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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas
Autoren: Fred Vargas
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sagte Louis.
    Blanchet hatte alles vorbereitet, er hielt ihm wortlos zwei alte verschnürte Taschen und einen kleinen Karton hm, und die Tür schloß sich wieder.
    »Gehen wir ins Café und fahren dann?« fragte Marc, der den Karton trug.
    »Gib mir Zeit bis heute abend für die letzten Arbeiten«, erwiderte Louis. »Und dann muß ich Pauline sehen. Ich sag’ nur hallo, und wir fahren.«
    »Einverstanden«, seufzte Marc, »dann nehme ich den Seigneur Hugues mit ins Café de la Halle, dort findest du mich.«
    Louis machte sich auf die Suche nach Guerrec. Marc legte die Rechnungsbücher der Lehnsherrschaft auf einen Tisch, den ihm die alte Antoniette freiräumte, und begann eine Partie Tischfußball mit Mathias. Louis hatte gesagt, daß man jetzt reden könne, daß man allen, die im Café wären, alles erzählen könne, ganz wie man wolle, und nichts vermochte Marc besser zu entspannen. Mathias widersetzte sich Marcs Schwatzen nie, Mathias war ein vollkommener Mann. Während Marc, umringt von Fischern, Angestellten des Rathauses und der alten Antoinette, die das Kommen und Gehen der vielen Weißweingläser überwachte, lang und breit redete, konnte der Jäger alle Partien gewinnen, aber Marc setzte seinen Stolz nicht in die kleine Kugel des Tischfußballs.
    Louis kam gegen ein Uhr ins Café zurück. Nach einem nächtlichen Wutanfall, der so beängstigend war, daß der Arzt gerufen werden mußte, hatte Sevran am Morgen in Guerrecs Verhör eingewilligt und ihm die Auskünfte hingeschleudert wie einem Hund seinen Fraß, gehässig, bebend und voll Verachtung. Es störte Guerrec nicht, unaufhörlich als erbärmlicher Wicht tituliert zu werden, solange er Informationen bekam. Um seinen Freund Thomas vom Balkon zu stürzen, hatte Sevran ein einfaches Mittel angewandt. Nachdem Diego im Hotel eingeschlafen war, war er in den Hof zurückgekehrt. Thomas erwartete ihn auf dem Balkon, so hatten sie es beide vereinbart. Lina waren die Schreibmaschinen immer egal gewesen, mit Ausnahme eines einzigen Modells, der »Hurter« – aus dem kindischen Grund, daß sie als unauffindbar galt. Niemand hatte je eine Hurter besessen. Sevran war es gelungen, sie zu finden, und er hatte vor, sie Lina zu ihrem nächsten Geburtstag zu schenken, ein riesiges Geschenk und ein Geheimnis zwischen den beiden Männern. Er brachte also die schwere Maschine in den Hof, sie war in eine Decke gewickelt und an einem langen Riemen befestigt, den er Thomas hinaufwarf. Wickel ihn dir ums Handgelenk, damit sie nicht runterfällt. Thomas wickelte, hievte die Maschine hoch, und als sie in etwa zwei Metern Höhe war, sprang Sevran, klammerte sich fest und zog. Thomas kippte über die Brüstung, und Sevran erledigte ihn, indem er seinen Kopf gegen den Boden schlug. Er löste den am Handgelenk befestigten Riemen und war bereits auf der Straße, als Lina auf den Balkon stürzte. Die Maschine hatte was abbekommen, präzisierte er, aber es war eine klobige Olympia-Büromaschine aus den dreißiger Jahren. Die Hurter, nein, Sie erbärmlicher Wicht, die hatte er nie aufgetrieben. Und wenn er sie aufgetrieben hätte, würde er es nicht sagen.
    Louis führte den Bürgermeister – es war Aperitif-Zeit in das Hinterzimmer und stellte sich mit dem Rücken zum Feuer. Der Bürgermeister hörte sich Louis’ Bericht an, es bewegte sich ein wenig im Teich, es tat sich was im Kräuseln der Wasserfläche, unter der die Karpfen lebten.
    »Was heißt ›parteilos‹ eigentlich genau?« fragte Louis.
    Chevalier tänzelte von einem Fuß auf den anderen und bog dabei seine Finger um.
    »Mach, wie es dir gefällt, Chevalier«, sagte Louis, der am Ende dazu übergegangen war, alle zu duzen. »Wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann nimm dir ab und zu im Bett die Zeit nachzudenken, morgens oder abends mit deinem Cognac, ganz wie du willst, das ist mir egal, denk zum Beispiel an den Pisser und versuch, deine nicht allzu parteilosen Schlußfolgerungen daraus zu ziehen, damit würdest du mir einen Gefallen tun, aber das ist deine Sache. Ich tue dir einen Gefallen, ich übergebe dir die gesamte Akte, die Blanchet gegen dich zusammengestellt hat.«
    Chevalier blickte besorgt.
    »Ja, ich habe sie natürlich gelesen«, bemerkte Louis. »Ich habe sie gelesen und überlasse sie dir. Sie ist gut geschnürt, Blanchet verstand es zu schnüren, wie ich gesagt habe. Deine Verstrickungen sind banal, ›parteilos‹, würde ich sagen, sie führen nicht weit, das interessiert mich nicht, aber sie hätten
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