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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott
Autoren: Heinz G. Konsalik
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daß der Täter immer der gleiche war – ein selbsternannter Rächer, der anscheinend die Wahnidee hatte, im ganzen Land, ja in der ganzen Welt, als ›Der Rote Pfeil‹ berühmt und berüchtigt zu werden. Ein Wahnsinniger? Immer stak an seinem Pfeil ein Zettel mit der Begründung des Mordes, und immer ging es um die Vernichtung des Regenwaldes, um die Verfolgung der Yanomami-Indianer und um die Goldgräber-Camps, in denen jetzt an die 80.000 Garimpeiros lebten. Eine genaue Zahl wußte man nicht, denn täglich kamen neue Glücksritter nach Roraima in unzähligen Flugzeugen, die auf den in den Wald geschlagenen Pisten landeten.
    In Boa Vista standen manchmal bis zu 400 kleine Flugzeuge bereit, um Material, Verpflegung, Maschinenteile und Menschen in das Gebiet der Indianer zu bringen. Die Piloten, Abenteurer wie die Männer, die sie zu den Schürfgebieten brachten, verdienten im Monat bis zu 7.000 Dollar – ein Job, der manchen von ihnen den Tod brachte. Denn immer waren die Maschinen überfüllt, eine Wartung der Flugzeuge in Boa Vista war nicht möglich. Die Abstürze häuften sich, und die staatliche Luftaufsichtsbehörde, die, soweit es möglich war, eine Statistik führte, rechnete aus, daß von hundert Piloten durchschnittlich zwanzig ihr Leben bei diesen Abstürzen verloren.
    »Was denkst du?« fragte Sergento Moaco seinen Kollegen Perinha. Sie waren noch vierzig Kilometer von der Missionsstation entfernt und fuhren noch langsamer über die von Löchern übersäte Straße. Ramos immer wieder zurechtzurücken war kein Vergnügen.
    »Wie meinst du das?« fragte Perinha zurück.
    »Wer ist der Rote Pfeil?«
    »Diese Frage sollen andere beantworten. Die großen Herren, die es trifft! Auf uns schießt keiner einen Pfeil ab.«
    »Hast du noch nie ein Indianermädchen gehabt?«
    Perinha blickt Moaco erschrocken an. »Was soll das heißen, Alberto? Fast jeder von uns –« Perinha schluckte, als habe er plötzlich einen Kloß im Hals. »Zweimal, mehr nicht.«
    »Immer freiwillig?«
    »Wie man's nimmt. Ein bißchen Überredung war schon dabei.«
    »Das ist eine elegante Umschreibung von Vergewaltigung. Zweimal ist zweimal zuviel.«
    »Und du? Na, was ist mit dir? Du hast keinen Fleck auf deiner Weste?«
    »Viermal, davon einmal freiwillig. Gegen Schokolade und eine Flasche Whisky für den Papa. Filipe, wir sind auch auf der Liste dieses Verrückten. Also geht es auch uns an, und nicht nur die großen Herren. Hast du noch nie darüber nachgedacht?«
    »Nein.« Perinha war etwas blasser geworden. Er drehte sich um und starrte auf den toten Ramos. »Wenn man jeden umbringen wollte, der Bäume fällt und sich um die Indianer kümmert –«
    »Kümmern ist ein allzu harmloses Wort für das, was hier geschieht. –«
    »– soviel rote Pfeile gibt es gar nicht. Dann müßte jeder von den Garimpeiros erschossen werden. Jeder Holzfäller, jeder Kleinsiedler, jeder Großgrundbesitzer.«
    »Es genügt, wenn man einen Mann wie Ramos tötet. Das spricht sich rum und bringt Unruhe und Angst. Und genau das will der Rote Pfeil.«
    »Und erreicht damit genau das Gegenteil. Eines Tages werden die Indianer gejagt werden wie Hasen. Es ist keine große Sache, 15.000 Yanomami zu erledigen. Das kann schnell gehen. Was sind Pfeile gegen Maschinenpistolen? Das müssen doch auch die Yanomami einsehen.«
    »Das wird noch ein großes Problem werden, Alberto.« Perinha drehte sich wieder um, kniete sich dann auf den Sitz und schob den verrutschten Ramos auf die mit Kunstleder gepolsterte Bank zurück. »Da sind wir nur kleine Fische mit unseren drei oder vier Indianermädchen. Der Rote Pfeil sucht sich wichtigere Opfer.«
    Schweißgebadet und mit rötlichem Staub überzogen, erreichten sie die geteerte Straße der Mission, nur ein kleines Straßenstück, zu dem parallel die Piste für die kleinen Propellermaschinen gebaut war. Gemüse- und Getreidefelder waren dem Urwald abgerungen, Bananenstauden glänzten in der Sonne, und der Mais stand gut. Es gab sogar Obstbäume, aber sie kümmerten dahin – der Boden, der einmal den Regenwald trug, war ausgelaugt. Auf einer Weide grasten ein paar weißfellige Kühe. Vier Pferde suchten Schutz vor der Sonne unter einer Baumgruppe. In der Ferne tauchten die Gebäude der Missionsstation auf, einstöckig und langgestreckt, wie ein offenes Rechteck mit einem großen Hof in der Mitte. Der markanteste Bau war ein runder Wasserturm und ein abseits stehendes Haus, auf dessen Dach ein großes Rotes Kreuz gemalt
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