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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes
Autoren: John Maddox Roberts
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deutlich“, stellte ich fest. „Nicht wie das Gebrabbel von diesem alten Weib in Cumae, das nur irgendwelches Kauderwelsch stammelt.“
    „Decius!“, zischte Julia. Sie schalt mich der Respektlosigkeit, keine Frage.
    „Also wird der Senat gewinnen, und der Bestand unserer republikanischen Institutionen ist gesichert?“
    „Der Senat ist zum Scheitern verdammt.“
    „Wie können beide zum Scheitern verdammt sein? Wer wird denn letzten Endes siegen?“
    „Caesar wird siegreich sein und viele, viele Jahre herrschen.“
    „Ich nehme alles zurück. Sie redet doch Kauderwelsch. Wie kann Caesar jahrelang herrschen und gleichzeitig zum Scheitern verdammt sein?“
    „Praetor“, mischte Iola sich ein. „Du hast drei Fragen gestellt, und sie sind alle beantwortet worden. Mehr als drei Fragen sind nicht erlaubt.“
    „Was? Das hast du mir nicht gesagt, bevor wir hier hinab gestiegen sind.“
    „Egal. Es ist ein uralter Brauch. Drei Fragen, und keine einzige mehr.“
    Ich fühlte mich betrogen, ohne genau zu wissen, warum. Weitere Fragen hätten nur zu weiteren unsinnigen Antworten geführt. Ich verließ das Wasser und gesellte mich wieder zu meinen Begleitern. Hermes reichte mir eine Karaffe, und ich genehmigte mir einen ordentlichen Schluck guten Falerner.
    „Verehrte Priesterin Iola“, meldete sich Julia zu Wort. „Darf ich mich auch der Göttin nähern?“ Ich unterdrückte ein Aufstöhnen. Mit mir redete sie nie so respektvoll. „Gerne.“
    Julia ging ins Wasser, und mir graute vor dem, was passieren würde. Zweifellos würde sie die Göttin vor allen diesen Leuten nach einer Heilungsmöglichkeit für ihre Unfruchtbarkeit fragen. Doch zu meiner Überraschung und in gewisser Hinsicht auch zu meiner Erleichterung stieß sie nur einen ohrenbetäubenden Schrei aus.
    „Julia! „, wies ich sie zurecht. „So heiß ist das Wasser nun auch wieder nicht.“
    Doch sie zeigte auf etwas, das ein paar Fuß vor ihr im Wasser lag. Mein zunehmend spärlicher werdendes Haar stand mir zu Berge, als ich sah, dass dort etwas an der Oberfläche trieb. Ich stürzte zu Julia und zog sie aus dem Wasser. Inzwischen schrieen auch einige andere Frauen. Und wenn ich mich recht erinnere, konnten auch ein paar der Männer nicht an sich halten.
    „Was ist das?“, fragte Iola, während sie angestrengt aufs Wasser starrte.
    „In diesem Wasser existiert bestimmt kein Lebewesen!“, rief Antonia und eilte ans Ufer, um besser sehen zu können. „Da hast du Recht“, entgegnete ich. „Es ist in der Tat nichts Lebendiges. Es ist ziemlich tot, um genau zu sein.“ In diesem Moment sah ich, dass es eine mit einem weißen Gewand bekleidete Leiche war, die mit dem Gesicht nach unten auf dem Wasser trieb. „Iola, weise deine Sklaven an, diese unglückselige Person aus dem Wasser zu holen.“
    Sie zischte ihre Befehle, woraufhin zwei schwarz gewandete Sklaven ins Wasser wateten, die Leiche an Land zogen und auf den Rücken legten. Ich verlangte nach Fackeln, und sofort wurden zwei über das blutleere Gesicht des Toten gehalten.
    „Na, wenn das nicht der Apollopriester Eugaeon ist!“, stellte ich fest.
    „Wie ist das bloß möglich?“ Iola war entsetzt. „Wie kann der Priester in den heiligen Fluss gekommen sein?“
    „Mich würde eher interessieren, ob er freiwillig oder unfreiwillig in dem Fluss gelandet ist“, sagte ich.
    Sextus Plotius drängte sich vor und starrte die Leiche an. Er war kreidebleich. „Praetor, mir ist das ein Rätsel. Der einzige Zugang zu dem Fluss ist der Tunnel, durch den wir gekommen sind.“
    „Bestimmt tritt er irgendwo in der Nähe des Tempels an die Oberfläche. Und zwar von hier aus gesehen stromaufwärts.“ Ich schaute ihn fragend an.
    Er schüttelte den Kopf. „In der Nähe des Tempels gibt es kein fließendes Gewässer. In Campania gibt es zwar jede Menge heiße Quellen, aber die nächste befindet sich zehn Meilen von hier. Selbst wenn eine von ihnen unterirdisch weiterfließen und in dieser Kammer münden sollte, kann Eugaeon unmöglich dorthin gegangen, hineingesprungen und hier wieder aufgetaucht sein. Schließlich ist es noch keine Stunde her, dass wir ihn das letzte Mal gesehen haben.“
    „Vielleicht hat er sich unbemerkt herunter geschlichen, während wir uns oben den Riten unterzogen haben“, schlug Hermes vor.
    „Red keinen Unsinn!“ Iola war aufgebracht. „Die heiligen schwarzen Hunde der Hekate würden es niemals zulassen, dass sich ein Apollopriester dem heiligen Bezirk nähert. Der
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