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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten
Autoren: Aileen P. Roberts
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wahrnehmen wie früher«, versprach Lena ihr. »Dort ist so vieles möglich, du kommst sicher aus dem Staunen nicht mehr heraus.«
    »Darauf freue ich mich schon sehr.« Kopfschüttelnd wandte Oma Gisela ihr Gesicht ab. »Wenn ich’s mir recht überlege, habt ihr Ragnar damals im Altenheim den richtigen Spitznamen gegeben. Ragnarök – hättet ihr euch nicht alle gefunden, hätte das tatsächlich das Ende der Welt, oder besser gesagt, sogar von zwei Welten bedeutet.«
    Was meint sie damit?, fragte Ragnar in Lenas Gedanken hinein.
    Sie bemerkte, wie ihre Wangen zu glühen begannen. »Oma!«, schimpfte sie und drehte sich anschließend verlegen zu Ragnar um: »Das erzähle ich dir ein anderes Mal.«
    Abermals machten sie sich alle gemeinsam auf den Weg zur Esperhöhle. Ragnar hatte Lena an der Hand gefasst, Kian und Aravyn gingen nebeneinanderher. Sie unterhielten sich leise und aufgeregt über Dinge, die sie heute zum ersten Mal in ihrem Leben erblickt hatten. Selten hatte sich Lena so glücklich gefühlt. Die Vorstellung, dass sie gleich drei Seelengefährten hatte, war für sie ungewohnt, und sie wusste, den anderen erging es genauso. Trotzdem war es ein beglückendes Gefühl, dass sie jetzt zusammen waren. Lena war klar, hätte sie sich allein für Ragnar entschieden, Kian hätte ihr gefehlt. Und selbst der Gedanke, dass Aravyn irgendwann für eine längere Zeit hier bei Carsten und Oma Gisela bleiben würde, verursachte ein seltsames Gefühl in ihrem Inneren.
    »Was lächelst du denn so vor dich hin?«, erkundigte sich Ragnar.
    Sie stiegen den Waldweg zur Höhle hinauf, und Lena spürte, wie sich das Amulett an ihrem Hals erwärmte. Linien begannen auf dem Waldboden zu leuchten. Auch jene Kraftlinien, von denen Eryn gesprochen hatte, konnte Lena nun in Elvancor sehen, seit dem sie mit Ragnar, Kian und Aravyn verbunden war. Ein Netzwerk filigraner, pulsierender Magie.
    »Noch ist alles nicht perfekt«, sagte Lena und sah ihn voller aufrichtiger Liebe an. »Aber ich habe mich niemals glücklicher gefühlt.«
    »So geht es mir auch.«
    Zusammen mit ihren Freunden betrat sie die Höhle, nickte den Geistern der Kelten zu und begab sich dann in das warme, sanfte Licht. Elvancor hatte sie verändert, wartete auf sie, aber auch diese Welt würde immer ein Teil von ihr bleiben.

Epilog
    A melia tauchte ihren Pinsel in den hölzernen Tiegel mit roter Farbe, ließ ihn schwungvoll über die glatte Höhlenwand fahren, und der Vulkan, der daraufhin entstand, spie Glut und Lava. Liebevoll verbesserte sie einige kleine Details an den Gestalten von Ragnar und Lena, Aravyn und Kian, wie sie – getrennt durch eine tiefe Schlucht – dastanden, nur einen Schritt davon entfernt, in eine bodenlose Tiefe zu stürzen. Schaudernd dachte sie daran, wie nah die jungen Leute diesem Schicksal gewesen waren. Beinahe hätten sie sich für immer verloren, und wie groß war die Gefahr gewesen, dass Ragnar nicht nur Elvancor, sondern auch die Welt jenseits der Schwelle zerstört hätte.
    Mit wenigen behutsamen Strichen malte sie ein neues Bild. Die Hände der vier, die sich fest umeinander schlossen. Ein Band, das endlich besiegelt war, ein Band, das zahlreiche Leben gerettet hatte.
    Noch waren nicht alle Rodhakan besiegt, weder hier noch jenseits der Schwelle, aber zumindest wusste man nun, wie verhindert werden konnte, dass es weitere gab. Zärtlich fuhren Amelias Finger über das Bild von Maredd. Er hatte sein Leben gegeben, und noch viele Tuavinn würden Geschichten über ihn erzählen. Voller Sehnsucht streichelte sie über sein markantes Antlitz.
    Dann wandte sie sich ab, zauberte mit einem geschickten Pinselstrich noch die Narbe auf Ragnars Unterarm.
    »Ich wünsche euch eine lange und glückliche Zeit in Elvancor«, flüsterte Amelia. Irgendwann würden auch diese vier jungen Leute weitergehen, hinauf in die Berge von Avarinn steigen, um sich mit der Ewigkeit zu vereinen, und sicher würden sie dann auch Maredd und Lucas wiedersehen.
    »Amelia, bist du so weit?«, erklang eine dunkle Stimme hinter ihr.
    Amelia nickte. »Ich wollte nur beenden, was ich begonnen habe.«
    »Du kannst auch bleiben, Maredd wird auf dich warten.« Bewundernd wanderte sein Blick über die vielen Wandgemälde. »Niemand hat jemals solch ein Kunstwerk vollbracht, und niemand wird es so perfekt weiterführen wie du.«
    »Maredd hat schon so lange in Elvancor auf mich gewartet – nein, ich muss gehen.« Schon vor Tagen hatte Amelia sich dazu entschlossen, hinauf
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