Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Phantom der Freiheit

Das Phantom der Freiheit

Titel: Das Phantom der Freiheit
Autoren: Kurt Luif
Vom Netzwerk:
noch hoher Unfruchtbarkeitsrate, auf der anderen Seite eine an der Sterblichkeitsquote und dem Arbeitskräftebedarf orientierte Androidenproduktion.
    Selbst in den frühen Tagen hatten die Androiden ihre Fürsprecher gehabt. Nicht sie waren es, die für ihre Gleichstellung mit den Menschen kämpften, sondern Menschen, die sich für die Sache der Androiden einsetzten.
    Die entschiedensten Vorkämpfer für die Gleichberechtigung der Androiden waren Leute, die keine Kinder haben konnten und junge Androiden adoptiert hatten. Natürlich ließen sie ihnen alle Zärtlichkeit und Fürsorge zuteil werden, die sie ihren eigenen Kindern gegeben haben Würden, und so war es nur folgerichtig, daß sie sich gegen die Diskriminierung der Androiden wendeten. Niemand hat es gern, wenn der eigene Sohn oder die eigene Tochter als ein minderwertiges Wesen behandelt wird.
    Das war die Geschichte, wie Dr. Geller sie in großen Zügen skizzierte, während sich im Gerichtssaal eine allgemeine Schläfrigkeit ausbreitete. Der Richter blickte zur Decke auf, die Beisitzer dösten, Aktenstudium vortäuschend, an ihren Plätzen. Nur Roderick schenkte Dr. Gellers Ausführungen höfliche Aufmerksamkeit.
     
    Jeder im Saal wußte, daß die Ruhepause beendet war, als Rodericks Stimme den mit leiser Stimme gehaltenen Vortrag Dr. Gellers ablöste. Vielleicht entging dem einen oder dem anderen Rodericks Frage, aber alle hörten die Antwort:
    »... darf als wissenschaftlich gesichert gelten, daß Androiden steril, das heißt zur Fortpflanzung unfähig sind. Anfangs gab es Befürchtungen, daß eine Reproduktion möglich sei und daß die etwaigen Nachkommen androidmenschlicher Elternpaare zu Kretinismus und vergleichbaren körperlich-geistigen Deformationen neigen würden. Aber es kam zu keiner Fortpflanzung. In den acht bis zehn Generationen, die seit der Erzeugung der ersten Androiden vergangen sind, ist kein einziger Fall bekannt geworden.«
    »Nur noch einen Punkt, Doktor«, sagte Roderick. »Es gibt, soviel ich weiß, eine Methode zur Identifikation – irgendwelche Mittel, um einen Menschen von einem Androiden zu unterscheiden, und umgekehrt. Ist das richtig?«
    »Es gibt zwei Unterscheidungsmerkmale«, antwortete Dr. Geller. Einige Leute im Saal merkten interessiert auf. Andere machten ihre Gleichgültigkeit deutlich, um zu zeigen, daß sie wußten, was nun kam. »Das eine ergibt sich aus dem Fingerabdrucksystem. Es ist auf Androiden genauso anwendbar wie auf Menschen, und in jeder Krippe werden von jedem Androiden die Fingerabdrücke genommen, bevor er sie verläßt. Sollte es aus irgendeinem Grund notwendig werden, eine Person zu identifizieren, die möglicherweise androiden Ursprungs ist, werden ihre Fingerabdrücke genommen und zur zentralen Erfassungsstelle für Androiden geschickt, wo sie mit den dortigen Unterlagen verglichen werden. Ein leistungsfähiger Computer erledigt die Arbeit in Minutenschnelle, und rechnet man die Zeit für den Versand dazu, dauert der ganze Prozeß nicht länger als ein paar Tage. Danach ist die betreffende Person entweder als android identifiziert, oder, falls identische Fingerabdrücke nicht vorliegen, als menschlich.«
    »Irrtümer sind nicht möglich?«
    »Irrtümer sind immer möglich. Das System ist vollkommen, aber Irren ist menschlich.«
    »Gewiß«, sagte Roderick. »Aber wird man annehmen dürfen, daß die Möglichkeit eines Irrtums in diesem Fall gering ist?«
    »Das darf man annehmen. Sehr gering. Was nun die andere Identifikationsmethode angeht: Sie ist ein Relikt aus der Frühzeit der Androidenherstellung, und viele von uns fühlen ... Aber das tut nichts zur Sache.« Zum ersten Mal zeigte Dr. Geller eine etwas unbehagliche Miene, als er fortfuhr: »Wie wir gesehen haben, werden Androiden nicht geboren. Es gibt keine Nabelschnur. Der Nabel ist klein, völlig rund und trägt mehr oder weniger deutlich die mit einem Tätowierstempel in die Haut pigmentierte Inschrift ›Made in U.S.A.‹ – jedenfalls in diesem Land.«
    Ein Gekicher lief durch die Reihen der Zuhörer. Dr. Geller errötete leicht. Es gab viele Witze über die kleinen Stempel, die alle Androiden trugen, darunter auch politische. Einer von diesen hatte die etwas magere Pointe, daß der erste Androidenpräsident der Vereinigten Staaten, nach einem Staatsbankett mit einer Kolik ins Krankenhaus eingeliefert, die schockierten Ärzte statt mit der Inschrift »Made in U.S.A.« mit dem Stempel »Made in U.S.S.R.« konfrontiert hatte.
    Dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher