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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Tattergreis, Nicos.
Ich habe denen erzählt, dass Sie Freddys bester Freund sind.“
    Zuerst
traue ich meinen Ohren nicht, und dann meinen Augen. Erst als sie sich mir
nähert, erkenne ich die sommersprossige Peggy mit ihrem knallroten Haar unter
dem schräg gehaltenen Sonnenschirm. Jetzt weiß ich auch, wer diesen Auflauf von
in- und ausländischen Gesetzeshütern zu verantworten hat. Noch während mich
meine Empörung zu überwältigen versucht, öffnet sich langsam das riesige
Eisentor der Fazenda Veronica. Rechts und links der Auffahrt sehe ich zwanzig
uniformierte Männer, die ihre Waffen demonstrativ auf den Asphalt abgelegt
haben und nun mit erhobenen Armen, auf weitere Anweisungen warten. Mir fällt
unwillkürlich die Tabakspfeife aus der Hand.
    Mit
weitausgebreiteten Armen schreitet mir Ted entgegen, um mich zu begrüßen. Er
lächelt und weiß, dass dies unsere letzte Begegnung sein wird. Bevor ich ihn
umarmen kann, wird er von zwei Polizisten ergriffen und unter Waffengewalt in
sein Haus zurückgeführt. Die übrige Polizeieinheit erstürmt das Gelände und
besetzt sämtliche Ein- und Ausgänge, sowie Teds Hubschrauber und seine
Hochseeyacht. Wie im Traum wandle ich dieser Invasion hinterher. Unbewusst
greife ich an mein Herz. Ich nehme gedankenverloren wahr, dass es noch schlägt
- ein wenig schneller schlägt. Was würde mich dort drin erwarten? Verwundert
entdecke ich meinen Strohhut in der linken Hand und den Spazierstock über dem
Arm. Wie hatte sich meine Welt innerhalb von zehn Minuten verändert? Verliere
ich heute meine Familie – meine Kinder und Enkelkinder?
    Ich
steige als letzter die vier Stufen zur Veranda hinauf und konnte gerade noch
wahrnehmen, wie sich David blitzschnell aus der Umarmung von Li-tai löst, als
er seine Frau Peggy unter den Neuankömmlingen identifiziert. Entsetzt fährt er
hoch und starrt sie an, als wäre sie ein Überbleibsel aus einer längst
vergessenen Zeit. An den Bewegungen seines Mundes glaube ich zu erkennen, was
er sagt: Was will die denn hier?
    Man
hatte in aller Eile mehrere Tische an der Stirnseite der Terrasse zu einer
längeren Tafel zusammengeschoben, weitere Stühle herbeigeschafft und alles in
einen provisorischen Versammlungsraum verwandelt. Hinter diesem behelfsmäßigen
Konferenztisch sitzen die sechs unbekannten Herren mit aufgeschlagenen
Aktenordnern und ernsten Gesichtern. Vor Peggy liegt lediglich ihr
zusammengefalteter Sonnenschirm. Ted begrüßt mich freudig, dabei weist er mir
mit einem flotten Spruch den leeren Platz neben Vera zu. Gott sei Dank, denke
ich, Ted macht nicht den Eindruck eines beunruhigten Mannes. Der ganze Überfall
war also nur ein Irrtum. Es wird sich jetzt endlich alles aufklären. Vera
reicht mir ihre Hand und fordert mich schweigend zum Hinsetzen auf. Ihr Gesicht
wirkt wie versteinert. Bevor ich nach ihrem Befinden fragen kann, erhebt sich
einer der Männer hinter dem Tagungstisch und bitte um Ruhe.
    „Meine
Damen und Herren! Ich bitte um Ihr Gehör. Einige von Ihnen werden mich kennen.
Mein Name ist Feliciano Maria de Carvalho. Ich bin stellvertretender
Innenminister Brasiliens. Neben mir zu meiner Rechten sitzt Generalissimo der
brasilianischen Polizei Manuel Jorge de Pombal. Ich glaube, die Dame und die
anderen Herren stellen sich besser selber vor. Dadurch möchte ich vermeiden,
dass irgendwelche Unklarheiten entstehen.“
    Der
Mann macht ein freundlichen Eindruck, stelle ich fest, und natürlich kenne ich
ihn – ich meine, ich kenne ihn aus dem Fernsehen. Er spricht ein gutes
Englisch. Wahrscheinlich geht er davon aus, dass die meisten unter den
Anwesenden kein Portugiesisch verstehen, womit er zweifellos recht hat. Nach
seinen einleitenden Worten, warten die Herren ab, und Minister de Carvalho gibt
der einzigen Dame am Tisch durch ein Kopfnicken zu verstehen, sich ebenfalls
vorzustellen. Auch sie steht von ihrem Platz auf und stützt sich mit den Armen
demonstrativ auf dem Tisch ab. „Mein Name ist Peggy Sharrock. Ich bin die
Ehefrau von David Sharrock. Mein Mann sitzt neben der chinesisch anmutenden
Dame, ja, dort in der zweiten Reihe.“ Das war kurz und bündig, denke ich. Sie
zeigt provokatorisch mit ihrem Zeigefinger auf David, der sich offenkundig
immer unbehaglicher fühlt. Als sie sich wieder setzt und erneut Zuflucht bei
ihrem Sonnenschirm sucht, erhebt sich ein Herr im weißen Anzug. „Mein Name ist
Christian von Altstätten. Ich bin deutscher Botschafter in Brasilien und
vertrete in dieser Eigenschaft
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