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Das Phantom der Freiheit

Das Phantom der Freiheit

Titel: Das Phantom der Freiheit
Autoren: Kurt Luif
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dem Gesetz gleich, und Sie können Mitglieder eines Gerichts nicht wegen Befangenheit ablehnen, nur weil sie etwa Androiden sind.«
    »Aber dieser Fall geht die Rechte von Menschen und Androiden an«, protestierte Roderick.
    »Sie befinden sich im Irrtum«, erwiderte Richter Collier streng. »Wenn Ihre Einrede solche Gesichtspunkte in den Vordergrund stellt, können wir genausogut die Verhandlung beenden und nach Hause gehen. Sie können sich von Ihrer Frau nicht scheiden lassen, weil sie ein Androide ist.«
    »Aber sie hat es mir nicht gesagt ...«
    »Auch dann nicht. Kein Androide ist nach geltendem Recht verpflichtet. Angaben darüber zu machen, ob er ...«
    »Ich weiß das alles«, sagte Roderick verdrießlich. »Ich hatte nie mit Gerichten zu tun, aber ich kenne die Rechtslage. Ich begehre die Scheidung mit der Begründung, daß Alison mir bis nach unserer Eheschließung die Tatsache verborgen hat, daß sie unfähig ist, ein Kind zu haben.«
    Es war die logische Vorgangsweise, aber für manche Leute kam sie trotzdem überraschend. Es gab Gemurmel und erwartungsvolle Spannung. Hier war ein Argument, das der Richter nicht zurückweisen konnte.
    Alison beobachtete Roderick und lächelte bei dem Gedanken, daß sie ihn besser als sonst jemand im Gerichtssaal kannte. Wenn er ruhig war, war er gefährlich, und er bemühte sich, ruhig zu sein. Und als sie ihn beobachtete, überlegte sie einesteils, wie sie ihn aus dem Gleichgewicht bringen und ihm das Konzept verderben könne, während sie andernteils hoffte, daß er eine gute Figur machen würde.
    Sie wurde gebeten, ihre Aussage zu machen, und sie tat es geistesabwesend, in Gedanken noch immer bei Roderick. Ja, sie widersetze sich der Scheidung. Nein, sie wolle nicht leugnen, daß die Tatsachen sich so verhielten, wie ihr Mann ausgesagt hatte. Mit welcher Begründung sie sich dann der Scheidung widersetze?
    Sie zwang sich zur Aufmerksamkeit und sagte lächelnd: »Oh, das ist ganz einfach. Ich kann es mit ein paar Worten sagen. Woher wissen wir, daß ich kein Kind haben kann?«
    Reporter schrieben das Wort »Sensation« in ihre Berichte, möglicherweise etwas voreilig, und auch Alison wußte, daß sie mehr tun mußte.
    »Ich könnte noch mehr anführen«, sagte sie, »aber im Moment will ich nur sagen, daß ...« Sie zögerte, errötete. Sie fühlte es in ihrem Gesicht und war zufrieden mit sich. Sie hatte gezweifelt, ob sie es zuwege bringen würde. »Ich spreche nicht gern von solchen Dingen, aber es ist wohl notwendig. Als ich Roderick heiratete, war ich Jungfrau. Wie konnte ich also vorher wissen, daß ich kein Kind haben kann?«
     
    Es dauerte ziemlich lange, bis danach wieder Ruhe einkehrte. Der Richter mußte wiederholt zur Ordnung rufen und drohen, den Gerichtssaal räumen zu lassen. Alison fing Rodericks Blick auf, und er grinste und schüttelte langsam den Kopf. Sie wußte, was er damit meinte. Sie hatte ein rein künstliches Argument vorgetragen, das nur im Augenblick einen gewissen Überraschungseffekt verbuchen konnte. Sie wußte, daß sie ein Androide war und daß Androiden keine Kinder bekamen. Der Rest war irrelevant.
    »Wir haben festgestellt«, sagte der Richter, »worum es geht. Alison Liffcom gibt zu, daß sie vor ihrem Mann die Tatsache verbarg, daß sie ein Androide ist, wozu sie durchaus berechtigt war ...« Er blickte stirnrunzelnd zu Roderick, der sich erhoben hatte. »Nun?«
    Roderick war im Moment der Psychologe. »Sie erwähnten das Wort ›Androide‹, Herr Vorsitzender. Haben Sie vergessen, daß niemand von uns weiß, was ein Androide ist? Sie sagten, glaube ich, wir hätten niemals von Androiden gehört.«
    Richter Collier machte ein hilfloses Gesicht, dann sagte er ohne Enthusiasmus: »Richtig, ja. Möchten Sie es uns sagen?«
    »O nein«, wehrte Roderick ab. »Ich habe einen kompetenten Fachmann mitgebracht, der das besser kann. Doktor Geller ist ein Mann von Rang und Namen.«
    Dr. Geller trat in den Zeugenstand, silberhaarig, würdig. Roderick stellte sich ihm gegenüber auf. Er war ruhig und gelassen. Die meisten Zuhörer waren Frauen. Er wußte, wie er Leute beeindrucken konnte, und er tat es.
    »Was sind Sie, Doktor?« fragte er kühl.
    »Ich bin Direktor der Everton-Krippe, wo die Androiden für den gesamten Staat gemacht werden.«
    »Dann wissen Sie eine Menge über Androiden, nicht wahr?«
    »Das ist richtig.«
    »Für den Fall, daß es jemanden interessiert: Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns zu sagen, ob Sie Mensch oder
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