung nicht freien Lauf lassen?
    Nicht die heftigen Stöße der Männer wühlen mich so tief auf. Man muss sie dämpfen, und wenn ich ganz zermalmt auf der Matratze liege, fühle ich mich bleischwer. Wenn ich lange geliebt wurde, ziehe ich ein paar ganz leichte Bewegungen vor, die mir im Gegenteil den Eindruck vermitteln, als würde ich nichts wiegen. Einmal wurde ich göttlich gefickt, ich erinnere mich an die kurze Bewegung eines Mannes, der viel größer war als ich; er schob seine Hand unter meinen Rücken und tätschelte mein Kreuz. Seine Zärtlichkeit war so gezielt, dass sie maschinell war, ein Gerät zum Ausklopfen von Staub macht die gleichen Bewegungen. Ein paar Klapse hoben mich an wie eine Bö ein Blatt Papier. Dadurch schob sich meine Möse wieder ein paar Millimeter weiter über sein Glied. Das war genug.
Bilder
    Ich bin mittelgroß, mein Körper ist gelenkig, man nimmt mich, und ich drehe mich in alle Richtungen. Am meisten erstaunt mich diese Beweglichkeit, wenn ich sie auf einem Video sehe. Normalerweise fühle ich mich so unbeholfen, so linkisch (ich habe praktisch seit meiner Jugend nicht mehr getanzt und ich kann auch nicht mehr als drei Schwimmzüge im Meer machen), dass ich dieses harmlose Reptil nicht mehr wieder erkenne, das sich streckt, wieder zusammenzieht, das schnell und bereitwillig auf alle Bitten reagiert. Ich liege auf der Seite wie eine Odaliske, die Beine leicht angezogen, um das
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