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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel
Autoren: John Katzenbach
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erwiderte Curtin, eine Spur verärgert, »Ich sehe immer noch nicht, wie …«
    »Die Wahl liegt also ganz bei dir«, unterbrach ihn Jeffrey, indem er Ton und Wortwahl seines Vaters nachäffte. »Deine erste Frage lautet: Kann ich alle töten? Denn wenn ich nicht drei Kugeln übrig habe, sterbe ich hier und jetzt. Und wer von uns wird dich wohl töten? Erschieß mich, und Susan ist noch da, die ihr Können bereits unter Beweis gestellt hat. Erschieß uns beide, und die kleine Kimberly schnappt sich die Uzi vom Boden und schickt dich ins Jenseits. Und wäre das nicht ein schmähliches Ende für einen Mann von deiner Größe? Von einem verängstigten Teenager durchsiebt? Das dürfte bei den anderen Mördern in der Hölle für einige Heiterkeit sorgen, wenn du zu ihrer Runde stößt. Ich hör sie jetzt schon feixen. Also, Vater, ab jetzt ist es deine Entscheidung. Was wird funktionieren? Wen willst du töten? Du weißt, dass in einer Minute hier eine Menge Schüsse gefallen sind. Ich frage mich, ob überhaupt noch eine Kugel übrig ist. Eine, mag sein. Vielleicht solltest du dir die selbst geben.«
    Jeffrey, Susan und das Mädchen waren wie zu einem Tableau gefroren und rührten sich nicht von der Stelle.
    »Du bluffst doch nur«, meinte Curtin.
    »Lässt sich leicht feststellen. Du bist der Historiker. Wer hat die Asse und Achten?«
    Curtin grinste. »Die Hand des Toten. Eine sehr interessante Pattsituation, Jeffrey. Ich bin beeindruckt.«
    Der Mörder betrachtete die Waffe in seiner Hand und versuchte offenbar herauszufinden, wie viele Patronen der Ladestreifen noch enthielt, indem er sie wie ein Stück Obst auf dem Handteller wog. Jeffrey glitt mit der Rechten ein Stück näher an die Uzi auf dem Boden. Susan tat das Gleiche.
    Curtin sah seinen Sohn an. »Green-River-Killer«, sagte er langsam. »Kannst du dich an den erinnern? Und dann natürlich mein alter Freund Jack. Warte mal, ach ja, der Zodiac-Killer aus San Francisco. Und dann der Kopfjäger von Houston. Los Angeles verdanken wir den Southside Slayer … Du verstehst, was ich meine?«
    Jeffrey atmete tief durch. Er wusste genau, worauf sein Vater anspielte.
    Das waren alles Mörder, die spurlos verschwunden waren, und die Polizei fragte sich verblüfft, wer sie waren und wo sie sich versteckten.
    »Da irrst du«, widersprach er. »Ich werde dich finden.«
    »Das glaube ich nicht«, konterte Curtin. Mit diesen Worten sprintete der Mörder, die kleine Automatik unverwandt auf die drei gerichtet, los. Er durchquerte den Raum, lief die Treppe zum Hinterausgang hoch und blieb noch einmal grinsend stehen. Dann warf er ohne ein weiteres Wort die Tür auf und sprang im selben Moment hinaus, als Sohn und Tochter gleichzeitig nach der Maschinenpistole griffen. Jeffrey war schneller, doch bis er die Waffe hochhielt und auf die Stellezielte, an der sein Vater eben noch gestanden hatte, war der Mörder draußen, und die Tür schlug hinter ihm zu.
    Susan hustete einmal. Sie versuchte das Wort
Mutter
herauszubringen, bevor sie das Bewusstsein verlor, schaffte es aber nicht mehr. Jeffrey war vor Schmerzen ebenfalls wie gelähmt und merkte, wie ihn ein Schwindelgefühl erfasste, das nicht weit von einer Ohnmacht entfernt war. Sein Bluff hatte ihn mehr Kraft gekostet, als er gedacht hätte. Indem er die Hand auf die Wunde in der Seite legte, kroch er ein Stück voran und versuchte, vor allem aus Sorge um seine Schwester, sich aufzurappeln. Erst jetzt fiel ihm ein, dass auch seine Mutter irgendwo in der Nähe sein musste. Er schleppte sich zu den Stufen und kämpfte mit der Bewusstlosigkeit wie ein Betrunkener an Deck eines schwankenden Schiffes. Er glaubte nicht, dass er es die Stufen hinauf schaffen würde, musste es aber zumindest versuchen. Vor Anstrengung rauschte es ihm in den Ohren, und seine Augen verdrehten sich. In einem fernen Winkel tief in seinem Innern hoffte er, dass sie alle diese Nacht überlebten, und mit diesem Gedanken sackte er zurück auf den Boden des Mordzimmers in das Dunkel totaler Erschöpfung.
     
    Diana sah, wie die Gestalt eines Mannes aus der Geheimtür trat, und sie erkannte ihn im selben Moment an seinem raubtierartigen Gang. Die Wucht des Wiedererkennens nach so vielen Jahren ließ sie glücklicherweise einen Schritt zurückweichen, so dass sie aus dem Licht des Hauses in den tiefen Schatten eines hohen, breiten Baumes glitt. Sie sah, wie ihr früherer Mann in der Mitte des Rasens stehen blieb und die Waffe überprüfte, die er in Händen
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