Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz
Autoren: Claudia Puhlfürst
Vom Netzwerk:
sich die »Information« verbergen konnte, die der Briefschreiber der Tagespresse angekündigt hatte. Zwei weitere Fenster folgten jeweils nach sechs Stufen, dann öffnete sich ein Durchgang, der von einer Metalltür verschlossen war. Wahrscheinlich gelangte man von hier aus in die erste Etage. Patrick drückte vorsichtig die Klinke herab, es rührte sich jedoch nichts. Im Gegensatz zur Eingangstür war diese hier verschlossen. Die Abfolge wiederholte sich zur nächsten Etage: drei schmale Fenster, auf die eine verschlossene Tür folgte. Danach endete das Treppenhaus. Über ihm wölbte sich die hölzerne Dachkonstruktion, ein runder Hut aus schwärzlichen Balken. Noch einmal ließ Patrick seinen Blick rundherum schweifen. Hier war absolut nichts. Er betastete sein Handy, beschloss dann aber, es in der Tasche zu lassen und Hubert noch nicht anzurufen. Zuerst wollte er noch den unterirdischen Bereich des Turms erforschen. Am obersten Fenster blieb Patrick stehen. Diese Scheibe war nicht so schmutzig wie die anderen. Jemand schien sie erst vor Kurzem grob gesäubert zu haben.
    Von hier aus konnte man den östlichen Teil des Geländes gut überblicken. Hinter dem Betonweg drängten sich Büsche und wildwachsende Bäume und bildeten ein unzugänglich erscheinendes Dickicht. Wenn man sich anstrengte, konnte man sogar den Durchgang am Zaun, durch den er gekrochen war, erahnen. Patrick wandte sich ab, um weiterzugehen, als ein seitlich durchs Bild huschender dunkler Schatten ihn innehalten ließ. Fast hätte er aufgeschrien. Dann schalt er sich einen Narren. Das war doch hier kein Horrorfilm, in dem ein fleischfressendes Monster auf den naiven Protagonisten lauerte. Und doch konnte er ein Frösteln nicht unterdrücken. Hastig drehte er sich wieder zum Fenster, neigte das Gesicht bis dicht vor das Glas und prüfte die Umgebung. Außer einer Krähe, die auf den Zweigen einer Birke auf und nieder wippte, fand er nichts, was sich bewegte. Entweder hatten seine überreizten Nerven ihm etwas vorgegaukelt, oder das Tier, welches dort drüben entlanggerannt war, hatte sich aus dem Staub gemacht.
    Patrick schüttelte den Kopf. Wenn er weiter so herumtrödelte, wäre er heute Nachmittag noch hier. Mit einem nervösen Kichern setzte er seinen Abstieg fort. Im Eingangsbereich angekommen, hielt er an und schaute nach draußen. Ein eisiger Wind fegte Blätter zur Tür herein. Es schien, als sei die Temperatur in der Zeit, in der er hier war, um mehrere Grad gefallen. Mit langsamen Schritten näherte Patrick sich der Biegung, von der aus die Stufen hinabführten. Er würde jetzt schnell noch unten nachsehen und sich dann zu den anderen beiden Punkten begeben, die auf dem Plan eingezeichnet waren. Wenn er recht hatte, befanden sich diese unter freiem Himmel und würden vielleicht ihre Geheimnisse eher preisgeben als dieser Spukturm hier.
    Mit jeder Stufe wurde es um ihn herum finsterer. Patrick stolperte und unterdrückte ein Seufzen. Jetzt musste er den Handlauf doch benutzen. Widerwillig glitten die Finger über das glatte Holz. Wie gut, dass seine Hände durch den Stoff der Handschuhe geschützt waren. Mit tastenden Schritten stieg er abwärts und überlegte bei jeder Stufe, ob es sinnvoll war weiterzugehen. Wenn er richtig mitgezählt hatte und der Aufbau dem oberen Teil glich, musste er sich jetzt wieder an einem Durchgang befinden, der nach innen führte.
    Oben knirschte es leise, und Patrick erstarrte mitten in der Bewegung. Ein dumpfer Laut ließ ihn zusammenzucken. Jetzt war es völlig finster. In seiner Einbildung verwandelte sich das schabende Geräusch über seinem Kopf in Schritte. Hastig nestelte er seine Finger aus dem Handschuh und zog das Handy aus der Tasche. Auf einen Tastendruck hin erwachte es zum Leben. Gleichzeitig verstummten auch die Geräusche. Wahrscheinlich hatte der Wind die Eingangstür zugeworfen, und die anderen Geräusche waren von dem hereingewehten Laub verursacht worden. Dass das Rascheln erst nach dem Poltern hörbar gewesen war, fiel Patrick erst viel später wieder ein, lange nach der grausigen Entdeckung, die ihm noch bevorstand. In jenen Augenblicken im Kellerbereich des verfallenen Gemäuers beruhigte ihn die sachliche Erklärung.
    Er klickte auf die Taschenlampen-App, richtete das Licht auf seine Füße, betrachtete den Boden und schwenkte dann langsam nach oben. Die Stufen in den Untergrund endeten hier. Und genau wie er es angenommen hatte, befand sich links eine Eisentür. Die behandschuhte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher