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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel
Autoren: John Katzenbach
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hielt. Sie sah, wie er den Ladestreifen herausnahm, und hörte sein kurzes, wieherndes Lachen, bevor er die leere Waffe wegwarf. Dann hob er wieein Tier, das Witterung aufnimmt, den Kopf. Auch sie reckte sich vor und hörte genau in dem Moment, wie aus der Ferne eine Polizeisirene mit hoher Geschwindigkeit näher kam. Ihr Fahrer hatte somit Jeffreys Auftrag gewissenhaft erfüllt.
    Sie drückte sich fester an den Baum und in das undurchdringliche Dunkel des Waldes. Sie sah, wie Peter Curtin die Richtung wechselte und mit großen Sätzen auf sie zu gelaufen kam. Er rannte schnell, doch nicht in Panik, sondern wie ein Sprinter, der die entscheidenden Bewegungsabläufe unendlich oft geübt hatte und jetzt, in den spannenden letzten Wettkampfsekunden, zeigte, was er konnte.
    Er schien genau zu wissen, wohin er wollte.
    Sie legte beide Hände um den Revolver und machte sich bereit. Plötzlich konnte sie seine Schritte auf dem Boden hören, das Rascheln der Zweige, die an seinen Kleidern zerrten, und dann seinen keuchenden Atem, als er in Richtung der Garage mit dem versteckten Fahrzeug rannte.
    Curtin war nur wenige Schritte von ihr entfernt, auf gleicher Höhe mit dem Baum, hinter dem sie sich versteckte, als Diana direkt hinter ihm aus dem Schatten trat und so, wie sie es von Susan gelernt hatte, den Revolver mit beiden Händen hielt. »Möchtest du jetzt sterben, Jeff?«, flüsterte sie.
    Die Wucht ihrer Stimme in seinem Nacken, so leise sie auch war, traf ihn wie ein Schlag in die Nieren, so dass er stolperte und fast vornüberfiel. Er fing sich und blieb abrupt stehen. Mit dem Rücken zu seiner früheren Frau hob er die leeren Hände in die Luft. Dann drehte er sich langsam zu ihr um.
    »Hallo, Diana«, begrüßte er sie. »Ist eine Ewigkeit her, dass mich jemand Jeff genannt hat. Ich hätte mir eigentlich denken können, dass du hier sein würdest, aber ich ging davon aus, dass die beiden dich lieber an einem entschieden sichereren Ort wissen wollten.«
    »Ich bin an einem sicheren Ort«, erwiderte Diana. Sie zog den Hahn der Pistole zurück. »Ich habe Schüsse gehört. Sag mir, was passiert ist. Und lüge mich ja nicht an, Jeff, denn dann bringe ich dich auf der Stelle um.«
    Curtin zögerte einen Moment, als überlegte er, ob er lieber weglaufen oder sich auf sie stürzen sollte. Er betrachtete die Pistole in ihren Händen und erkannte, dass beides tödlich wäre.
    »Sie sind am Leben«, sagte er. »Sie haben gewonnen.«
    Sie schwieg.
    »Sie werden wieder gesund«, fügte er hinzu, um seiner Aussage mehr Gewicht zu geben. »Susan hat meine zweite Frau getötet. Sie ist eine verdammt gute Schützin. Ich habe meinen Augen nicht getraut. Sehr ruhig, selbst unter schwierigen Bedingungen. Auch Jeffrey hat nicht die Nerven verloren. Du kannst stolz auf sie sein.
Wir
können stolz auf sie sein. Jedenfalls sind sie beide verwundet, aber sie werden es überleben. Werden bald wieder Vorlesungen halten und Rätsel entwerfen, nehme ich an. Ach so, mein kleiner Gast heute Abend, Kimberly, der fehlt ebenfalls nichts, auch wenn sich erst noch zeigen muss, was die Zukunft für sie bereithält. Diese Nacht ist, denke ich, ausgesprochen schwierig für sie gewesen.«
    Diana antwortete nicht, und er starrte auf die Waffe in ihrer Hand.
    »Das ist die Wahrheit«, versicherte er und zuckte die Achseln. Er lächelte. »Natürlich könnte es gelogen sein, andererseits, was liegt daran, so oder so?«
    Diana erkannte, dass darin eine perverse Logik lag.
    Die Sirenen wurden lauter.
    »Was hast du jetzt vor, Diana? Willst du mich der Polizei übergeben oder mich auf der Stelle erschießen?«
    »Nein«, entgegnete Diana, »ich denke, wir unternehmen zusammen eine kleine Fahrt.«
    Mit dem Lauf der Pistole deutete sie Richtung Garage.
     
    Diana saß im Fond des Geländewagens und drückte ihrem Exmann den Lauf der Pistole in den Nacken, während er durch die Enge und die Dunkelheit des Waldes fuhr. Die Lichter und Sirenen, die zum Buena Vista Drive rasten, verebbten hinter ihnen; sie tauchten in eine schwärzere, ältere Welt ein als diejenige, die sie hinter sich ließen. Die Scheinwerfer schnitten bizarre, von Stämmen verzerrte Lichtstrahlen in die Wild nis, während Curtin zwischen Baumgruppen und Bü schen hindurch und über Fels und Steine holperte. Sie befanden sich auf einer urtümlichen Piste, die kaum noch etwas von einer Straße hatte und dennoch ein Fluchtweg war, den der Mann am Lenkrad genau geplant und mindestens einmal gefahren
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