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Das Phantom der Freiheit

Das Phantom der Freiheit

Titel: Das Phantom der Freiheit
Autoren: Kurt Luif
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Androide sind?«
    »Durchaus nicht. Ich bin ein Androide.«
    »Ich sehe. Nun, können Sie uns vielleicht sagen, was Androiden sind, wann sie zuerst gemacht wurden, und warum?«
    »Androiden sind einfach Leute. Sie unterscheiden sich von Menschen nur darin, daß sie gemacht statt geboren werden. Ich nehme an, Sie wollen nicht von mir hören, wie der Prozeß im einzelnen abläuft. Man beginnt mit ein paar lebenden Zellen – das ist immer eine Voraussetzung – und formt allmählich einen vollständigen menschlichen Körper. Es gibt keinen Unterschied, das muß ausdrücklich betont werden. Ein Androide ist ein Mann oder eine Frau, in keinem Sinn aber ein Roboter oder Automat.«
    Wieder ging eine leichte Bewegung durch den Saal, und der Richter lächelte fast unmerklich. Rodericks Zeuge schien zu einer Belastung für ihn zu werden, aber Roderick nickte bloß; anscheinend war alles unter Kontrolle.
    »Vor etwa zweihundert Jahren«, fuhr Dr. Geller fort, »zeigte sich, daß die Menschheit vom Aussterben bedroht war. Die weltweite Nutzung der Kernenergie hatte zu einem allmählichen Ansteigen der Radioaktivität in Boden, Luft und Wasser geführt. Radioaktive Reststoffe konzentrierten sich in der Nahrungskette, und der Mensch als Endverbraucher speicherte diese Stoffe in seinem Körpergewebe. Die Folge war eine starke Zunahme der Unfruchtbarkeit. Die Gesamtbevölkerung halbierte sich mit jeder Generation. Selbst wenn menschliches Leben andauerte, bedeutete diese Entwicklung das Ende der Zivilisation ...«
    Es war für alle ziemlich langweilig. Selbst Dr. Geller schien nicht sehr interessiert an dem, was er sagte. Dies war der Teil, den jeder kannte, den jeder in der Schule gelernt hatte. Aber der Richter schaltete sich nicht ein. Er mußte sich zu seinem Ausgangspunkt bekennen, und so gesehen war alles das relevant.
     
    Zuerst waren die Androiden nur ein humanbiologisches Experiment gewesen, interessant, weil es sich von Anfang an erstaunlich erfolgreich angelassen hatte. Man benötigte nur eine gewisse Zahl von Gewebezellen menschlicher Spender, eine richtig komponierte Nährlösung und einen Auslöser, der das in den Zellkernen gespeicherte genetische Programm aktivierte. Weil die Theorie seit langem bekannt war und auch in der medizinischen Praxis Eingang gefunden hatte – etwa wenn es darum ging, verlorene Gliedmaßen von Unfallopfern durch natürliches Nachwachsen zu erneuern –, gab es nur wenige Fehlschläge. Sobald das Geheimnis der kompletten Reproduktion entdeckt war, konnte man mit biologisch-künstlichen Mitteln Lebewesen herstellen, die bis zur letzten Dezimalstelle vollwertige Männer und Frauen waren. Es gab nur einen winzigen Nachteil. Sie konnten sich nicht fortpflanzen, weder untereinander noch mit menschlichen Partnern. Alle Funktionen waren normal, nur kam es niemals zur Empfängnis.
    Doch als die menschliche Bevölkerung zurückging und die öffentlichen Dienste unzulänglich wurden oder ganz zusammenbrachen, kam die brillante Idee ganz von selbst: Warum sollte man das nicht von Androiden machen lassen?
    Also wurden Androiden in Großserien hergestellt und für diese Arbeiten ausgebildet. Zuerst wurden sie wie Tiere behandelt, aber das dauerte nur, um der Menschheit Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, bis allgemein erkannt wurde, daß Androiden Leute waren und daß sie an Begabung, Intelligenz und Geschicklichkeit der übrigen Bevölkerung in nichts nachstanden. Allmählich erklommen sie den sozialen Status von Sklaven. Das Seltsame war, daß Androiden sich nicht als erwachsene Menschen ausbildeten, sondern daß ihre genetische Programmierung sie als normale Säuglinge entstehen ließ, die dann aufwachsen mußten, bevor man sie zur Arbeit einsetzen konnte. Es war nicht möglich, dumme, aber kräftige erwachsene Androiden herzustellen, die nach kurzer Schulung in den Produktionsprozeß eingegliedert werden konnten. Sie wuchsen wie die Menschen heran, die sie eigentlich waren, und sie trugen das Erbgut der menschlichen Gewebespender in sich.
    Dann kam es allmählich zu einem Stillstand des Bevölkerungsschwunds. Die Stillegung aller mit Kernenergie arbeitenden Anlagen begann nun, nach mehreren Generationen, Früchte zu tragen, die Gefahr des völligen Aussterbens der Menschheit schien gebannt. Die Produktion von Androiden wurde gedrosselt, zeitweise sogar unterbrochen. Allmählich wurde ein Gleichgewichtszustand erreicht – auf der einen Seite eine fast statische menschliche Bevölkerung mit immer
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