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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas
Autoren: Fred Vargas
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im leeren Zimmer auf und ab, in das sie immer wieder zurückkehrt, fährt über die alten Erinnerungsstücke, und schließlich findet sie. Was? Wo? Das wirst du uns noch sägen, vielleicht ein paar zusammengerollte Blätter in dem alten Regenschirm, der hinter der Tür stehen geblieben ist. Ich sage Regenschirm, weil so was nicht in Kartons gepackt wird und weil einer dort stand, ich habe mich danach erkundigt. Ich stelle mir das so vor, ein einfaches Versteck, du wirst es uns noch sagen. Sie liest es, sie weiß Bescheid. Du gehst zu Marie, schlägst sie nieder, nimmst sie mit, zerschmetterst sie in der Hütte, im Gehölz, wo immer du willst, und bringst sie zum Strand hinunter. Das hat dich keine zehn Minuten gekostet. Den Stiefel wiederfinden und ihn ihr wieder anziehen kostet dich weitere zehn Minuten. Dann verziehst du dich nach Paris, und da kommt das Drama. Das Tierdrama, das deine Mechanik nicht vorgesehen hat: Der Hund kackt auf das Baumgitter. Schön, nicht? Findest du nicht? Die elementare, intestinale Natur, die die chromglänzende Perfektion deiner Turbinen aufhält … Von jetzt an weißt du es, mißtraue der Natur und nimm dir keinen Hund. Die Bullen tauchen hier auf, Ermittlungen werden angestellt, das war nicht vorgesehen, du setzt deinen Motor wieder in Gang und wehrst den Schlag ab, indem du deinen Schutz der heiligen Mechanik anvertraust. Du beschuldigst Gaèl und Jean, du steckst mir das Briefchen in die Tasche. Gut erkannt, Ingenieur, du hast mich Zeit verlieren lassen, und dann waren meine Gedanken von etwas anderem abgelenkt. Ich habe mich kundig gemacht über die Virotyp 1914. Es ist eine seltsame Maschine, deren oberer Teil abnehmbar, auf einen winzig kleinen Schlitten montierbar und damit tragbar ist, nicht wahr? So tragbar, daß das Teil in eine Tasche paßt, und mit der Geschicklichkeit, über die du verfügst, kann man ein Briefchen tippen, während man die Hand im Mantel hat. Aber wie? Wie soll man die Buchstaben auf der Scheibe sehen? Blind tippen? Ganz genau, das kannst du. Es gibt ein Modell der Virotyp mit Buchstaben und Brailleschrift, das für die Kriegsblinden entwickelt wurde. Und genau die besitzt du, ein eher seltenes Exemplar. Ich habe das alles in Rennes in dem Buch von Ernst Martin gelesen, dem Standardwerk der Sammler, das auch auf dem Büffet in deiner Küche liegt. Mir war es aufgefallen, verstehst du, es ist ein deutsches Buch. Das mit deiner Virotyp ist eine geniale Idee. Vor aller Augen bist du den gesamten Nachmittag im Café geblieben. Du hast das Briefchen nicht tippen können, du bist frei von jedem Verdacht, perfekt von den Geheimnissen deiner wunderbaren Maschine geschützt. Ich selbst habe es Guerrec gegenüber beteuert. In Wirklichkeit hast du deine Botschaft an Ort und Stelle in deiner Tasche zu Ende geschrieben, nachdem du die 7 gespielt hast. Du hattest nach der Partie deinen Mantel wieder angezogen. Danach war es einfach, das Papier mit einem Taschentuch zu fassen, es abzuwischen und in meine Jacke fallen zu lassen. Als du wieder zu Hause warst, hast du den abnehmbaren Teil wieder auf das große Unterteil der Virotyp montiert. Du erlaubst mir doch, deine Maschine noch einmal anzusehen, sie interessiert mich, ich muß gestehen, daß ich so was nicht kannte. Und darauf hast du dich verlassen: Wer könnte so was kennen? Wer kann sich vorstellen, daß so eine altertümliche Maschine in einer Manteltasche Platz hat? Aber da irgend etwas in dem Bild nicht recht stimmte, habe ich mir ein paar Bücher angesehen, ich bin manchmal ein Mann der Nachforschungen, Ingenieur, man darf nicht alle anderen für Idioten halten, da liegt der Fehler. Und außerdem hast du Gaèl hinuntergestoßen, du hast mit Gaèls Leben nichts zu schaffen, es ist nur ein kleiner Hebel in deiner schmutzigen Konstruktion.«
    Louis machte eine Pause und hob die Arme. Er sah Marc und Mathias an.
    »Ich reg mich auf, wie Marthe sagen würde. Zeit, daß wir zum Ende kommen. Lina ist dir gefolgt, als du in der Nacht rausgegangen bist, um Gaèl aufzusuchen. Und wenn sie das getan hat, dann nur, weil sie dich verdächtigte. Und wenn sie dich verdächtigte, dann war ihr Schicksal besiegelt. Du läßt Zweifel gegen sie aufkommen. Die Festnahme von Jean scheint dir nicht ganz sicher, an diesem Morgen in der Kirche, als der Frömmler über den Verlust seines Freundes Gaèl schluchzt, wirkt Guerrec unentschlossen auf dich. Also wird Lina bezahlen, bevor sie nicht mehr mitmacht. Du mußt alles getan haben,
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