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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das gleiche.« Beja steckte sich eine der Zigarren an, die Pater Ernesto herumreichte in einer Holzkiste mit primitiven Schnitzereien. Ein Geschenk des Yanomami-Häuptlings, der dafür zwei Äxte und drei Macheten als Gegengeschenk bekommen hatte. »Hier hat Gottes Wort noch nichts genutzt«, fügte Beja mit deutlicher Ironie hinzu.
    »Sie haben es noch nicht gehört«, antwortete Pater Franco und überhörte den zynischen Unterton Bejas.
    »Nicht? Ich denke, das ist eine Mission?«
    »Zuerst lehren wir sie, wie man besser und länger leben kann, wie man einen vernünftigen Ackerbau betreibt und wie man mit den Werkzeugen umgeht, die wir ihnen geben. Nicht schenken, das ist wichtig. Wir tauschen: Wildfrüchte und handwerkliche Produkte, vor allem aber ihre Arbeitsstunden auf der Mission gegen Messer, Scheren, Kämme, Glasperlen, Salz, Spiegel, Angeln, Zündhölzer und, wie schon gesagt, Macheten und Äxte. Wir wollen keine Bettler erziehen. Sie sollen lernen, daß es nichts umsonst gibt. Und Gottes Wort …« Pater Franco holte tief Atem. »Es wird durch das Vertrauen, das die Yanomami uns entgegenbringen, wie von selbst kommen. Missionieren heißt nicht predigen, sondern am Menschen und seiner eigenen Welt zu arbeiten. Das ist doch auch die Aufgabe der FUNAI , Senhor Beja, oder irre ich mich da?«
    »Wir tun alles, um die Indianer zu schützen und ihren Lebensraum zu erhalten. Deshalb habe ich auch die Urkunde mitgebracht, daß die Mission Santo Antônio am Rio Parima der Regierung Brasiliens Rechtens ist.« Beja holte aus seiner Mappe ein mit Stempeln übersätes Schriftstück und überreichte es fast feierlich Pater Franco. Beiläufig fragte er dabei:
    »Hat man hier Gold gefunden?«
    »Nein.«
    »Man spricht davon.«
    »Gäbe es hier Gold, dann würden die Yanomami Schmuck aus Gold tragen. Sie lieben alles, was glänzt und glitzert. Deshalb sind sie ganz närrisch auf Glasperlen und Spiegel. Als eine der Frauen ihr Gesicht zum erstenmal im Spiegel sah, lief sie schreiend davon. Sie glaubte, daß ein böser Geist ihre Seele geraubt hätte und sie nun kein Gesicht mehr habe. Der Medizinmann des Stammes konnte sie nur beruhigen, indem er ihr das Rauschgiftpulver Epená mit einem Blasrohr in die Nase blies. Epená wird aus dem Samen einer Pflanze gewonnen, und eigentlich dürfen nur Männer sich damit betäuben oder anregen. Von da an war der böse Geist ausgetrieben. Jetzt wollen alle Frauen und Männer einen Spiegel haben und betrachten sich darin, sobald sie Zeit haben. Aber Gold?« Pater Franco schüttelte den Kopf. »Von Gold am Rio Parima habe ich noch nichts gehört oder gesehen.«
    Arlindo Beja und seine Beamten blieben drei Tage auf der Mission, inspizierten die Malocas der Yanomami, und einer der Beamten sprach sogar die Eingeborenensprache und fragte den Häuptling, ob er gelb glitzernde Körner im Fluß oder im Wald gesehen habe. Der Häuptling schüttelte den Kopf. Gelbe Körner …
    »Wir haben noch eine Bitte«, sagte Beja beim Abschied auf dem hölzernen Bootssteg. »Schicken Sie uns jeden Monat einen Bericht über Ihre Indianer, über Krankheiten oder Stammeskriege. Und wenn Sie Hilfe brauchen … die FUNAI ist immer für Sie da.«
    »Hilfe?« Pater Ernesto, der die Krankenstation betreute und als Krankenpfleger ausgebildet war, hob seine Hände und zählte an den Fingern ab, was ihm fehlte. »Wir brauchen dringend Spritzen, Verbandmull, Tupfer, die allernötigsten Instrumente, Medikamente, Desinfektionssprays, Schmerzmittel –«
    »Reichen Sie uns eine Liste ein. Wir werden Ihnen alles schicken, soweit das möglich ist. Ich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg, vor allem Glück, denn der Indianer, der Ihnen heute den Garten umgräbt, kann Sie morgen mit einem Pfeil töten. Man wird aus ihnen nicht klug, auch wenn man zehn Jahre mit ihnen lebt.«
    »Hier sind wir alle Freunde, wir kennen keine Angst.« Pater Franco wartete, bis Beja das Motorboot betreten hatte und ein Indianer das Haltetau löste und ins Wasser warf. Dann hob er die rechte Hand und bewegte sie, als gebe er seinen Segen. »Gott mit Ihnen!« rief er zum Boot hinüber. Und Beja rief zurück:
    »Wir werden uns sicher wiedersehen. Wir kommen Sie besuchen.«
    Ernesto und Franco warteten, bis das Motorboot in der Mitte des Flusses war und mit dröhnendem Motor das schwarze Wasser des Rio Parima durchpflügte.
    Wie der Rio Negro und der Rio Branco gehörte auch der Parima zu den ›schwarzen Flüssen‹ – ihr Wasser, frei von allen
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