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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3
Autoren: Don Winslow
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Büschel Beifuß heran, das er sich ausgesucht hatte, legte sich hin, blinzelte durch das Zielfernrohr.
    Wunderbar. Der Pferch wurde scharf. Ein problemloser zweihundert-Meter-Schuß. Er achtete darauf, daß das Gehäuse fest aufsaß und wartete darauf, daß die Show begann. Shoshoko spürte die Sonne auf dem Rücken. Er war dankbar und fühlte sich geehrt, daß der Schöpfer hier sein würde, um seinen Tod zu sehen. Außerdem war es dann leichter, den Spuren zu folgen. 
     
    Neal nippte an seinem Kaffee und sah die Sonne heller werden.
    Ich bin froh, daß ich erschöpft bin, dachte er. Sonst wäre ich absolut panisch, statt bloß Todesangst zu haben.
    Der Kaffee war hervorragend. Vielleicht fühlen sich zum Tode Verurteilte so, wenn sie ihr letztes Mahl zu sich nehmen; sie genießen jeden kleinen Duft und Geschmack. Aber ich wünschte, ich hätte Karen ein letztes Mal berührt. Ich wünschte…
    Er sah hinüber zu Graham, der mit einer Pistole neben sich und einem Glas Whiskey in der Hand da saß. Sah Steve an, der einen Revolver an der Hüfte trug, ein Gewehr in der Hand, und sich eine Zigarette anzündete.
    Er sah Ed an, der ein Gewehr im Schoß hielt, seine Pistole in den Gürtel gesteckt und eine Schrotflinte über der Schulter trug.
    »Denk’ einfach nicht dran«, sagte Ed zu Neal.
    »An was?«
    »Sterben. Keiner von uns wird sterben.«
    Neal dachte an die Männer in der Scheune, deren Gewehrläufe auf den Pferch zielten. Er dachte an Hansen und Craig Vetter und die anderen Schützen, denen er sich in einer Minute stellen mußte. Er dachte ans Sterben.
    Dann hörte Neal Hansens Stimme: »Kommt raus, Juden! Die Sonne geht auf!«
    Neal erhob sich. Er packte seine alte Marlin 336 und lud eine Runde Patronen in die Kammer. Dann half er Graham auf die Beine.
    »Viel Glück, Dad.«
    »Kümmer’ dich um dich selber, mein Junge.«
    Neal spürte, wie seine Beine zu zittern begannen, die Angst wuchs in seinem Magen. Er sah zum Fenster hinaus, sah vier Männer an das andere Ende des Pferches treten. Bekke, McCurdy, Vetter und Hansen.
    Ed erhob sich. »Wißt ihr alle, was zu tun ist?«
    Sie nickten. Ed sah Neals Hände zittern.
    »Hey, Neal«, sagte Ed. »Hab’ ich dir je von meiner Zeit bei den Marines erzählt?«
    Was sollte das? »Nein«, sagte Neal. »Ich wußte nicht mal, daß du bei den Marines warst.«
    »Yeah«, entgegnete Ed. »Und zwar als Scharfschütze.«
    Er grinste Neal an und zeigte mit dem Kopf auf die Tür.
    Neal stützte Graham und folgte Ed zur Tür hinaus in den Pferch. 
     
    Der Jeep fuhr wunderbar durch den Schnee, als Karen irgendeine Bewegung an einer kleinen Senke vor ihnen wahrnahm.
    »Runter«, brüllte sie.
    Als sie über die Erhebung kamen, standen drei Männer auf der Straße. John Finley hob mit einer Hand seine Pistole und streckte die andere aus, um sie zum Anhalten zu bewegen. Auf seinem Gesicht lag ein idiotisches Grinsen. Die anderen beiden Männer hoben ihre Gewehre.
    »Ihr arroganten Arschlöcher«, murmelte Karen.
    Sie duckte ihren Kopf hinter das Steuer und trat aufs Gas.
    Sie hörte ein dumpfes Geräusch, als der Jeep den Mann überrollte. Erst ein paar Sekunden später hörte sie das Knallen von Gewehrschüssen hinter sich. 
     
    Was müssen wir für ein lächerlicher Anblick sein, dachte Neal, als sie langsam in einer Reihe in den Pferch marschierten. Er stützte Graham unter dem Arm und führte ihn. Er konnte die Gewehrläufe förmlich spüren, die aus dem Heuschober linker Hand auf sie gerichtet waren. Ed rechts von ihm, Steve rechts von Ed.
    Vor ihm, am anderen Ende des Pferches, kletterten Hansen und seine Männer durch die Metallstreben und warteten dann im Pferch auf sie. McCurdy direkt vor ihm, dann Bekke, Vetter, Hansen ganz rechts, Steve Mills gegenüber.
    »Wer schießt am besten?« fragte Ed Neal im Gehen.
    »Eindeutig Vetter, der Große dir gegenüber. Danach McCurdy, der Fiese vor mir. Dann wohl Hansen, Bekke am schlechtesten, der mit dem Bart.«
    »Okay. Weißt du noch, was du tun sollst?«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »Wollt’s nur wissen.«
    Dann standen sie im Pferch. 
     
    Cal Strekker ruckelte sich hinter dem Gewehr zurecht und sah zu.
    Mal sehen, wer zuletzt stehen bleibt, dachte er. Es gab keinen Grund dafür, kostbare Zeit und Kugeln zu verschwenden. Nur zum Spaß richtete er das Zielkreuz auf Neal Carey aus. Neal stand knapp innerhalb der Metallumzäunung des Pferches. Er atmete einmal tief durch, damit seine Hände zu zittern aufhörten.
    McCurdy,
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