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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott
Autoren: Heinz G. Konsalik
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langsam und unmerklich bekannt gemacht. Ihre Medizinmänner wurden nicht verteufelt, ihr Geisterglaube nicht angetastet, und dennoch wuchsen sie in das Christentum hinein, indem sich ihr Leben veränderte, indem sie lernten, mehr aus ihrem Dasein zu machen. Das Wort Gottes kam später zu ihnen und fiel auf den fruchtbaren Boden aus Vertrauen und Bewunderung.
    Es waren zwei Jahre harter Arbeit, bis die Mission soweit ausgebaut war, daß Pater Franco zufrieden sagen konnte:
    »Meine Lieben, wir haben es geschafft. Danken wir Gott.«
    Natürlich blieb die Gründung der Mission Santo Antônio nicht unbemerkt. Die Boote, die östlich von Surucucu am Rio Macajai, damals noch eine verträumte Kleinstadt aus der Zeit des großen Kautschukbooms, mit den Baumaterialien beladen wurden, waren meist mit Mischlingen bemannt. Diese brachen aus dem 258 Kilometer entfernten Boa Vista, der Hauptstadt des Distriktes Roraima, mit klapprigen Lastwagen zur abenteuerlichen Fahrt über die in den Wald geschlagene Straße auf, und wenn sie zurückkamen, erzählten sie von der kleinen Mission der italienischen Patres. Sie berichteten von Indianern, die beim Bau halfen, von den Malocas, die am Flußufer entstanden waren, und von den schönen nackten Frauen der Yanomami.
    Das erweckte Neugierde, nicht nur bei den Kleinsiedlern rund um Boa Vista, sondern auch bei den Geologen und Landvermessern des Nationalen Instituts für Besiedlung und Agrarreform, kurz INCRA genannt. Dieses Gebiet am Rio Parima war noch nicht vermessen, war unbekanntes Land, ein freier Raum, den man nun entdecken wollte, denn wo eine Mission sich ansiedelte, konnten auch andere Menschen leben. Und noch eine von der Militärregierung gegründete staatliche Institution interessierte sich plötzlich für das bisher unberührte Gebiet: Die Fundação Nacional do Indio, die nationale Indianer-Stiftung, in Brasilien bekannt unter der Abkürzung FUNAI . Sie war die Zentralstelle für alle Indianerangelegenheiten, sollte den Schutz der Ureinwohner garantieren und deren Lebensräume erhalten. Aber im Laufe der Jahre wurde die FUNAI zum Handlanger und Helfer der Großgrundbesitzer und Militärs: Korruption unterhöhlte die ursprünglich so humanitäre Aufgabe: Der Schutz der Indianer verwandelte sich in deren Vertreibung und Vernichtung, je weiter die Zivilisation, die ›Bodenreform‹, die ›Urbarmachung des Regenwaldes‹ in das unbekannte Land vordrangen.
    Aber auch von Gold war die Rede: Gold nördlich von Surucucu, im Gebiet des Rio Macajai und vor allem im Yanomami-Gebiet des Rio Parima. »Du brauchst nur etwas in der Erde zu kratzen, und schon bist du ein reicher Mann!« hieß es in Boa Vista. »Ich sage euch: Dort liegt El Dorado!« Und als Beweis legten die Bootsmänner kleine Goldkügelchen auf den Tisch. So wie damals im 19. Jahrhundert die ersten Goldschürfer in Alaska vom Yukon zurückkehrten und in den Kneipen von Anchorage, Skagway und Carcross ihren Whisky und die Huren mit Nuggets – kleinen Goldkörnern – oder mit Beutelchen voll Goldstaub bezahlten.
    Noch glaubte kaum einer den Mischlingen, man lachte sie aus, ja, man verprügelte sie sogar als infame Lügner. Nur die Geologen wurden aufmerksam, studierten Landkarten und überflogen mit Hubschraubern das Gebiet der Yanomami. Sie sahen zunächst nichts als undurchdringlichen Urwald, gebildet von riesigen Bäumen, Lianen, Würgefeigen, Farnen und gewaltigen Büschen.
    Eines Tages, im Jahre 1968, tuckerte ein großes Motorboot den Rio Parima hinauf und machte an dem Landesteg der Mission fest. Ein nackter Yanomami, der auf der Station arbeitete, fing geschickt das hinübergeworfene Tau auf und band es um einen dicken Baumstamm, den man in das Flußbett gerammt hatte. Über eine ausgefahrene Gangway betraten vier Weiße das Land von Santo Antônio. An Bord blieben zehn weitere Männer, bewaffnet mit Maschinenpistolen und Gewehren, und blickten staunend zu den drei Gebäuden der Mission hinüber … das Haus der Patres, der Magazinbau und die Krankenstation.
    Noch auf dem Landungssteg kam den vier Männern Pater Franco entgegen. Man hatte das Motorboot schon mit einem Fernglas gesehen, als es um die große Biegung des Rio Parima in den geraden Lauf des Flusses einbog, und Pater Franco hatte zu Pater Ernesto gesagt:
    »Da kommt nichts Gutes auf uns zu. Das ist kein Transportboot … es sieht so amtlich aus.«
    »Willkommen«, sagte Pater Franco jetzt. Die vier Männer blieben stehen. »Willkommen auf Santo
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