Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates
überlegte, ob er zurückgehen und nach ihm sehen sollte, aber was konnte er, Nurd, schon ausrichten? Sollte er ihn etwa mitnehmen in die Ödnis? Nein, Samuel musste schon auf sich selbst aufpassen. Aber bei dem Gedanken, dass dem Jungen Gefahr oder Leid drohte, wurde Nurd traurig und fühlte sich schuldig.
Nurd verließ die Straße und ging auf das blaue Licht zu. Er hielt es für das Beste, sich abseits der Hauptwege zu halten, also kletterte er über eine Gartenmauer und suchte zwischen Hecken und Büschen Deckung. So gelangte er im Schutz der Dunkelheit von einem Garten zum anderen.
Er war im dritten Garten angelangt, als seine Haut zu kribbeln anfing. Eine starke Macht war in der Nähe. Er konnte sie spüren. Nurd lugte durch eine Lücke in der Hecke und erblickte zwei Wesen, das eine spinnenähnlich, das andere einer Riesenkröte gleich. Beide krabbelten und hüpften die Straße entlang. Nurd erkannte sie sofort wieder.
Er warf sich auf den Boden und machte sich so klein wie möglich. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm. Diese Dämonen waren schlimm genug, aber sie waren nur die Vorboten eines größeren Unheils. Wohin sie auch gingen, ihnen folgte etwas viel Schlimmeres, ein Wesen, das über Nurd und seine Missetaten nur allzu gut Bescheid wusste. Dieses Wesen war Baal, engster Vertrauter und Mitstreiter des Großen Verderbers. Baal hatte Nurd seinerzeit zu ewiger Verbannung verurteilt. Offenbar war er schon in die diesseitige Welt gekommen und Nurd ahnte, wo der Oberdämon jetzt war.
Baal wartete am Portal auf die Ankunft seines Meisters.
Kapitel neunundzwanzig
in welchem Nurd sich als recht netter Bursche erweist
H inter der Hecke im Vorgarten erspähte Samuel etwas, was wie ein Dämon aussah. Sich hinter eine Hecke zu ducken, schien Samuel nicht gerade ein besonders dämonisches Betragen zu sein. Seine bisherigen Erfahrungen mit Dämonen hatten ihn gelehrt, dass sie mehr oder weniger furchterregend waren, auch mysteriös oder – wie im Fall des Dämons, der sich kurzzeitig unter Samuels Bett versteckt hatte – als Dämonen einfach eine Fehlbesetzung. Bisher hatte er nur einen einzigen getroffen, der ängstlich war.
»Was hältst du davon?«, fragte ihn Maria, als sie in der dunklen Küche standen und den Dämon beobachteten.
»Vielleicht will er sich gerade auf jemanden stürzen«, sagte Tom.
»Nein«, widersprach Samuel. »Er heißt Nurd, und er ist der Dämon, der in meinem Zimmer aufgetaucht ist. Er hat ganz offensichtlich Angst. Das sehe ich von hier aus.«
»Also ich bin wirklich nicht gerade scharf darauf, diesen Nurd zu fragen, was für Probleme er hat«, sagte Tom. »›Entschuldigen Sie, Herr Dämon, haben Sie vielleicht Angst? Haben Sie heute vielleicht einen schlechten Tag?‹ Er ist immerhin ein Dämon, schon vergessen? Hallooo, eigentlich müsste er uns Angst einjagen. Was sollte so entsetzlich sein, dass einer wie er sich fürchtet?«
Schweigend dachten sie über das nach, was Tom gerade gesagt hatte. Was konnte so schrecklich sein, dass sogar ein Dämon sich davor fürchtete? Samuel beobachtete Nurd. Er schien gerade auf seinen Fingernägeln zu kauen. Nurd mochte ein Dämon sein, aber Samuel wusste, dass er einen guten Kern hatte, auch wenn er die Welt beherrschen wollte. Und überhaupt, wie lautete doch gleich das alte Sprichwort? Der Feind meines Feindes ist mein Freund …
Samuel ging zur Küchentür. »Ich werde mit ihm reden.«
»Bist du sicher?«, fragte Mrs Johnson.
Dr. Planck wollte widersprechen, doch die anderen ließen ihn gar nicht erst zu Wort kommen.
»Einen Versuch ist es wert«, sagte Samuel. »Wenn er ekelhaft werden will, dann können wir ja immer noch die Tür zuschlagen oder Tom kann mit dem Schläger auf ihn einhauen. Aber ich glaube nicht, dass das nötig sein wird. Ehrlich gesagt, mag ich ihn.«
Samuel öffnete die Tür und steckte den Kopf durch den Spalt.
»Psst!«
Nurd, der ohnehin schon sehr angespannt war, machte sich bei dem Geräusch vor Angst fast in die Hose. Er blickte sich um und sah den Kopf eines bebrillten kleinen Jungen durch einen Spalt in der Tür.
»Was machst du in meinem Garten?«, fragte Samuel.
»Na was wohl?«, fragte Nurd zurück. »Ich verstecke mich. Geh weg, Samuel, hier ist es gefährlich.«
»Weshalb versteckst du dich? Sind das nicht deine Freunde dort draußen?«
»Diese Bande?«, schnaubte Nurd und fuchtelte mit seinem großen Daumen durch die Luft. »Das sind nicht meine Freunde. Im Gegenteil, wenn
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