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Dann muss es Liebe sein

Dann muss es Liebe sein

Titel: Dann muss es Liebe sein
Autoren: Cathy Woodman
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    Aus dem Leben einer Tierärztin
    Als ich letztes Jahr den Sprung wagte und mich als Teilhaberin in die Tierarztpraxis meiner Freundin Emma einkaufte, hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was mich erwartete: eine gemütliche Landpraxis im beschaulichen Städtchen Talyton St. George. Zuvor hatte ich als viel beschäftigte Großstadttierärztin in London gearbeitet, und natürlich rechnete ich beim Umzug nach Devon mit einem gewissen Kulturschock, aber ich freute mich auch darauf, genügend Zeit zu haben, um meine hinreißenden neuen Kunden und ihre Haustiere kennenzulernen, und das Leben insgesamt etwas ruhiger anzugehen.
    Jetzt schaue ich quer durch den Empfangsbereich zu Frances hinüber, die hinter ihrem mit Karten und Geschenken überhäuften Tresen steht, und lächle angesichts meiner Naivität. Frances wirkt gestresst. Ihre mandelblonde Perücke, die mich immer an Zuckerwatte erinnert, sitzt schief, und vereinzelte schüttere graue Strähnen schauen darunter hervor.
    Mrs Dyer, die Frau des hiesigen Metzgers und eine unserer Stammkundinnen, bezahlt gerade einen Beutel Diätfutter und ein als weihnachtliches Knallbonbon verpacktes Spielzeug, das quietscht, als Frances es über den Scanner zieht. Beim zweiten Quietschen stürmt Mrs Dyers riesige Deutsche Dogge (die Harlekinvariante, die aussieht, als hätte jemand einen weißen Hund genommen und ihn mit schwarzer Farbe bekleckst), die bis dahin zitternd auf der Waage am anderen Ende des Empfangsbereichs saß, mit einem gewaltigen Satz auf den Tresen zu, während Izzy am anderen Ende der Leine hängt.
    »Brutus! Aus!« Izzys Augen funkeln. Genau wie die Schneeflocken an ihrem Haarreif. Und etwas in ihrer Stimme lässt den Hund auf der Stelle erstarren. Brutus mag ein großer Hund sein – er ist so breit, dass man ihn ohne Weiteres als Couchtisch nutzen könnte –, aber unserer Tierarzthelferin ist er nicht gewachsen. Er weiß genau, wer von ihnen beiden das Sagen hat.
    »Er hält es für ein Baby«, erklärt Mrs Dyer den übrigen Kunden im Wartebereich, deren Tiere auf ihrem Schoß oder unter den Stühlen Zuflucht gesucht haben. »Er liebt Babys. Am liebsten würde er gar nicht mehr aufhören, sie abzuschlecken.«
    Lynsey Pitt, die ihren Hund Raffles, einen kleinen goldbraunen Mischling mit kurzen Beinen und ausgeprägter Persönlichkeit, für eine reichlich späte Auffrischungsimpfung vorbeigebracht hat, drückt ihre wenige Monate alte Tochter fester an ihre Brust. Brutus jedoch schüttelt den Kopf, sodass ein glänzender Geiferschauer über Izzys dunkelblaue Praxiskleidung geschleudert wird, und trottet anschließend brav wieder zurück zur Waage.
    Izzy überzeugt ihn mit Hilfe eines gesunden, kalorienarmen Leckerlis davon, sich wieder daraufzustellen, während Diana, eine weiße Boxerhündin mit breit grinsendem Gesicht, hartnäckig versucht, sich zu ihm zu gesellen. Es würde nichts nützen, wenn Izzy mit ihr schimpfen würde, denn sie ist stocktaub und reagiert auf Handzeichen – und auch das nur, wenn sie Lust dazu hat.
    Eine ältere Frau, an die ich mich noch vage von einem Vortrag mit dem Titel »Aus dem Leben einer Tierärztin« erinnere, den ich im November vor dem Frauenverein gehalten habe, kämpft sich mit einem Einkaufstrolley, auf dem sie eine Katzenbox balanciert, durch die zweiflügelige Glastür. Gleich dahinter folgt ein höchstens zwölf Jahre altes Mädchen mit einem kleinen durchlöcherten Karton. Frances begrüßt die Frau mit der Katze und beginnt ihre Daten in den Computer einzugeben, der Postbote kommt mit einigen Päckchen herein, deren Empfang jemand quittieren muss, und das Telefon klingelt. Ich gehe ran.
    »Kleintierpraxis Otter House« – ich liebe diese Worte! –, »was kann ich für Sie tun?« Nachdem ich von der panischen Anruferin erfahren habe, dass es sich um einen Notfall handelt und sie ans Haus gefesselt ist, vereinbare ich mit ihr einen Hausbesuch. »Ich komme, so schnell ich kann.«
    Als ich auflege, sieht Frances mich missbilligend an. Ich weiß, worauf sie hinauswill.
    »Wenn Sie noch mehr Termine annehmen«, sagt sie mit einem Blick auf den voll besetzten Wartebereich, »sitzen wir alle noch Weihnachten hier.«
    »Es ist Weihnachten, Frances, zumindest so gut wie.« Morgen ist Heiligabend. Ich reiße meinen Blick von den hypnotisierenden limettengrünen und gelben Wirbeln auf Frances’ Oberteil los. Emma wäre es lieber, wenn sie die gleiche Praxiskleidung tragen würde wie wir alle, ihr zufolge steht
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