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Das Schlangenmaul

Titel: Das Schlangenmaul
Autoren: Jörg Fauser
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seine vertrauten Pfade verläßt, Harder. Als Sie noch Ihre Serien strickten, waren Sie nie in Ermittlungen verwickelt.«
    »Man muß auch mal raus aus den Schablonen. Ich habe mir jedenfalls nichts vorzuwerfen. Sie?«
    »Sie haben sich ziemlich weit vorgewagt, Harder. Ich habe Sie gewarnt, noch am Freitag mittag. Und nun haben wir noch einen Toten.«
    »Noch einen Toten?«
    »Haben Sie mit mehr gerechnet?«
    »Ich rechne überhaupt nicht mit Toten. Tote sind nicht mein Metier. Wollen Sie mir noch einen Mord anhängen?«
    »Wie kommen Sie auf Mord?« Das war natürlich Schmidt. »Von Mord war doch gar nicht die Rede.«
    »Das ist es ja«, sagte ich mit allen Anzeichen äußerster Erschöpfung. »Ich weiß überhaupt nicht, wovon die Rede ist.«
    »Dann will ich Ihnen das mal ganz grob skizzieren«, sagte Herr Schmidt. »Die Rede ist von einer mit enormem zeitlichen und materiellen Aufwand durchgeführten und von mehreren Dienststellen getragenen Operation. In die Sie, Herr Harder, in unglaublicher Weise hineingepfuscht haben. Obwohl man Sie mehrfach gewarnt hat, haben Sie sich erdreistet, in einer geradezu aberwitzigen Manier …«
    »Wenn Jade Beinstein Ihr Mann ist, dann hätte er mich aber leicht stoppen können«, sagte ich.
    »Wir wollen Herrn Harder doch die Gelegenheit geben, sich in aller Ruhe mit den Vorwürfen gegen ihn zu befassen«, sagte Smetana, dem Herr Schmidt genauso auf die Nerven ging wie mir. »Sie sehen ja, daß er gar nicht die Absicht hatte, sich den Ermittlungen zu entziehen.« Ich steckte mir eine Zigarette an und ließ den Rauch Richtung Schmidt driften. Mit Eukalyptusbonbons gegen verstopfte Polypen, typisch für den Pfusch dieser Leute.
    »Warum sollte ich mich Ihren Ermittlungen entziehen?« fragte ich. »Sie werden sich ja wohl noch erinnern, Herr Rat, daß ich es war, der Sie auf diese sogenannte Farm angesprochen hat. Und auf Michael Malzan. Haben Sie ihn festgenommen?«
    »Weshalb sollten wir ihn festnehmen, Harder?«
    »Gegen wen sollte sich diese groß angelegte Operation denn sonst richten? Doch nicht gegen Frau Dr. Frenkel-Ahimsa?«
    Wir hatten den Tegeler Weg erreicht. Ich sah gar nicht erst zum Landgericht hin. Die Spree hätte besser ausgesehen, wenn sie nur noch eine stinkende Kloake gewesen wäre.
    »Meine Dienststelle hatte mit der Operation nichts zu tun«, sagte Smetana. »Jetzt, wo wir einen Brand haben, sieht das natürlich anders aus. Was diesen Malzan angeht, den hat eine Giftschlange gebissen.«
    »Dann ist also er der Tote?«
    »Tun Sie doch nicht so, als ob Sie das nicht wüßten«, sagte Schmidt und raschelte mit Bonbonpapier. »Ihre dubiose Rolle in diesem Fall werden wir Schritt für Schritt untersuchen, hören Sie? Schritt für Schritt.«
    »Von mir aus gern«, sagte ich. »Ich werde dabei herauskommen wie aus der Kochwäsche, Herr Schmidt – strahlend weiß.«
    Unsere Blicke kreuzten sich. Ich hielt seinem stand, aber wohler war mir doch, als ich wieder nach vorn sah, auf das Charlottenburger Schloß. Die Preußen hatten etwas, dachte ich. Lauter gloriose Untergänge. Aber dazwischen auch Donner und Doria. Herr Schmidt hatte einen eindeutig sächsischen Akzent. Und jetzt blätterte er auch noch in einer Akte.
    »Für welches Blatt arbeiten Sie momentan, Herr Harder?«
    »Ich bin freier Journalist.«
    »Wann haben Sie zuletzt veröffentlicht?«
    »Das liegt schon einige Zeit zurück.«
    »Und wovon haben Sie seither gelebt?«
    »Von Rücklagen, Herr Schmidt.«
    »Zahlen Sie Einkommensteuer?«
    »Die Steuerangelegenheiten des Herrn Harder«, sagte Smetana, »spielen in diesem Fall doch wohl keine Rolle.«
    »Das sei noch dahingestellt, Herr Kollege. Sie haben da eine Anzeige aufgegeben, Herr Harder, in der Sie Ihre Dienste als Privatdetektiv anbieten – haben Sie eine Lizenz für diese Tätigkeit? Einen Gewerbeschein?«
    »Die Tätigkeit eines freien Journalisten«, sagte ich, »verlangt manchmal, daß man die gewohnten und ausgetretenen Pfade verläßt. Um an eine gute Story zu kommen, muß man gelegentlich die Gleise wechseln. Oder in die freie Wildbahn.«
    »Wo man sich dann frei entfalten kann, Sie freier Journalist, Sie. Aber diesmal haben Sie es mit der Freiheit etwas weit getrieben.«
    »Herr Schmidt«, sagte ich und nahm dankbar zur Kenntnis, daß Smetana dabei lächelte, »wenn ich Ihnen dabei behilflich sein kann, herauszufinden, warum Ihre groß angelegte und mit enormem Aufwand durchgeführte Operation schiefging, werde ich das aus freien Stücken
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