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Das neue Evangelium

Das neue Evangelium

Titel: Das neue Evangelium
Autoren: Mattias Gerwald
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von 17 000 Pharisäern zur Zeit des Elijah berichtet – doch die Bewegung der Pharisäer entstand erst sehr viel später, im letzten vorchristlichen Jahrhundert. Auch die Zeitangabe für Christi Geburt (sie ist schon in den Evangelien widersprüchlich) weicht stark von der bekannten ab. Laut Barnabas-Evangelium (Kapitel 2 und 3) hat Herodes als König von Judäa regiert, während Augustus römischer Kaiser war und gleichzeitig Annas und Kaiphas Oberpriester waren. Es hat in der Geschichte kein Jahr gegeben, in dem diese Konstellation bestanden hätte.
    Noch erstaunlicher sind aber die vielen geographischen Fehler: So lässt der unbekannte Autor das Heimatdorf von Jesus, Nazareth, am Ufer des Sees Genezareth liegen, obwohl es sich im Inland befindet (Kapitel 20), verlegt dafür aber den Hafenort Kapernaum ins Gebirge (Kapitel 48). Ähnliche grobe Fehler finden sich in der Beschreibung Jerusalems, in das Jesus per Schiff anreist (Kapitel 151 und 152), obgleich es im Landesinneren liegt.
    Am interessantesten aber ist die exklusive Darstellung der islamischen Sicht auf Jesus. All das, was im Koran über Jesus gesagt wird, bestätigt das Barnabas-Evangelium, teilweise mit denselben Worten.
    So heißt es im Koran in Sure 5,75, um zu verdeutlichen, dass Jesus ein sterblicher Mensch gewesen sei: »Der Messias, Sohn der Maria, ist nur ein Gesandter […] (Er hat) Speise gegessen.« Und im Barnabas-Evangelium, Kapitel 93: Jesus »sprach: ›Ich bestätige vor dem Himmel und ich rufe zum Zeugen alles an, was auf der Erde lebt, dass mir alles fremd ist, was ihr sagt. Seht, ich bin ein Mensch, geboren von einer sterblichen Frau, ich bin dem Ratschlag Gottes unterworfen, ich muss essen und schlafen […].‹«
    In Kapitel 97 kündigt Jesus, wie im Koran, Mohammed als seinen Nachfolger an. »Da sagte der Priester: ›Wie wird der Messias heißen, und welche Zeichen werden ihn ankündigen?‹
    Jesus antwortete: ›Der Name des Messias wird bewundernswert sein, denn Gott selbst gab ihm den Namen, als er seine Seele schuf. […] Gott sagte: Warte, Mohammed, um deinetwillen will ich das Paradies erschaffen. […]. Mohammed wird sein gesegneter Name sein.‹
    Da erhob die Menge ihre Stimmen und rief: ›O Gott, sende uns deinen Gesandten. O Mohammed, komme bald, um die Welt zu retten!‹«
    Im Barnabas-Evangelium verhält sich Jesus zu Mohammed wie im Neuen Testament Johannes der Täufer zu Jesus: Er ist nur ein Bote, der es nicht wert ist, die Schuhriemen seines Nachfolgers zu lösen. Mehr noch: Im Barnabas-Evangelium erklärt Jesus (Kapitel 72), dass Mohammeds Erscheinen das Evangelium überflüssig machen werde. »Der (Erlöser) kommt nicht in eurer Zeit, sondern erst einige Jahre nach euch, dann wird mein Evangelium annulliert. […] In jener Zeit hat Gott Mitleid mit der Welt und wird darum seinen Gesandten senden.« Das widerspricht sogar dem Koran, in dem Jesus fast auf einer Stufe mit Mohammed steht. Mohammed erklärt das Evangelium nicht für überflüssig, sondern versteht den Koran gerade als Bestätigung des Evangeliums.
    Letztendlich übernimmt das Barnabas-Evangelium die Lehre des Koran, wonach Jesus nicht gekreuzigt wurde, sondern ein anderer an seiner Stelle: »Als die Soldaten mit Judas sich dem Ort näherten, an dem sich Jesus befand, hörte Jesus, dass sich viele Menschen näherten, also zog er sich voll Furcht in das Haus zurück. Und die elf schliefen. Da sah Gott, dass sein Diener in Gefahr war, und er befahl Gabriel, Michael, Rafael und Uriel, seine Minister, Jesus aus der Welt zu holen. Die heiligen Engel kamen und trugen Jesus aus dem Fenster, das nach Süden ging. Sie brachten ihn in den dritten Himmel« (Kapitel 215). An seiner Stelle wurde dann Judas gekreuzigt.

 
    Abweichungen vom Koran
     
    Kurioserweise enthält das Barnabas-Evangelium, das so eindeutig islamisch geprägt ist, auch eine ganze Reihe von Abweichungen vom Koran. Kennt der Koran sieben Himmel (Sure 2, 29; 41, 12; 71, 15 und 78, 12), so nennt das Barnabas-Evangelium zehn. Die Geburtsgeschichte Jesu unterscheidet sich im Koran von der Darstellung im Neuen Testament. Der Koran erwähnt Josef nicht und lässt Maria unter einer Palme unter Wehen leiden, die von einem Bach und Datteln gemildert werden (Sure 19, 22 bis 26). Im Barnabas-Evangelium (Kapitel 3 und 4) kommt Jesus, wie in den kanonischen Evangelien, in einer Herberge in Bethlehem zur Welt, entsprechend einer mittelalterlichen Lehre empfindet Maria dabei keinen Schmerz.
    Während es
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