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Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz
Autoren: Claudia Puhlfürst
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ist ja auch noch da. Wenn er mit seinem Studium fertig ist – und das wird bald sein –, wird er seinen Prozess neu aufrollen. Er ist der klügste von all meinen Zöglingen, und ich bin sicher, dass er es schaffen wird freizukommen. Und dann wird er seine Pflichten erfüllen.
    Es ist noch nicht vorbei.

Epilog
    Das Licht der Kerzen spiegelte sich in den roten Glaskugeln wider. Das Wohnzimmer war überheizt, feiner grauer Nebel waberte durch die Luft. Sie hatten den alten handgeschnitzten Förster im Verlauf des Nachmittags mit mindestens zehn Räucherkerzchen bestückt, jeder drei Stück Stollen gegessen und sich dann gegenseitig die Geschenke überreicht. Lara prostete ihrer Mutter zu, die trotz der Hitze im Raum ihre Füße jetzt seit einer Stunde in dem beheizbaren Fußwärmer hatte, und nahm einen großen Schluck. Der Sekt kitzelte ihren Gaumen und prickelte dann kalt die Kehle hinunter. Vater legte die CD mit den Kantaten vier bis sechs des Weihnachtsoratoriums ein, kehrte in seine Sofaecke zurück und brummte behaglich. Alles war wie jedes Jahr. Die Welt konnte so ein friedlicher Ort sein, gäbe es nicht diese Frank Studers, André Manns oder Agnes Frenchs.
    Sie dachte an Mark. Die Familie war über die Feiertage kurzerhand nach Dänemark in ein Ferienhaus gefahren. Dort, so hatte er Lara bei ihrem letzten Telefonat am Mittwoch gesagt, hofften sie, Abstand zu gewinnen; wünschten sich nichts sehnlicher, als unbehelligt zu sein, eine unbekannte Familie in einem fremden Land.
    Vergessen würden sie das Ganze, wenn überhaupt, nicht so schnell. Sie wünschte es Mark, dass Anna und er wieder zueinanderfinden mochten, aber die Gefahr des Scheiterns war durchaus gegeben. Annas krankhafte Eifersucht würde wiederkommen. Zurzeit bemühte sie sich, gewiss auch um der Kinder willen, aber konnte das der alleinige Kitt für eine Ehe sein?
    Andererseits konnte sie den beiden in der Sache auch nicht helfen. Lara trank noch etwas Sekt.
    Auch bei der Tagespresse hatte es laut Jos Berichten im Nachhinein gewaltig im Gebälk gekracht. Die Kripo hatte nämlich herausgefunden, dass Tom beim vierten Herz vor seinem Anruf bei der Polizei zuerst einmal Patrick zum Fundort geschickt hatte, weil der Praktikant sofort nach dem Fund des Thermobehälters bei den Beamten – anonym, wie er glaubte – angerufen und sie davon informiert hatte. Es hatte einige Zeit gedauert, bis die Kripo herausgefunden hatte, wem die Nummer gehörte, aber irgendwann war es so weit gewesen, und nachdem sie auf ihn gekommen waren, hatte Patrick aus Angst vor Strafe gleich alles ausgeplaudert; auch, dass er und Hubert auch bei den ersten Funden ein zweites Mal auf dem Fabrikgelände gewesen waren, ehe die Kripo dort eintraf. Tom hatte abgestritten, etwas damit zu tun gehabt zu haben, aber die Seifenblase war recht schnell geplatzt, und jetzt harrte der Redaktionsleiter der disziplinarischen Maßnahmen, die ihm angekündigt worden waren.
    Laras Handy summte, und sie wusste schon vor dem Blick auf das Display, wer ihr die SMS geschickt hatte.
    »bis morgen! bin furchtbar aufgeregt xxx Jo«.
    In Laras Kopf schwebten weiße Wattewölkchen herum. Mal schauen, was ihre Eltern von Jo hielten. Für den ersten Feiertag war er zum Gänsebraten eingeladen. Mutter hatte versucht, ihre Aufregung zu verbergen, aber es war nicht zu übersehen gewesen, dass sie überglücklich gewesen war.
    Lara indes hatte immer noch keine Ahnung, ob Jo der Richtige war, aber wenn sie es nicht versuchte, würde sie es nie herausfinden.
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