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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes
Autoren: John Maddox Roberts
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bloße Geruch macht sie wild.“
    „Wie auch immer“, meldete ich mich zu Wort, „der Mann ist tot und wurde möglicherweise ermordet. Als Praetor werde ich den Fall untersuchen.“
    „Aber ehrenwerter Praetor Metellus“, wandte Plotius zaghaft ein, „du bist Praetor peregrinus und als solcher für die Fälle zuständig, in die Ausländer verwickelt sind. Wie es aussieht, sind hier aber nur Einheimische anwesend.“
    „Quatsch!“, wies ich den Einwand zurück und deutete auf die schwarz gewandeten Anhänger der Hekate. „Diese Kreaturen sind nicht weniger Ausländer als ein Haufen Briten. Ich übernehme den Fall.“
    „Wie du wünschst“, gab sich Plotius seufzend geschlagen.
    „Ich möchte, dass die Leiche ans Tageslicht geschafft wird“, ordnete ich an. „Auf geht's! In den Tunnel und hoch marschiert! Und dass niemand es wagt, dem Rauch der Fackeln und Lampen irgendetwas beizumischen!“
    „Aber Praetor“, wandte Iola händeringend ein, „wir müssen erst gewisse Zeremonien durchführen. Dieser heilige Ort ist durch den Tod verunreinigt worden. Wir müssen Lustrationen und Opferungen ...“
    „Verschieb das auf später“, fiel ich ihr ins Wort. „Außerdem darf sich keiner von deinen Leuten entfernen, bevor ich alle verhört habe.“
    Sie verbeugte sich auf fast orientalische Weise. „Wie du wünschst, Praetor.“
    Wir machten uns auf den beschwerlichen Rückweg durch den seltsamen Tunnel, und, anders als bei unserem Abstieg, hatte ich diesmal nicht die Muße, mir über seine Eigenartigkeit Gedanken zu machen. Was hatte das alles zu bedeuten? Trotz meiner sachlich-nüchternen Fassade war ich genauso beunruhigt wie alle anderen. Erst dieses fremdländische Ritual und der Abstieg in den unheimlichen Tunnel, dann der geheimnisvolle Fluss mit seiner angeblichen Göttin, und jetzt auch noch ein toter Mann, den wir vor kurzem noch lebendig gesehen hatten und der auf unergründliche Weise ums Leben gekommen war. Das reichte, um selbst einen Philosophen aus der Fassung zu bringen.
    Doch dieser Zustand währte nicht lange. Ich hatte schon angefangen, mich zu langweilen, und jetzt hatte ich endlich eine interessante Aufgabe.
    Die frische Luft und das Sonnenlicht hoben die allgemeine Stimmung schnell wieder, nur Iola blieb trübsinnig.
    Die Sklaven legten den Körper des toten Eugaeon auf den Boden, und ich sah ihn mir genauer an. „Zieht ihn aus“, wies ich die Sklaven an.
    „Decius!“, rief meine Frau schockiert. „Das ist absolut würdelos!“
    „Oh, das Nacktsein sollte ihm nichts ausmachen, schließlich ist er Grieche, oder? Beziehungsweise, er war Grieche, sollte ich vielleicht besser sagen.“
    Julia wirbelte herum und stapfte davon. Ihre Begleiterinnen nahm sie mit, außer Antonia natürlich, die näher herankam, um besser sehen zu können.
    Ohne seine Kleidung wirkte der Mann zusammengeschrumpft. Er war nicht fett, was bei Priestern ja sonst die Regel ist. Sein Gesicht und sein Körper wiesen die typischen Konturen eines Mannes um die vierzig auf, insgesamt war er ziemlich mager, aber nicht unterernährt. Das einzig Merkwürdige an ihm war, dass er komplett enthaart war.
    „Er hat kein einziges Haar“, stellte ich fest. „Wird dies von Apollopriestern verlangt?“
    „Ich wünschte, mehr römische Männer würden diesem Beispiel folgen“, mischte Antonia sich ein. „Ich finde es sehr attraktiv. Alle meine Sklaven sind enthaart.“ Ein weiteres Detail über Antonia, das ich wirklich nicht wissen musste.
    „Ist schon jemand unterwegs, um die anderen Priester zu holen? Vielleicht können sie mir sagen, ob Apollopriester keine Haare haben dürfen.“ Einer meiner Assistenten rannte los, um sie zu holen. Die Vorderseite der Leiche wies keine Spuren von Gewaltanwendung auf. „Umdrehen!“, wies ich die Sklaven an. Auf der Rückseite war auch nichts zu sehen.
    „Er muss ertränkt worden sein“, stellte Hermes fest. „Nicht unbedingt“, entgegnete ich. „Es gibt etliche Methoden, einen Mann umzubringen, ohne auf seinem Körper Spuren zu hinterlassen. Als Erstes fällt mir da vergiften oder erdrosseln ein.“
    „Vielleicht hat ihn jemand zu Tode erschreckt“, schlug ein besonders Schlauer vor.
    „Er hat aber keinen erschrockenen Gesichtsausdruck“, wandte ein anderer ein.
    „Ich habe noch nie eine Leiche mit irgendeinem Gesichtsausdruck gesehen“, erklärte ich ihnen. „Und die meisten Leichen, die ich gesehen habe, waren unmittelbar vor ihrem Dahinscheiden zu Tode
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