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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein
Autoren: Boris Pfeiffer
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lächelte schnell. »Ja, aber jetzt müssen Sie gehen. Ich sende Ihnen den Boten, wenn es wieder Zeit ist.«
    »Wieder diesen –«
    »Pst!« Coralia legte einen Finger auf den Mund. »Keine Namen, man weiß nie, welche Wände Ohren haben!«
    Rufus biss sich auf die Lippen. Was hatte seine Mutter sagen wollen?
    Doch jetzt schwieg sie. Und im nächsten Augenblick wechselte die Flut. Rufus stand in einem feuchten Gang, an dessen Ende seine Mutter davoneilte. Und dicht neben ihm starrte Coralia in die Dunkelheit. Sie spürte etwas, aber sie wusste nicht, was es war.
    »Was willst du?«, flüsterte Rufus.
    Coralia schüttelte unwirsch den Kopf.
    »Warum brauchst du das Geld, was willst du damit?«, wiederholte Rufus eindringlich.
    Und plötzlich zischte Coralia. »Wenn du hier bist, Rufus, dann hör mir zu! Ich werde die Königin dieses Ortes sein! Ich kann den Menschen alles geben, was sie wollen. Ich muss es nur träumen und schon erhalte ich es! Ich werde die Herrscherin sein und die Akademie wird untergehen. Aber du kannst an meiner Seite sein. So, wie deine Mutter es schon ist.«
    »Aber was willst du mit all dem Reichtum?«, sagte Rufus.
    »Nie mehr auf andere hören müssen, Rufus«, flüsterte Coralia. »Reicht das nicht!?«
    Und damit verschwand sie mitsamt dem dunklen Gang und seiner Mutter, die sich immer weiter entfernte.
    Rufus zog es das Herz zusammen.

Ein klarer Morgen
    Der nächste Morgen empfing Rufus mit strahlendem Sonnenschein, der durch das Fenster in sein Gesicht fiel. Er schlug die Augen auf und sah in das blendende Licht.
    Was war das für ein merkwürdiger Traum gewesen? Die Schließfächer … Coralia und seine Mutter …
    Noch ehe er sich auf alles besinnen konnte, wurde kräftig an seine Zimmertür geklopft. »Rufus Minkenbold, hier ist Meister Hardy. Direktor Saurini und die übrigen Meister wünschen dich zu sehen.«
    »Äh, was?« Rufus sprang auf. »Ja, ich komme!« Mit einer raschen Bewegung schüttete er sich am Löwenbecken etwas Wasser ins Gesicht. Als er sich umwandte, um nach dem Handtuch zu greifen, fiel sein Blick auf das blaue Glas mit den im Moment unsichtbaren gelben Wellenlinien, das auf seinem Schreibtisch stand.
    Er lächelte.
    Dann rannte Rufus zur Tür. »Meister Hardy?«
    Der riesenhafte Hüne stand im Gang und sah ihn ernst an. Im Gegensatz zu seinem sonstigen Aufzug in Antike Olympische Disziplinen trug er keinen Lendenschurz, sondern eine lange schwarze Hose und ein dunkelblaues chinesisch anmutendes Hemd. Er sah ungewöhnlich normal aus und blickte Rufus ernst an. »Wir müssen in Direktor Saurinis Büro.«
    »Aber was ist denn passiert?«
    »Dort findet eine Versammlung statt. Alle Meister sind da und du sollst auch kommen.« Meister Hardy drehte sich um und ging voraus.
    Rufus folgte ihm. Mit seinen langen Beinen machte der Meister so große Schritte, dass Rufus Mühe hatte mitzuhalten, ohne zu rennen. Außerdem sagte Meister Hardy kein Wort, was etwas unheimlich war. So schweigsam hatte Rufus ihn noch nie erlebt.
    Als sie endlich Gino Saurinis Büro erreichten, hielt der Meister dem Lehrling die Tür auf.
    In dem Raum mit den rundum laufenden Fenstern, die dem Büro etwas von einem überdimensionalen Taubenschlag verliehen, saßen nicht nur Direktor Saurini, Meisterin Iggle, Meisterin Abel, Meister Zachus, Meister Spitznagel, Meister Morley und Meister Günther, sondern auch noch einige andere Frauen und Männer, die Rufus bisher noch nie gesehen hatte. Vermutlich waren es die übrigen Meisterinnen und Meister. Alle sahen ihn mit ernster Miene an.
    »Rufus!« Direktor Saurini erhob sich hinter seinem Schreibtisch vor dem alten Kamin. »Erschrick nicht, aber wir müssen etwas mit dir besprechen, das alle Meister der Akademie angeht. Ich habe dich ja bereits informiert, dass dein Flutmarktartefakt gestohlen worden ist.«
    Rufus nickte stumm.
    »Und nun ist noch etwas anderes passiert, das die Sache in einem schwerwiegenderen Licht erscheinen lässt.« Er sah Meister Günther auffordernd an.
    »Deine Mutter«, fuhr der Meister für Malerei und Farben fort, »hat ja auf dem Flutmarkt ein Artefakt erworben, eine Ampulla. Wir haben das natürlich für Zufall gehalten. Aber jetzt ist diese in England wieder aufgetaucht, bei einem sehr renommierten Antiquitätenhändler.«
    »Dann hat meine Mutter sie an ihn verkauft?«, fragte Rufus.
    »Richtig, Rufus«, erwiderte Meister Günther. »Und zwar sehr teuer, wie wir in Erfahrung bringen konnten. Auch das könnte immer noch
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