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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein
Autoren: Boris Pfeiffer
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was für einem Artefakt aus der Vergangenheit sie stammten.
    »Du hast wohl was ziemlich Schweres in deinem Beutel. Was ist denn das? Hast du da ein Hufeisen drin?«
    Rufus stockte. Normalerweise trugen die Lehrlinge nur ihre Fragmente in ihren Beuteln. Doch Rufus hatte tatsächlich noch zwei weitere Dinge in seinem. Nämlich eine Locke vom Haar seiner Mutter und einen keltischen Wendelring. Diesen goldenen Schmuckreif hatte Rufus von einem Flutwesen in einer Traumflut erhalten. Genauer gesagt von der keltischen Prinzessin Aili. Nicht alle Lehrlinge hatten die seltene und von einigen Meistern auch gefürchtete Gabe, eine Traumflut herbeizurufen. Rufus allerdings besaß sie.
    Doch weder das eine noch das andere ging Anselm etwas an. Rufus überlegte sich gerade eine passende Antwort, als eine rundliche Gestalt aus dem Tunnel hinter der Rochusturmbrücke trat und über den Kanalboden rasch näher kam.
    Es war Direktor Saurini, der Leiter der Akademie und Meister für Flutkunde. Er trug ein schwarz-grün gestreiftes Jackett, aus dessen Ausschnitt ein rotes Hemd hervorsah, über dem eine lila Krawatte leuchtete. Die weiten Hosen des Direktors steckten in hohen Gummistiefeln.
    In der Hand trug Saurini ein dickes, in Leder gebundenes Buch. Mit blitzenden Augen stiefelte er auf die Lehrlinge zu, blieb dann plötzlich stehen, sah sich in alle Richtungen um und nickte zufrieden.
    Er hob die freie Hand und winkte: »Flutkunde! Wer angemeldet ist, möge bleiben. Die übrigen bitte ich jetzt, uns zu verlassen.«
    Ottmar wandte sich Rufus, Filine und No zu. »Na, dann bis später. Ich gehe jetzt zu Historische Mahlzeiten bei Meister Spitznagel. Er will uns heute zeigen, wie man antiken Honigkarpfen zubereitet. Angeblich hatten die Sumerer abgerichtete Pelikane, mit denen sie auf Karpfenjagd gingen. Mal sehen …«
    »Okay, Leute, ich mach mich auch auf den Weg.« Lucy schloss sich Ottmar an. »Ich gehe zu Antike Gewandkunde bei Meisterin Caspari. Wir haben da gerade chinesische Kaiserroben in der Mache, und ich hoffe, dass ich meine heute endlich fertig bekomme. Sie ist aus grüner Seide mit einem gelben Weintraubenmuster.«
    »Ist da nicht auch Coralia dabei?«, erkundigte sich Anselm.
    Lucy nickte. »Sie macht sich auch eine Kaiserinnenrobe.«
    »Dann grüß sie schön von mir.«
    »Von mir auch!«, fügte Bent hinzu.
    »Sonst noch irgendwelche Grüße?« Lucy blickte grinsend in die Runde. »Ich meine, ihr seht euch doch heute Abend in der Mensa wieder. Oder seid ihr beide so in sie verknallt, dass ihr es bis dahin nicht mehr aushalten könnt?«
    »Überhaupt nicht!« Anselm wurde rot. »Aber es ist ja wohl nichts dabei, wenn man jemanden mal grüßen lässt!«
    »Das finde ich allerdings auch!« Bent sah Lucy scharf an.
    Lucy zuckte die Schultern. »Wie ihr meint, ich werde sie also ganz besonders von euch beiden grüßen!« Lucy grinste wieder breit und folgte Ottmar, der schon losmarschiert war, sich jetzt aber zu ihr umdrehte.
    »Erzähl mir doch noch ein bisschen von deinem Gewand, Lucy. Grüne Seide mit gelben Trauben … Das klingt ja zum Anbeißen.«
    »Warte ab, bis du Coralias Robe siehst«, kicherte Lucy. »Die ist aus dunkelblauer Seide mit einem wahnsinnigen Muster aus goldenen Drachenköpfen und Wellen. Ich habe vergessen, wie diese Drachen heißen, aber sie winden sich wie Schlangen um den Körper.«
    Ottmar verzog das Gesicht. »Das passt ja mal wieder. Aber ehrlich gesagt, ziehe ich süße Weintrauben bitterem Drachenfleisch vor.«
    »Ach, ja? Woher willst du denn wissen, dass Drachenfleisch bitter schmeckt?«
    »Na, Krokodil schmeckt doch auch wie alter überbrühter Hund.«
    »Aber es soll sehr fettarm sein. Und das ist doch gesund, gerade wenn man abnehmen will.«
    »Wer sagt denn, dass ich abnehmen will …«
    Die Stimmen der beiden entfernten sich, während sie einige Stufen hinaufstiegen. Die übrigen Lehrlinge wandten sich Direktor Saurini zu. Dessen Blick fiel auf Bents Schwert aus feinem Damaszenerstahl, das dieser seit einiger Zeit immer bei sich trug.
    »Bent, leg das Schwert bitte für den Unterricht in Flutkunde ab.« Er blickte die Lehrlinge der Reihe nach an. »Ich möchte überhaupt nicht, dass einer von euch etwas Schweres am Körper trägt, wenn wir gleich anfangen.«
    Bent runzelte die Stirn. »Wo soll ich es denn hintun?«
    »Es sollte auf alle Fälle hoch genug liegen. Steig auf die nächste Leiter und verstau es in einem der Regale bei den Fragmenten.«
    Saurini deutete nach oben.
    Bent
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