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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel
Autoren: John Katzenbach
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Für mich, Professor, ist die einzige Frage, die bleibt: Wieso hat er erst alles darangesetzt, Sie, Ihre Schwester und Ihre verstorbene Mutter hierherzubringen; wieso hat er alles getan, um die Entstehung dieses Bundesstaates zu torpedieren, und dann doch nicht die letzte Konsequenz gezogen? Die ihm tot oder lebendig den gewünschten Erfolg gebracht hätte? Das finde ich höchst eigenartig, Sie nicht?«
    »Das macht mir zu schaffen«, gab Jeffrey zu.
    Manson lächelte. Er stand auf und streckte die Glieder. »Nun ja«, meinte er in einem Ton, der das Ende der Diskussion signalisierte. »Diese Sorge können Sie mit nach Hause nehmen.« Er nickte Susan Clayton noch einmal zu und verließ, ohne ihnen die Hand zu schütteln, den Raum.
     
    Nicht weit von Lake Placid, tief im Herzen der Adirondack Mountains, gibt es eine Stelle, die man den Bear Pond nennt und die nur mit einem Kanu über den größeren Upper SaintRegis Lake zu erreichen ist. Die Fahrt führt an den handgeschlagenen Holzblöcken der großen, uralten Anwesen vorbei, die sich das ganze Ufer entlang erstrecken, bis man zwischen dem Spalier der dunkelgrünen Kiefern und Fichten an einen kleinen Landesteg gelangt. Dort muss man das Kanu eine halben Meile weit auf einem schmalen Pfad zu einem kleineren, morastigen Gewässer tragen, das sich über seine gesamte Ausdehnung in eine dichte Seerosendecke und in Schweigen hüllt. Dieser kleinere See ist namenlos. Dann gibt es noch einen zweiten Pfad, auf dem man das Kanu schultern muss: keine achtzig Meter lang, von Kiefernnadeln und dem ersten weißen Pulverschnee bedeckt, der in diesem Teil der Welt mit dem Polarwind aus dem Norden kommt und einen strengen Winter verspricht, denn in dieser Gegend sind alle Winter streng. Am Ende dieses zweiten Pfads beginnt der Bear Pond. Das Ufer ist felsig – grauer Granit, der in die leuchtend grünen Wälder rings um den See übergeht. Das Wasser ist kristallklar und tief; in dieser verborgenen Welt entdeckt man die reglosen, schimmernden Gestalten der Regenbogenforellen. Es ist ein Ort, der nur wenige Kompromisse kennt; von einer frostigen Schönheit und einer Stille, die nur gelegentlich vom überirdischen Lachen eines Seetauchers unterbrochen wird. Fischadler kreisen in der eisblauen Luft über dem kleinen See und lauern auf die eine oder andere Forelle, die sich tollkühn allzu dicht an die Oberfläche wagt.
    Es war Susans Idee gewesen, Dianas Asche hierher zu bringen.
    Bruder und Schwester hatten einen alten Angelführer gefunden, der sich bereit erklärte, sie zu begleiten. Der Morgen war klar, es lag Frost in der Luft. Die Seen waren noch nicht vereist; nur eine kleine Brise, ein kalter Wind, der durch denstrahlenden Sonnenschein stob, erinnerte daran, dass diese Welt bald ihre Pforten schließen würde. Die Feriendomizile der Reichen, vor einem Jahrhundert von den Rockefellers und den Roosevelts erbaut, waren jetzt verbrettert und verwaist.
    Sie waren allein auf dem See.
    Der Führer übernahm das Heck, Jeffrey den Bug, und im Takt paddelten sie zügig gegen die Kälte an. Während die aschfarbenen Paddel ins eisige Wasser tauchten, saß Susan, ein kleines Metallkästchen mit der Asche ihrer Mutter in der Hand, in der Mitte des Kanus unter einer rot karierten Decke und lauschte auf das rhythmische Plätschern des Wassers an der Bootswand.
    Als sie das Ufer des Bear Pond erreichten, schien die Brise sich zu legen. Das Kanu knirschte auf dem Kies, und Susan entdeckte das erste dünne Eis, das sich am Rand des Wassers bildete. Der Führer ließ sie allein, um in der Mitte einer bescheidenen Lichtung den nassen Schnee beiseitezuräumen und ein kleines Feuer vorzubereiten.
    »Wir sollten etwas sagen«, schlug seine Schwester vor.
    »Wozu?«, entgegnete Jeffrey.
    Seine Schwester nickte, holte mit dem Arm aus und streute die Asche in großem Bogen in den See.
    Sie blieben eine Weile stehen und sahen zu, wie die Asche sich ausbreitete und schließlich wie Rauchwölkchen im klaren Wasser unterging.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte Jeffrey.
    »Ich denke, ich gehe nach Hause, wo es die ganze verdammte Zeit über warm ist, und sobald ich da bin, werfe ich mein Skiff an. Dann fahre ich bis zu einer seichten Stelle, wo sonst keiner hinkommt, und lasse mich einfach treiben. Ich genieße die Salzluft, bis sich ein alter Pompano blicken lässt, der nach einem Leckerbissen sucht und mir nicht allzu viel Beachtungschenkt. Dann halte ich ihm eine kleine Krabbenfliege direkt unter die
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