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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Millionen Dollar ging, die Herr David seiner Frau
gegenüber verschwiegen hatte.“
       „Diese
sommersprossige Furie treibt mir den Blutdruck wieder in die Höhe. Dieses
Frauenzimmer wird gar nichts lesen, liebe Frau Buchwald – nur über meine
Leiche. Seien Sie unbesorgt, ich habe immerhin noch einige Beziehungen in
diesem Land, die ich baldigst wieder auffrischen werde.“
       Dr.
Sebastiãno ging, vertieft in meine Bücher, an den Regalen auf und ab, aß
Schinkenröllchen gefüllt mit Mayonnaise und gerösteten Mandeln und nippte hin
und wieder an einem Gläschen argentinischen Weißwein. Er war der deutschen
Sprache nicht mächtig, das wusste ich selbstverständlich, deshalb blickte er –
er verstand ja nichts - von Zeit zu Zeit zu mir herüber, um eventuelle
Veränderungen meiner Mimik wahrzunehmen. Als er mich nun sah, mein Gesicht in
Purpurrot gefärbt, stopfte er seinen letzten Bissen in den Mund, stellte das halbvolle
Weinglas vorsichtig beiseite und kam energischen Schrittes auf mich zu. Ich
erwartete eine Predigt.
       „Nicos,
hören Sie, wenn Sie sich Ihr eigenes Grab schaufeln wollen, dann schaufeln Sie
und schaufeln Sie, das geht mich gar nichts an. Das ist mir scheißegal, sagen
wir Brasilianer.“
       
„Bravo, genau das sagen wir Griechen auch.“
       „Ja,
das glaube ich Ihnen unbesehen. Ich habe nur ein Problem: Vor langer, langer
Zeit, als junger Mann, hatte ich einen Eid geschworen. Mein lieber Nicos, ich
weiß, die gestrigen Ereignisse haben jeden von uns schockiert. Ich war ja
schließlich auch mit der Familie Berliner befreundet und ihr behandelnder Arzt,
seitdem sie hier zugezogen waren. Man ist sprachlos und niemand kann sagen, was
jetzt zu tun ist. Da Sie, verehrter Nicos, der Älteste unter uns sind,
betrachtet man Sie als den Übervater aller Dinge. Aber, Nicos, das sind Sie
nicht. Und bei aller Offenheit, Sie sind ein gebrechlicher Mann. Das müssen Sie
akzeptieren und Ihre Gäste auch. Ich schmeiße die jetzt alle raus und Sie legen
sich sofort wieder ins Bett. Ich bleibe noch eine Weile hier, sagen wir zwei
bis drei Stunden, um mich mit Ihrer herrlichen Bibliothek auseinander zusetzen.
Eine bessere Gelegenheit dazu finde ich wahrscheinlich nie. So, nun legen Sie sich
hin, denken an nichts, sondern schalten einfach ab. Ich schicke die Frauen nach
Hause, damit ich mich ungezwungener auf das Frühstück stürzen kann. Ich habe
nämlich noch Hunger. Der Wein ist auch sehr köstlich. Ich darf doch bei
Papandreou noch eine Flasche nachbestellen, Dom Psorakis?“
       Ich
konnte mich eines verschmitzten Lächelns nicht entziehen. Dann ging er zu den
Frauen und sprach mir ihnen. Selbstverständlich zeigten sie sich einsichtig und
verließen uns sofort. Doktor Sebastiãno war im gleichen Alter wie Ted, ein
hochintelligenter Junge und der beste Arzt, den wir hier weit und breit haben.
Ich mag ihn sehr und seinen humoristischen Zynismus, den er trotz des Todes
seiner jungen Frau nicht verloren hatte. Dona Joaquina war vor zehn Jahren bei einem
Sportunfall ums Leben gekommen. Seit diesem tragischen Ereignis, lebte er
allein und stellte, obwohl sich die jungen Damen förmlich um ihn rissen, nicht
die geringsten Bemühungen an, dies zu ändern.
       Ich
bemerkte, dass Gaby und Maria noch in ihren Sesseln saßen. Sie warteten bis wir
unter uns waren. „Hier ist das Manuskript, Onkel Nicos, von dem Mutti
gesprochen hat. Du sollst es lesen, dann wirst du alles verstehen, hat Vati
gesagt, und ihm und Mutti hoffentlich verzeihen. Maria und ich hoffen das auch.“
Beide kannten die ganze Geschichte der Familie Berliner ziemlich genau, denn
sie waren ein Teil davon.
       „Ist
das das berühmt-berüchtigte Buch der Familie Berliner, von dem man sich hinter
vorgehaltener Hand zuflüstert?“ fragte Sebastiãno, der hinzugetreten war.
„Sollte dies der Fall sein, möchte ich sie bitten es jetzt nicht zu lesen. Denn
ich befürchte Schlimmes.“
       „Lieber
Doktor, befürchten Sie Schlimmes, wenn ich es jetzt nicht lese. Ich muss
unbedingt meine Ruhe finden. Und das kann ich nur, indem ich endlich die
Wahrheit erfahre. Ich bin sicher, Sie verstehen mich, nicht wahr?“
       „Ja,
natürlich. Verzeihen Sie, es war unbedacht von mir. Es wird wohl besser sein,
wenn ich mich an Ihren blumigen Wein halte.“
       Bevor
ich mich von Gaby und Maria verabschiedete, um mich in den nächsten Stunden
ausschließlich dem Manuskript zu widmen, lud ich sie alle für morgen
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