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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M.
Autoren: Catherine Millet
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absichtlich noch verstärke, indem ich mit der Zunge ein wenig mehr drücke.
    Auf die gleiche Weise ertrage ich auch alle Unannehmlichkeiten des Koitus, die Ausgefallenheiten des einen oder anderen sind für mich nur kleine körperliche Beschwerden. Mein Körper ist unabhängig von psychischen Reaktionen. Körper und dazugehöriger Geist leben nicht in derselben Zeit, ihre Reaktionen auf dieselben äußeren Stimuli können zeitversetzt sein. So lernt man ohne zu mucksen eine neue Dramaturgie oder man heult im Gegenteil weiter, während man doch in vollem Bewusstsein zur Kenntnis genommen hat, dass alles getan wurde, um einen zu trösten. Wenn ich innerlich das Fließband der Lust in Bewegung setzte, kann der Körper ruhig ein paar unangenehme Dinge erfahren, ohne dass das Band sich sperrt. Die Unlust kommt erst nach dem Akt zu Bewusstsein, nachdem der Höhepunkt erreicht wurde, und danach ist es völlig egal, ich vergesse sie umso schneller, als sie mir nicht in Erinnerung gerufen wird. Wie soll ich sonst erklären, dass mir jahrelang bestimmte Männer bestimmte Unannehmlichkeiten bereiteten, ohne dass ich mich beklagt, ohne dass ich es vermieden hätte? Ich mag nicht nass sein, außer unter der Dusche, aber ich nahm oft und regelmäßig den triefenden Schweiß eines Mannes auf. Ich habe noch nie jemanden so stark schwitzen sehen. Die Tropfen fielen so direkt auf mich, dass ich den Aufprall eines jeden spürte. Ihn selbst schien es nicht zu stören, dass ihm so heiß war, während es mir auf der nassen Brust eiskalt wurde. Vielleicht glich ich diese Unlust aus, indem ich dem Schmatzen seiner nassen Schenkel an meinen Beinen lauschte, solche Geräusche stimulierten mich immer. Ich hätte ihn von Zeit zu Zeit freundlich bitten können, sich den Schweiß abzuwischen, aber das tat ich nicht. Ich unternahm auch nie etwas gegen einen Ausschlag, den ich bekam, wenn sich eine bestimmte Backe an der meinen rieb. Es war ein chronisches Leiden, und ich hätte eine Salbe auftragen können vor den Treffen mit dem Besitzer dieser Backe, der dennoch immer sorgfältig rasiert war, aber nein, immer verließ ich ihn mit einer brennenden Gesichtshälfte, und es dauerte Stunden, bis die Röte verschwand. Es ist trotz dieser Kluft zwischen Körper und Geist durchaus möglich, dass neben der Empfindlichkeit meiner Haut auch Schuldgefühle dazu beitrugen, dass ich rot wurde, weil ich diesen Mann heimlich traf. In solchen Momenten holt der Geist den Körper ungewollt wieder ein.
Die verschiedenen Ausdrucksformen der Lust
    Über die Unannehmlichkeiten zu schreiben ist umso leichter, als sie einem im Nachhinein viel größer erscheinen und man sich deshalb besser an sie erinnert. Auch wenn sie mir nicht gleich zu Bewusstsein kommen, so hinterlassen sie doch Spuren. Die Einlagen mit den Ohrfeigen dauerten nicht lange, und das Planschen im Schweiß machte gewiss nicht das Wesentliche meiner Beziehung zu diesem Mann aus, trotzdem musste ich währenddessen aktiv und passiv zugleich warten (ich beobachte). Von der Lust, der höchsten Lust zu berichten ist besonders heikel. Wird sie denn nicht gemeinhin einem Austreten aus sich selbst und der Welt und daher auch aus der Zeit gleichgesetzt? Und gibt es nicht die zusätzliche verwirrende Schwierigkeit, etwas identifizieren und wieder erkennen zu wollen, für das man noch keine oder nur eine unzulängliche Beschreibung hat?
    Auf den vorhergehenden Seiten sprach ich über meine starke Erregung beim ersten Körperkontakt, ich sprach auch über die Entdeckung eines lang anhaltenden Orgasmus mit einem Vibrator. Schließlich versuchte ich auch recht und schlecht die Erregung am Scheideneingang zu beschreiben, der hart wird wie ein Metallband, wenn die Erregung ihren Höhepunkt erreicht hat. Dies sind Feststellungen, die ich ziemlich spät gemacht hatte. Einen großen Teil meines Lebens vögelte ich immer mit der gleichen, unterschiedslosen Lust. Zunächst muss ich einräumen, dass für mich, die ich viele Partner hatte, kein Orgasmus sicherer ist als der, den ich mir alleine mache. Ich kann das Aufsteigen der Lust auf eine Viertelsekunde genau bestimmen, was ich nicht kann, wenn ich auf die Entwicklung der Lust beim anderen Rücksicht nehmen muss und wenn ich nicht von meinen eigenen, sondern von seinen Bewegungen abhängig bin. Ich mache nur eine Geschichte aus: Nehmen wir an, ich sei eine Pornodarstellerin, die aus einem Dutzend Partner wählen muss, die nackt in einer Reihe stehen. In meinen Fantasien
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